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Interview: "Wir fahren eine klare Linie und nehmen kein Blatt vor den Mund"

02.07.2024 08:59 Uhr | Lesezeit: 3 min
Daniel Kaddik, Geschäftsführer beim bft
Daniel Kaddik versucht mindestens jede zweite Woche bei einem Verbandsmitglied vorbeizuschauen und aktuelle Themen persönlich zu besprechen.
© Foto: Simon Blackley

Daniel Kaddik ist seit einem Jahr Geschäftsführer beim bft. Im Interview spricht er über Vertrauen, Überraschungen und die starke Medienpräsenz des Verbands.

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Sprit+: Herr Kaddik, Sie sind jetzt seit einem Jahr Geschäftsführer des bft. Wie fällt Ihr Resümee aus?

Daniel Kaddik: Ausnahmslos positiv. Die Arbeit für den und mit dem Verband gefällt mir noch besser, als ich am Anfang dachte. Die Mitglieder des bft machen einem die Zusammenarbeit aber auch leicht. Egal, wen ich anrufe und wie spontan ich an einer Tankstelle vorbeikommen möchte, die Antwort lautet ich immer: "Ja, aber: Bring Zeit mit!" Man fühlt sich an unseren Mitglieds-Stationen immer sehr willkommen! Anfang Mai war ich zum Beispiel an einer Station in Norddeutschland – da wurde extra für uns der Grill angeworfen!
Immer, wenn ich an einer unserer Stationen tanke, frage ich, ob der Pächter oder Eigentümer da ist. Falls nicht, lasse ich zumindest meine Karte da und grüßen. Die Betreiber rufen später immer zurück. Die gute Zusammenarbeit mit unseren Mitgliedern basiert auf viel Vertrauensvorschuss auch für Neue wie mich, den ich ehrlich gesagt so nicht erwartet hätte.

Kann man das auch über die Arbeit im Führungsteam des bft sagen?

Absolut! Mit meinem Vorstand habe ich unglaubliches Glück, weil von Anfang an ein ehrliches, konstruktives Vertrauensverhältnis geherrscht hat. Und mit den Kollegen passt es auch bestens: Von Herrn Zieger, der seit über 30 Jahren hier arbeitet, über Frau Schmidt, die auch bald zehn Jahre dabei ist, bis hin zu Frau Grote, die seit Januar an Bord ist.


Wie sieht eine Arbeitswoche bei Ihnen aus? Gibt es überhaupt eine ,Standard-Woche' bei Ihnen?

Ich versuche mindestens jede zweite Woche bei einem Verbandsmitglied vorbeizuschauen und aktuelle Themen persönlich zu besprechen und das war es auch schon mit dem ,Standard'. Wenig ist planbar, weil wir oft netten Überraschungsbesuch von Mitgliedern oder aus dem Umfeld in unserer Geschäftsstelle haben. Hinzu kommen sehr viel Regulatorik und die Versuche, die Wünsche der Politik mit der Realität des Mittelstandes zusammenzubringen.

Ansonsten haben wir zum Beispiel sieben neue Arbeitskreise etabliert, haben viele Pressekontakte und ich werde nicht so selten für Panels angefragt, heißt: Ich komme viel in Deutschland, aber auch in Europa herum.

Welche Themen sind das?

HVO ist gerade ein ganz großes Thema. Wir als Tankstellenmittelstand sind damit zur Zeit viel in den Medien. Das Thema Regulatorik treibt mich um. Nach Änderung der 10. BImSchV ist es § 60 die Steuerentlastung bei Zahlungsausfall ,Energiesteuergesetz' (EnergieStG) oder das Thema ,Zwangssäule'. Hinzu kommt das Thema ,E-Fuels-only', zu dem ich auf europäischer Ebene arbeite und eine branchenübergreifende Arbeitsgruppe leite.


Sie haben aber bestimmt auch feste Termine pro Woche oder Monat?

Ja. Es gibt durchaus feste Termine, aber wenige. Unsere internen Meetings natürlich, denn wir wollen den bft für alle Themenbereiche zukunftsfest machen.

Wir sehen uns natürlich auch an, was international 'State of the Art' ist. Wir sprechen zum Beispiel mit dem japanischen Tankstellenverband oder mit der NACS über das Convenience-Geschäft auf der ganzen Welt. Wir nehmen viel aus unseren Kontakten und Meetings mit, geben wichtige und nützliche Informationen an unsere Mitglieder weiter.

Sie sagten, dass der bft gerade sehr stark in den Medien präsent ist. Woran liegt das? Warum ist der bft öfter zu sehen und zu hören als andere Verbände?

Bei vielen Themen haben wir kein britisches Understatement an den Tag gelegt, sondern uns klar und deutlich positioniert. Wir müssen klar machen, wo der Schuh drückt und dürfen nicht mehr um die Themen herumreden. Dafür ist der nationale und internationale Druck zu groß.

Bei welchen?

Bei den Themen E-Fuels und HVO zum Beispiel. Da fahren wir eine sehr klare Linie und nehmen kein Blatt vor den Mund. Hinzu kommt nun die Zwangssäule, die zwar politsch gut klingt, jedoch komplett praxisfern ist.

Was uns aber auch zum Vorteil gereicht, ist, dass wir authentisch sind in dem, was wir machen und detaillierte Infos aus der Praxis weitergeben können. Wir sprechen für unsere Mitglieder, für die Familienunternehmer ebenso wie für Einzelunternehmer, von denen wir auch diese Informationen aus dem Alltag/der Praxis bekommen. Ich denke, wir werden auch deshalb als Verband nachgefragt, weil sich viele mit unseren Mitgliedern identifizieren können: jeder kennt mindestens eine freie Tankstelle.

Der Tankstellenmarkt ist gerade extrem im Umbruch. Was fordert den bft als Verband und final den einzelnen Unternehmer derzeit am meisten heraus?

Was uns herausfordert, ist auf der einen Seite, dass sich die Menschen konstant auf uns verlassen. Wir sind einfach da. Wir sind eine Konstante, die oft als selbstverständlich wahrgenommen wird. Aber tatsächlich werden uns beziehungsweise unseren Mitgliedern große Steine in den Weg gelegt. Das Verbrennerverbot – das ja hoffentlich in der Form nicht umgesetzt wird – ist eines der Beispiele. 'Investiert mal eben 350.000 Euro für eine Ladesäule, 70.000 Euro für einen neuen HVO-Tank und sichert uns so unsere Mobilität – aber wie ihr diese Investitionen stemmen wollt, und ob ihr das überlebt, ist eure Sache.' So der Tenor, vor allem aus der Politik, getrieben von einigen NGOs. Das ist tatsächlich ein Problem für uns.


Was bedeutet der Markteintritt von Circle K für den Tankstellenmarkt?

Mit Circle K wird sich viel im Shopgeschäft verändern, das ist vergleichbar mit Rewe to go: hier hat Aral eine Benchmark gesetzt. Heißt: Wir müssen viele Konzepte überdenken, gerade im Convenience-Bereich. Aber das ist gut für uns! Denn während Neues in einem Konzern durch zig verschiedene Gremien gehen muss, können bei uns im Mittelstand viel schneller Konzepte umgesetzt, überarbeitet und optimiert werden.

Wie ordnen Sie den geplanten Verkauf der JET Tankstellen ein?

Wir müssen erste einmal abwarten, in welchen Teilen das Netz tatsächlich verkauft wird. Ich glaube nicht, dass es in einem großen Paket verkauft wird.

Wir sehen aber, dass sich die Konzerne rausziehen, sie wollen gerne noch beliefern, aber das Risiko des Tankstellenmarktes nicht mehr haben. Das wird zu einigen Disruptionen führen. Aber ich bin davon überzeugt, dass unser flexibler Mittelstand da weiter gut performen wird.


Weshalb sind Sie davon so überzeugt?

Der Mittelstand ist der letzte, der das Licht ausmachen würde, falls es je so weit kommen sollte. Unsere Mitglieder sind alle für sich, ihre Stationen und Teams verantwortlich. Das sind keine Abschreibeposten und man/frau steht auch oftmals 60 Stunden die Woche an der eignen Station.

Ja, derzeit herrscht politische Instabilität. Ja, die Marktbedingungen ändern sich. Aber der Mittelstand wird weiter bestehen! Nicht zuletzt deshalb kämpfen wir ja auch gegen das Verbrennerverbot und für synthetische, klimafreundliche Kraftstoffe als Alternative zu fossilen. Wir sind technologieoffen, was nicht viele von sich behaupten können, denn Offenheit ist gerade zeitgeistgemäß keine Tugend.

Auch für Tabakwaren ändern sich die Marktbedingungen. Der Verkauf wird immer mehr zu Tode reguliert. Wie kann hier eine Lösung aussehen?

Werbung für Tabakwaren ist faktisch (fast) abgeschafft. Wir könnten uns zum Beispiel gut ein Shop-in-Shop-Konzept vorstellen: Der Tabakverkauf wird von der Tankstelle gelöst und als Premium-Verkauf definiert. Das setzt allerdings voraus, dass sich das Mindset bei den Kunden ändert: Tankstellen nicht nur als Öl- und Spritanbieter, sondern als moderne Shopanbieter – auch in Bezug auf Rauchwaren.

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