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Uniti Wintertagung 2019: Zeigen, dass es geht

26.03.2019 09:02 Uhr
Uniti Wintertagung 2019: Zeigen, dass es geht
Uniti-Vorsitzender Udo Weber plädierte in seiner Auftaktrede für weniger staatliche Eingriffe und mehr Technologieoffenheit.
© Foto: Uniti

E-Fuels sind die zukunftsfähige Alternative zu konventionellen Kraftstoffen. Das war die Hauptbotschaft der Uniti Wintertagung in München. Dass ihr Einsatz nicht in weiter Ferne liegt, sondern jetzt schon möglich ist, soll ab 2020 ein Pilotprojekt des Verbandes beweisen.

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Unschwer war bereits am Programm der Uniti Wintertagung zu erkennen, welches Thema den Verband derzeit besonders umtreibt: synthetische Kraftstoffe. Welche Vorteile E-Fuels haben, welche Technologien es aktuell zur Herstellung gibt und welche Auswirkungen die Implementierung auf die Wirtschaft in Deutschland, aber auch weltweit hätte, erfuhren die ­Zuhörer Ende Februar in München.

In seinem Eröffnungsvortrag kritisierte Uniti-Vorsitzender Udo Weber die staatliche Fokussierung auf Elektromobilität und die fehlende Förderung von Alternativen. Er plädierte für weniger staatliche Eingriffe und mehr Technologieoffenheit: „In einen Wettlauf mit Ländern wie ­China um Subventionen, Regulierungen, Protektionismus oder Markteingriffe einzusteigen, macht keinen Sinn. Diesen Wettlauf können wir nicht gewinnen.“ Staatliche Eingriffe führen zu weniger Wettbewerbsfähigkeit und damit mittel- und langfristig zu einem Aussteigen aus dem Markt, ist der Verbandschef überzeugt.

Die größte wirtschaftspolitische Herausforderung, so Weber, ist eine erfolgreiche Klimapolitik, die die Wirtschaft nicht schwächt. Hierzu kann auch die Mineralölbranche einen Beitrag leisten: „Wir erset­zen mineralische Kraftstoffe durch einen CO2-neutralen Kraftstoff, sogenannte ­E-Fuels.“ Die Vorteile dieses synthetischen Produkts, das mit regenerativen Energien wie Wind und Sonne hergestellt werden kann, sind laut Weber neben der Klima­neutralität die Kompatibilität mit herkömmlichen Fahrzeugen und Heizsystemen, die problemlose Beimischbarkeit zu fossilen Kraftstoffen, die Nutzung bestehender Infrastruktur wie Tanks sowie die weltweite Einsetzbarkeit.

Weltweites Potenzial

Wie groß das Potenzial von E-Fuels in Deutschland und weltweit ist, erklärte Robin Höher, Senior Manager bei der Energieorganisation Weltenergierat Deutschland. Seiner Ansicht nach braucht es für eine erfolgreiche Energiewende drei Säulen: die Verringerung des Primärenergieverbrauchs, den Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energiequellen sowie die Nutzung von „grünen“ E-Fuels, die aus erneuerbaren Energiequellen hergestellt wurden.

Die beiden ersten Säulen sind bereits Teil der politischen Überlegungen. Im ­Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz legt das Bundeswirtschaftsministerium fest, dass bis zum Jahr 2050 rund 50 Prozent weniger Primärenergie im Vergleich zu 2008 verbraucht werden soll. Und im Erneuerbare-Energien-Gesetz steht das Ziel, den Anteil erneuerbarer Energien bis 2035 auf 55 bis 60 Prozent zu erhöhen. E-Fuels dagegen spielen in der Politik bislang keine Rolle.

In einer Studie möchte der Weltenergierat deshalb die mögliche zukünftige Rolle von Power-to-X (PtX) in der globalen Energiewende untersuchen, in Fall­studien potenzielle PtX-Exportländer identifizieren sowie die Grundpfeiler einer möglichen Roadmap zu einem globalen PtX-Markt festhalten. Er konzentriert sich dabei auf grüne synthetische Kraftstoffe.

Warum PtX ein Eckpfeiler der Energiewende sein sollte, machte anschließend auch Jens Perner, Associate Director bei der ökonomischen Beratung Frontier Economics, deutlich. Er zeigte auf, dass Batteriefahrzeuge aufgrund des Wirkungsgrads auf den ersten Blick Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor und E-Fuels überlegen scheinen. Jedoch müssten die Systemkosten in eine solche Rechnung miteinbezogen werden und hier profitierten E-­Fuels von bereits vorhandener Infrastruktur, die für Elektromobilität erst aufgebaut werden müsse.

Von der Etablierung eines weltweiten E-Fuels-Markts würde Deutschland laut Perner mehrfach profitieren. Er sieht große Exportchancen für Deutschland als Technologielieferant, eine erfolgreiche Energiewende durch den Import von E-Fuels sowie Entwicklungspotenziale für Erzeugerländer, eine Stärkung der internationalen Zusammenarbeit und die Diversifizierung des Weltenergiemarkts.

Dementsprechend müsse ein weltweiter Markt für PtX auch auf drei parallel zu errichtenden Säulen stehen. Bei der Säule Technologie sieht der Experte die Notwendigkeit, Komponenten zu standardisieren und die Fertigung und Installation von Anlagen zur Herstellung von synthetischen Kraftstoffen zu industrialisieren. Bei der Säule Märkte und Nachfrage sollten Markthemmnisse behoben und Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Nachfrage bei langfristig technologieneutralen Marktanreizen geschaffen werden. Zuletzt plädierte Perner für eine internationale Koordinierung von Klimapolitik und -maßnahmen, Finanzierungshilfen und ein gemeinsames Monitoring.

Wie schon jetzt grüner Wasserstoff hergestellt wird, führte Alexander Tremel, Principal Key Expert Energy Systems bei Siemens, aus. Das Unternehmen entwickelt bereits seit 2011 Anlagen, die grünen Wasserstoff aus erneuerbaren Energien via PEM-Elektrolyse (Proton-Exchange-Membrane) erzeugen. 2018 erweiterte Siemens das Portfolio um die Produktlinie Silyzer 300, laut eigenen Angaben die größte PEM-Zelle der Welt mit einer Leistung im zweistelligen Megawatt-Bereich und einer Wasserstoffproduktion von 100 bis 2.000 Kilogramm pro Stunde. Die modulare Bauweise der neuen Anlagengeneration soll Skalierungseffekte ermöglichen, um niedrige Investitionskosten für großindus­trielle Elektrolyseanlagen zu erreichen. Die Pilotanlage entsteht in diesem Jahr in Australien.

Entwicklung forcieren

Um die Erreichung der Marktreife von E-Fuels zu beschleunigen, hat die Deutsche Energie-Agentur (Dena) gemeinsam mit weiteren Partnern aus der Industrie 2018 die Global Alliance Power Fuels gestartet. Das international ausgerichtete Bündnis verfolgt das Ziel, globale Märkte für synthetische Kraft- und Brennstoffe auf Basis erneuerbarer Energien zu erschließen, erklärte Christoph Jugel, Leiter Energiesysteme bei der Dena. Dafür sollen in ­diesem Jahr die Aufmerksamkeit und ­Akzeptanz für Power Fuels als fehlendes Bindeglied zur Erreichung der globalen Klimaschutzziele gesteigert werden. Zudem will die Allianz die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen für den Einsatz dieser Kraftstoffe zunächst mit Fokus auf Europa verbessern. Ab Ende des Jahres soll dann die praktische Umsetzung von Projekten vorangetrieben werden.

Wie man die Menschen in Deutschland möglichst schnell an den neuen Kraftstoff heranführen könnte, erklärte Uniti-Hauptgeschäftsführer Elmar Kühn, ein ­begeisterter Befürworter von E-Fuels, in seinem Schlusswort. Er kündigte an, dass sein Verband 2020 ein Pilotprojekt starten wolle, im Rahmen dessen interessierte Mitglieder an ihren öffentlichen Tankstellen E-Fuels verkaufen. Zusätzlich wolle der Verband in Berlin eine Demonstrationsflotte aufbauen und entsprechendes Marketing ­betreiben, um das Projekt so bekannt wie möglich zu machen.
Der Kraftstoff stammt aus einer Pilotanlage, Voraussetzung für den Projektstart ist eine Mindestabnahme von insgesamt 50.000 Litern durch den Verband. Der Literpreis ab Herstellungsbetrieb wird etwa bei vier Euro liegen, dazu kommen die Mineralölsteuer und Vertriebskosten. Der Verkaufspreis werde dann eher ein Marketingpreis in Form ­eines kleinen Aufschlags für den Endkunden sein, der sich nicht aus den Produktkosten generiert, schätzt der Uniti-Hauptgeschäftsführer.

Aktuell ist gesetzlich zulässig, dass etwa zwischen 20 und 25 Prozent des synthetischen Kraftstoffs dem Diesel beigemischt werden dürfen. Im Idealfall lässt die Politik dank bis dahin entsprechend überarbeiteter Normen sogar eine Beimischung von bis zu 100 Prozent zu, wünscht sich Kühn.

E-Mobilität erleben die Menschen jeden Tag, weil man die Autos auf den Straßen sieht. Mit diesem Pilotprojekt wollen wir auch E-Fuels für die Politik und Öffentlichkeit erlebbar machen“, erklärte Kühn sein Ansinnen und ergänzte: „Die Umsetzung ist nicht ganz unkomplex, aber wir müssen zeigen, dass es geht.“ Schließlich gehe es dabei um eine Zukunftsinvestition für die Mineralölbranche. Daher freute sich der Geschäftsführer, dass es bereits erste Voranmeldungen von interessierten Mitgliedern gibt. Wer Interesse hat, kann sich bei der ­Geschäftsstelle in Berlin melden. Hier will der Verband übrigens in den kommenden Monaten eine eigene Stabsstelle für ­E-Fuels einrichten.

(Autorinnen: Annika Beyer, Julia Richthammer; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 4.2019)

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