Die Ladeinfrastruktur für E-Autos wächst. Die Quantität stimmt, bei der Qualität gibt es aber noch Nachholbedarf – vor allem entlang der Autobahnen. Linda Boll, Deutschlandchefin des Ladesäulenbetreibers Fastned, über das die aktuelle Situation auf Rasthöfen und unbewirtschafteten Rastplätzen.
Der ADAC hat der Ladeinfrastruktur auf großen Autobahn-Raststätten ein vernichtendes Urteil ausgestellt. Viele E-Auto-Fahrer laden aber längst an den besser ausgestatteten Autohöfen. Braucht es die Raststätten überhaupt noch?
Boll: Für den Markthochlauf der Elektromobilität sind bewirtschaftete Autobahnraststätten weiterhin sehr wichtig. Es geht dort nicht nur um die Zahl der Lader, sondern vor allem um Qualität: Sichtbarkeit, Ausleuchtung, Sicherheit, Ein- und Ausfahrt, Wetterschutz – in vielerlei Hinsicht muss die Situation besser werden. Schlechte Erfahrungen schaden der gesamten Elektromobilität – auch uns.
Ist Fastned aktuell an der Autobahn vertreten?
Boll: Wir bauen im Rahmen der Deutschlandnetz-Initiative des Bundes auf unbewirtschafteten Rastplätzen – auch PWC, "Parkplatz mit WC" genannt. Erste Stationen haben bereits eröffnet, insgesamt sind bis Ende 2026 rund 34 Standorte geplant. Allerdings dürfen wir Stand heute dort keine Kioske oder zusätzliche Angebote betreiben – aus unserer Sicht ein großes Manko. Das mindert die Aufenthaltsqualität und verhindert echten Wettbewerb mit den Ladeangeboten an der Raststätte.
Dürfen Sie wenigstens Ihr markentypisches gelbes Dach nutzen?
Boll: Nein. Dächer und ähnliche Gestaltungsmaßnahmen sind auf unbewirtschafteten Rastplätzen weitgehend standardisiert; Markensichtbarkeit beschränkt sich auf die Ladesäulen. Das erschwert Differenzierung.
Braucht künftig "jeder" Rastplatz Schnelllader oder drohen Überkapazitäten?
Boll: Entscheidend ist Qualität und Ladeleistung, nicht nur Quantität. Auf Ferienrouten braucht es höhere Spitzenkapazitäten, andernorts reichen weniger Ladepunkte. Einige unserer PWC-Standorte würden wir gerne größer bauen, müssen uns aber auch hier an die Vorgaben der Ladepunkte des Deutschlandnetzes halten.
Kann neben der Ausstattung der Lade-Hubs auch der Preis ein Wettbewerbshebel sein?
Boll: Mittelfristig ja. Heute zählt zunächst: Funktioniert die Säule? Fühle ich mich sicher und trocken? Gibt es saubere Toiletten, Kaffee, etwas zu essen? Ist das alles erfüllt, kommt der Preis hinzu. Wir sehen aber vor allem die aktuell fehlende Transparenz als Problem: Unser Ad-hoc-Preis ist sichtbar an den Säulen angeschlagen. Über manche Fremd-Ladekarten werden jedoch bis zu 20 Cent und mehr darüber abgerechnet – oft ohne, dass Kunden es vorher wissen. Am Ende fällt das Negativ-Erlebnis auch auf uns zurück, obwohl wir darauf keinen Einfluss haben.
Bislang finden sich Schnellladeparks vor allem entlang der Fernstraßen. Sind Innerstädtische DC-Lader ein Thema für Fastned?
Boll: Ja, absolut. Innerstädtisches Schnellladen wir in Zukunft immer bedeutender, daher suchen wir sogar gezielt im urbanen Raum nach neuen Flächen. So haben wir beispielsweise gerade erst eine große Fastned-Station in Gelsenkirchen-Buer sowie eine weitere Station in der Nähe der A2 und der A52 eröffnet, um auch in urbanen Räumen Schnellladen anzubieten. Deutsche Städte sind beim Schnellladen unterversorgt, aber externe Anbieter stoßen dort oft auf die Dominanz lokaler Stadtwerke. Das bremst Qualität und Verfügbarkeit.
Unterm Strich: Ist die elektrische Langstreckenfahrt in Deutschland mit der heutigen Infrastruktur schon gut machbar?
Boll: Ja, aus quantitativer Sicht funktioniert das Schnellladen in Deutschland bereits gut. Wer unterwegs lädt, kommt verlässlich ans Ziel. Die Zahl der Ladepunkte wächst stetig und hält mit dem Anstieg der Elektrofahrzeuge Schritt. Qualitativ gibt es jedoch, genau wie der ADAC es beschreibt, deutlichen Nachholbedarf: Es braucht mehr Qualität, eine bessere Gestaltung und klare Rahmenbedingungen, die den Nutzerbedürfnissen entsprechen, um den Hochlauf weiter zu beschleunigen.