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Interview: Ein Meilenstein für WEAT, ein Vorteil für Tankstellen

18.10.2023 00:04 Uhr | Lesezeit: 4 min
Die WEAT-Geschäftsführer Lars Schweigel und Uwe Dziuk
© Foto: WEAT

Die Geschäftsführer von WEAT Uwe Dziuk und Lars Schweigel erklären, welche Vorteile der Mobile Payment Hub (MPH) für Tankstellenbetreiber bietet und welche Herausforderungen das Einbinden der Zahlungen von Ladestrom mit sich bringt.

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Sprit+: In den vergangenen zwei, drei Jahren ist Schwung in das Thema bargeldloser Zahlungsverkehr gekommen. Wie hat die WEAT auf diese Entwicklung reagiert?

Uwe Dziuk: Bedingt durch Corona und die damit verbundenen Hygienevorschriften, ist der Anteil von bargeldlosen Zahlungen deutlich gestiegen. Vor 25 Jahren lag er im Tankstellenbereich noch bei 17 Prozent und hat dann stetig zugenommen. Vor etwa zehn Jahren hatten wir mit der Einführung der Girocard kontaktlos einen großen Push. Vor Corona waren wir dann bei circa 55 Prozent und jetzt sind wir bei über 65 Prozent, an manchen Stationen sogar bei über 70 Prozent. Innerhalb des bargeldlosen Zahlungsverkehrs hat das kontaktlose Zahlen ebenfalls enorm zugenommen. Die Kundinnen und Kunden empfinden es offensichtlich als praktisch und komfortabel, einfach nur noch schnell die Karte oder das Smartphone an das Terminal zu halten und die Zahlung ist erledigt. Bei Girocard beträgt der Kontaktlos-Anteil circa 80 Prozent.

Lars Schweigel: Dass der Anteil an bargeldlosen Zahlungen so gestiegen ist und damit an Bedeutung für die Tankstellenbranche gewonnen hat, macht es natürlich noch wichtiger, dass die Systeme als Teil der kritischen Infrastruktur 24 Stunden 365 Tage im Jahr reibungslos funktionieren. Als im vergangenen Jahr das Terminalmodell H5000 ausgefallen ist, das wir zum Glück selbst nicht im Einsatz haben und hatten, war das für viele Tankstellen geschäfts-schädigend, weil der technische Defekt zu Umsatzverlusten und natürlich Verständnislosigkeit und Unmut bei den Kundinnen und Kunden geführt hat.

Wie schützt die WEAT ihre Kundinnen und Kunden vor solchen Ausfällen?

Schweigel: Online ist unser Leben, offline ist unser Tod. Die Themen Resilienzfähigkeit und Sicherheit sind deshalb ein äußerst wichtiger Teil unseres Risikomanagements und unserer organisatorischen Prozesse. Wir erfüllen natürlich alle gesetzlichen Vorgaben, die die Sicherheit der technischen Infrastruktur und der Daten garantieren, wie etwa den Payment Card Industry Data Security Standard (PCI DSS) für die Sicherheit der Kundendaten, das BSI-Gesetz für die Sicherheit der kritischen Infrastruktur und das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG). Das nächste große Thema ist die Umsetzung des Digital Operational Resilience Acts (DORA). Und wir prüfen permanent, wo unsere operationellen Risiken liegen, wie wir sie managen können und welche Maßnahmen zur Kontrolle notwendig sind beziehungsweise wie wir im Ernstfall reagieren müssen. Es stecken viel Manpower und Geld darin, dass wir unseren Kunden soweit irgendwie möglich eine permanente Verfügbarkeit garantieren können.

Der nächste Schritt in der Evolution des bargeldlosen Zahlens ist pay@pump. Die WEAT hat dafür in den vergangenen Jahren den Mobile Payment Hub (MPH) entwickelt .

Dziuk: Das ist richtig. Die Idee ist vor etwa vier Jahren entstanden, als erste pay@pump-Lösungen, allen voran die App von ryd, auf den Markt gekommen sind. Das Thema hat trotz aller anfänglichen Skepsis großes Interesse in der Branche geweckt. Da es unser Antrieb ist, den Mineralölhändlern beim Thema Bezahlen die notwendige Infrastruktur bereitzustellen, wollten wir die Lücke schließen und haben den MPH als eine Plattformlösung mit Standardschnittstellen entwickelt. Letztendlich kam dann der "Turbo-Boost" durch Corona, wodurch Hygiene plötzlich zu einem Riesenthema wurde und die Kundinnen und Kunden sich ungern in geschlossenen Räumen aufgehalten haben. Aus dieser Idee heraus ist ja auch die Fillibri-App entstanden, die von der Branche für die Branche entwickelt wurde. Inzwischen ist der MPH sicherlich zu einem der wichtigsten Meilensteine in unserer Firmengeschichte geworden.

Welche Vorteile bietet der MPH?

Dziuk: Der MPH ist ein mobiler Zahlungsstandard im Tankstellenbereich, der App-Betreiber, Systemhersteller und Mineralölhändler miteinander verbindet. Er ermöglicht die Akzeptanz einer neuen App so einfach wie bei einer neuen Karte an einem POS-Terminal - ohne aufwendige und kostenintensive Anpassungen bei der Infrastruktur an der Tankstelle. Der Mineralölhändler muss nur noch aus den aktuell 19 bei uns eingebundenen Apps auswählen, welche Anbieter für ihn relevant sind, und sich dann nicht mehr groß weiter mit der technischen Realisierung auseinandersetzen.

Schweigel: Technisch gesehen steuert der MPH in einem standardisierten Format die Kommunikation zwischen der jeweiligen pay@pump-App und der Kasse beziehungsweise Säule. Der Einsatz des MPH ist dabei bei allen branchenrelevanten Systemherstellern möglich. Im Hintergrund stellen wir über den MPH immer sicher, dass diese neuen mobilen Zahlverfahren neben dem bereits bestehenden kartenbasierenden Verfahren in die bekannten Clearing- und Reporting-Wege integriert wurden. Es entstehen also keine zusätzlichen Zahlungsströme in die Buchhaltung. Der Händler erhält in seinem Abrechnungssystem eine Datei mit allen Umsätzen – egal, ob die Zahlung terminalbezogen oder mobil an der Zapfsäule abgewickelt wurde.

Für welche Anwendungsfälle ist der MPH gedacht?

Dziuk: Wir haben vier Einsatzgebiete definiert: "At dispenser, supervised" (ADS) ist die beaufsichtigte Transaktion an der Zapfsäule, zum Beispiel in Form von pay@pump an Tankstellen. Der Dispenser ist bereits entriegelt, bevor die Transaktion eingeleitet wird. Der Kunde entscheidet vor, während oder nach dem Tanken, ob er an der Zapfsäule oder im Laden bezahlen möchte. Schlägt die Transaktion fehl, kann der App-Nutzer immer noch an der Kasse bezahlen.

Bei der zweiten Variante "At dispenser, unsupervised" (ADU) wird der Dispenser erst nach erfolgreicher Vorautorisierung freigeschaltet. Die Tankstelle arbeitet in dieser Variante entweder ohne Personal oder die Säule ist nicht für den Kassierer einsehbar.

Schweigel: "Attended" (ATT) ermöglicht wiederum die beaufsichtigte Transaktion im Shop. Dieser Anwendungsfall kommt zum Einsatz, wenn der Kunde weitere Waren aus dem Shop oder Bistro kauft und an der Kasse zahlt, hierfür aber seine App nutzen möchte. Anders als bei den Varianten ADS und ADU ist ein manueller Storno möglich.

Und im vierten Fall, dem "Self-Check-out" (SCO), wird die Transaktion unbeaufsichtigt in den Räumlichkeiten der Kartenakzeptanzstelle abgewickelt. Dabei ist der endgültige Betrag bekannt, bevor die Zahlung ausgelöst wird. Die Zahlung erfolgt vor oder nach Erhalt der Waren oder Dienstleistungen. Eines der ersten Produkte, in denen dieser Anwendungsfall zum Einsatz kommt, ist der Verkauf von Autowaschanlagen-Codes.

Wie glauben Sie, wird sich der Markt für pay@pump-Apps entwickeln?

Dziuk: 2022 haben wir über den MPH eine Million Transaktionen an etwa 2.500 Akzeptanzstellen abgewickelt, Tendenz steigend. Die Entwicklung geht also in die richtige Richtung. Aktuell haben wir 19 Apps angebunden. Ob es mittelfristig bei der hohen Anzahl bleibt, ist schwer vorherzusagen. Ich kann mir vorstellen, dass es in den kommenden Jahren zu einer Konsolidierung kommen wird und sich im B2C-Markt die Anbieter durchsetzen, die ein gutes Marketing betreiben und den Geschmack des Mainstreams treffen.

Schweigel: Im B2B-Bereich sind die App-Lösungen für Anbieter wie DKV, UTA oder Logpay einfach eine digitale Weiterentwicklung ihres Produkts Tankkarte. Früher war alles auf Papier, dann kam die Karte mit Magnetstreifen und im nächsten logischen Schritt können die Flottenkarteninhaber den Kraftstoff nun eben per Smartphone bezahlen.

Kann der MPH auch an Ladesäulen eingesetzt werden?

Dziuk: Ja. Wir werden immer häufiger von Tankstellenbetreibern für den Netzbetrieb angefragt, die eine Ladesäule auf ihrem Forecourt installieren wollen. Deshalb entwickeln wir aktuell die genannten vier Einsatzbereiche analog zur Zapfsäule für die Ladesäule. Über den MPH können wir die Abrechnung von Ladestrom konventionell per Karte oder per App anbieten und alle Transaktionen laufen wiederum in ein Buchhaltungssystem.

Schweigel: Bei der Elektromobilität standen wir vor neuen technischen Herausforderungen. Wir mussten beispielsweise die Software in den Terminals anpassen. Ein Tankvorgang dauert ja nur wenige Minuten und dementsprechend war der Zeitraum zur Vorautorisierung am Tankautomat auch nur sehr kurz. Ein Ladevorgang kann dagegen mehrere Stunden dauern und findet oft nachts statt, wenn an Tankstellen eigentlich der Kassenschnitt erfolgt. Hier mussten wir die Software dementsprechend umprogrammieren. Wir profitieren natürlich aus 34 Jahren Erfahrung, aber die Elektromobilität bietet auch Herausforderungen, für die wir neue Lösungen finden mussten.

Es gibt offensichtlich viel zu tun ...

Dziuk: Das ist richtig. Deshalb haben wir gerade eine Niederlassung in Hamburg gegründet, wo ein siebenköpfiges Entwicklerteam arbeitet, das die Kolleginnen und Kollegen bei uns in Düsseldorf unterstützt. Ressourcenseitig sind wir dadurch sehr gut aufgestellt und können noch flexibler auf die Marktanforderungen, insbesondere durch die Elektromobilität, reagieren.

Schweigel: Außerdem haben wir uns kürzlich an einem Start-up beteiligt, das eine KI-basierte Pricing-Software entwickelt hat. Das ist für die Branche eines der wichtigsten Themen: Wenn die Preise nicht stimmen, dann ist der Tankstellenhof leer oder die Marge zu gering. Die Beteiligung ergänzt das Portfolio unseres Kerngeschäfts bargeldlose Zahlungsverkehre, sodass wir unseren Kunden einen ganzen Bauchladen voll mit Produkten rund um den Mobilitätssektor bieten können.

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