Tanken, ein alltäglicher Vorgang, möchte man meinen. Betrachtet man die Rechtsprechung, wird sehr schnell deutlich, dass auch das Befüllen eines Wagens mit Kraftstoff großes Potenzial für Streitigkeiten in sich birgt.
1. Falsches Betanken. Falschtanken kann gravierende Folgen haben. Im schlimmsten Fall ist der Motor des Fahrzeugs defekt. In jedem Fall sollte der Kraftstoff, der falsch getankt wurde, sofort nach Bemerken wieder abgepumpt werden.
Doch wer trägt die Kosten für Schäden durch Falschtanken? Die Versicherungen beschreiben falsches Tanken als eine Fehlbedienung. Damit zahlt die Kasko-Versicherung den Schaden nicht, egal, ob es beim Abpumpen und Entlüften des Systems bleibt oder gar ein kompletter Motorschaden vorliegt. Je nach Versicherungsunternehmen werden die Abschleppkosten in die nächste Werkstatt übernommen, weitere Reparaturkosten muss der Halter selbst tragen.
Eine anteilige Mithaftung des Tankstellenbetreibers kommt nur dann in Betracht, wenn dieser seine Verkehrssicherungspflichten verletzt hat. Das kommt, wenn überhaupt, nur durch Verletzung von Kennzeichnungspflichten vor.
2. Lösen eines Zapfhahnes. Wenn sich an der Zapfsäule nach dem Abstellen des Autos ein Zapfhahn löst oder sich während des Tankvorgangs ein Zapfhahn aus der Zapfsäule löst und einen Schaden am Fahrzeug verursacht, hat der Kunde gute Chancen, diesen ersetzt zu bekommen.
Scheidet ein Fehlverhalten des Kunden aus, so haftet der Tankstellenbetreiber nur dann, wenn er schuldhaft seine Verkehrssicherungspflichten verletzt hat. Allein diese Aussage macht deutlich, dass eine Auseinandersetzung zwischen Autofahrer und Tankstellenbetreiber vorprogrammiert ist.
Nach Ansicht der Rechtsprechung – die im Übrigen bei der Beurteilung derartiger Fälle keineswegs einheitlich ist – kann sich der Tankstellenbetreiber nicht pauschal mit dem Hinweis entlasten, dass es sich um eine voll automatisierte Tankanlage handelt, die dem Stand der Technik entspricht.
Eine Haftung der Tankstelle wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass sich die Zapfpistole nur aus der Halterung lösen konnte, weil sie von einem vorherigen Kunden nicht ordnungsgemäß eingehängt wurde. Das Risiko eines Fehlverhaltens anderer Nutzer liegt grundsätzlich beim Betreiber und nicht beim Kunden.
Der Betreiber, der die Vorteile aus der Automatisierung des Tankvorgangs (geringere oder keine Personalkosten) zieht, muss damit auch für eine Fehlbedienung durch einen Kunden haften und kann sich nicht darauf berufen, dass derartige Schäden dem allgemeinen Lebensrisiko anderer Kunden zuzurechnen sind (AG Ingolstadt, DAR 2008, 95).
3. Herausfallen der Zapfpistole. Der Tankstellenbetreiber haftet jedoch grundsätzlich nicht für Beschädigungen des Fahrzeuges, die durch das Herabfallen des Zapfhahnes aus der Tanköffnung entstehen. Der Kunde muss damit rechnen, dass sich der Zapfhahn beim automatischen Betanken aus der Tanköffnung lösen kann, wenn er nicht festgehalten wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Tanköffnung auf der von der Zapfsäule abgewandten Seite befindet und der Schlauch über das Heck gezogen wird.
Hier erwartet die Rechtsprechung vom Kunden, dass er sich nicht ohne Weiteres auf die Technik verlässt, sondern den Vorgang selbst überwacht und den Zapfhahn festhält (zum Beispiel AG Münsingen, DAR 1999, 555).
Über weitere Streitfälle (Annahmeverweigerung von großen Scheinen, keine Kartenzahlung möglich, Preisänderungen zwischen Ankunft und Tankvorgang, Wegfahren ohne Bezahlung, E10-Problematik) lesen Sie in tankstellen markt Ausgabe 5/2013. (red)
Rechtsprechung: Streit an der Zapfsäule
Wer haftet für Bedienungsfehler, wie verteilen sich Rechte und Pflichten an der Tankstelle? Acht Situationen, in denen es zu Streitfällen kommen kann und was die Rechtsprechung dazu sagt.