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Erste Hilfe: „Stayin’ alive“ im Betrieb

22.10.2019 12:00 Uhr
Erste Hilfe: „Stayin’ alive“ im Betrieb
Grundlagen der Ersten Hilfe sind wichtig, um im Ernstfall helfen zu können.
© Foto: M.Dörr & M.Frommherz/stock.adobe.com

Beim Brötchenschmieren mit dem Messer abgerutscht, auf dem Forecourt mit dem Fuß umgeknickt, die Waschchemie landet im Auge – dann benötigen Mitarbeiter oder Kunden in der Tankstelle Erste Hilfe.

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„Ah, ha, ha, ha, stayin’ alive, stayin’ ­alive" – der Song der Bee Gees kann Leben retten. Wer eine Herzdruckmassage im Rhythmus dieses Lieds durchführt, kommt auf die ideale Frequenz von 100 bpm, also Schlägen pro Minute (englisch: beats per minute). Wer einen anderen ­Musikgeschmack hat: „Highway to hell" von AC/DC, „Dancing Queen" von ABBA oder Helene Fischers „Atemlos" funktionieren genauso. Dieser Tipp ist so leicht zu merken, wie auch zu befolgen. Doch an­dere Grundlagen der Ersten Hilfe sind ebenso wichtig, um im Ernstfall helfen zu können.

Mit Erste Hilfe sind gesundheitserhaltende und lebensrettende Sofortmaßnahmen gemeint, die jedermann erlernen und anwenden kann. Grundsätzlich gilt sogar, dass jeder Mensch Erste Hilfe leisten muss. Wer bei einem Notfall nicht sofort bestmögliche Hilfe leistet, also seinen Fähigkeiten entsprechend, macht sich wegen ­unterlassener Hilfeleistung strafbar. Nicht strafbar sind dabei Fehler, die möglicherweise währenddessen passieren, etwa ­gebrochene Rippen aufgrund einer Herzdruckmassage. Solange der Helfer nach bestem Wissen und Gewissen handelt und die bestmögliche Hilfe leistet, muss er ­keine negativen Konsequenzen befürchten.

Erste Hilfe im Betrieb

Speziell im Betrieb versteht man unter ­Erster Hilfe medizinische, betreuende und organisatorische Maßnahmen unter Einbeziehung des Notrufs (siehe „Die fünf W des Notrufs" unten). Innerhalb der Rettungskette übernehmen Ersthelfer somit die ersten beiden Kettenglieder, nämlich Sofortmaßnahmen und das Absetzen des Notrufs sowie weitergehende Erste-Hilfe-Maßnahmen. „Jede Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied", betont Dorothea Kraft, Referentin der Themenfelder Verkaufsstellen, Tankstellen, Fahrzeug­waschanlagen bei der Deutschen Gesetz­lichen Unfallversicherung (DGUV). „Deswegen muss der Ersthelfer sicher wissen, was er zu tun hat am Patienten und beim Ab­setzen des Notrufs." Dabei gehe es meist um ganz grundlegende Dinge, vor denen man keine Angst haben müsse, zum Beispiel sich mit dem Patienten zu unterhalten.

Nur wer solche medizinischen, betreuenden und organisatorischen Maßnahmen kennt und sie selbst durchführen kann, kann im Ernstfall helfen. Deshalb ist es die Pflicht des Unternehmers, die Erste Hilfe in seinem Betrieb zu organisieren. Das bedeutet, er muss Ersthelfer ausbilden lassen, sie benennen und ihnen alle notwendigen Sachmittel zur Verfügung stellen. In der Tankstelle gehören dazu neben dem obligatorischen Verbandskasten (kleiner Verbandskasten nach DIN 13 157 und großer Verbandskasten nach DIN 13 169) auch Sicherheitsdatenblätter für den Umgang mit Gefahrstoffen und die nötigen Mittel dafür, zum Beispiel fertige Augenspüllösungen. Außerdem ist ein Verbandbuch oder Meldeblock zur Dokumentation nötig. „Ein Aushang, der die Ersthelfer und den nächsten Durchgangsarzt benennt, ist ebenfalls hilfreich", empfiehlt Kraft.

Wie viele betriebliche Ersthelfer ­nötig sind, schreibt das Gesetz vor. Grundsätzlich muss in einem Unternehmen mit zwei bis 20 anwesenden Versicherten ein Ersthelfer zur Verfügung stehen. Bei mehr als 20 anwesenden Versicherten greift eine Prozentregelung. Da Tankstellen zu den Verwaltungs- und Handelsbetrieben zählen, müssen dann fünf Prozent der Mit­arbeiter ausgebildete Ersthelfer sein. In den wenigsten Tankstellen arbeiten 20 oder mehr Angestellte gleichzeitig. Unabhängig von der Zahl der Anwesenden ist es aber sinnvoll, dass das Personal geschult ist. ­Etwas passieren kann schließlich immer.

Pflichten des Ersthelfers

Ersthelfer ergreifen als ausgebildete Laien als Erste am Unfallort Maßnahmen, die akute Gefahren für Gesundheit und Leben abwenden sollen. Welche Maßnahmen sie durchführen, hängt von ihrer bisherigen Ausbildung ab. Sie dürfen nämlich nur umsetzen, was sie bereits erlernt haben. Wichtiger Grundsatz ist zudem, dass ­Erste Hilfe kein Ersatz für ärztliche Maßnahmen ist. Denn wie in der Rettungskette dar­gestellt, sollen Ersthelfer lediglich bei Notfällen notwendige Sofortmaßnahmen ­ergreifen und den Verletzten anschließend so lange betreuen, bis medizinisches Fachpersonal ihn übernimmt.

Auch wenn es sich um keine lebensbedrohliche Verletzung handelt, müssen Ersthelfer den Patienten versorgen und gegebenenfalls den Transport in ärztliche Behandlung organisieren. Nicht zu den Aufgaben eines Ersthelfers gehört es dagegen, Medikamente wie zum Beispiel Kopfschmerztabletten an Mitarbeiter auszu­geben.

Wie man Ersthelfer wird

Betriebliche Ersthelfer müssen einen Erste-Hilfe-Lehrgang besuchen, der neun Unterrichtseinheiten dauert. Der Unternehmer darf nur Mitarbeiter als Ersthelfer benennen, die aktuell ausgebildet sind. Wer einmal vor zehn Jahren einen Erste-Hilfe-Lehrgang für den Erwerb des Führerscheins besucht hat, darf kein betrieblicher Ersthelfer sein. Wenn der Kurs dagegen nicht länger als zwei Jahre her ist, reicht das aus. Die grundsätzlichen Inhalte sind nämlich gleich, sagt Kraft.

Nach dem Lehrgang sollten ­Ersthelfer in der Lage sein, auf alle im Betrieb vorkommenden arbeitsbedingten Verletzungen sowie anderen lebensbedrohlichen ­Situationen mit allen notwendigen vor­läufigen Maßnahmen zu reagieren. Da sie oftmals auf sich allein gestellt sind und sich mit niemandem beratschlagen können, ­besteht die Ausbildung nicht nur aus der Theorie, sondern man übt verschiedene Szenarien intensiv. Auf diese Weise erlangen die Kursteilnehmer die nötige Sicherheit für den Notfall. Sie erkennen dann die Gefahr für Gesundheit und Leben der ­Patienten und können lebensrettende Maßnahmen zielsicher durchführen.

Die Ausbildung zum Ersthelfer beschäftigt sich mit folgenden Themen:

  • eigene Sicherheit und Rettung aus dem Gefahrenbereich
  • Kontaktaufnahme und Prüfen der Vital­funktionen
  • Störungen des Bewusstseins
  • Störungen von Atmung und Kreislauf, Benutzung des automatisierten externen Defibrillators
  • Knochenbrüche und Gelenkverletzungen
  • Bauchverletzungen
  • Wunden und bedrohliche Blutungen
  • Schock
  • Verbrennungen und thermische Schäden
  • Vergiftungen und Verätzungen

Nach dem ersten Lehrgang brauchen die Mitarbeiter spätestens alle zwei Jahre ein Erste-Hilfe-Training, um Ersthelfer zu bleiben. Auch dieses dauert neun Unterrichtseinheiten. Einige Themen aus der Grundausbildung sind hier obligatorisch zu wiederholen, um die zuvor erworbenen Kompetenzen zu sichern. Darüber hinaus kann sich das Training mit optionalen Themen beschäftigen. Wer eine solche Fortbildung speziell für seine Tankstellenmitarbeiter organisiert, kann sich dann für tankstellenrelevante Maßnahmen entscheiden. Dazu zählen zum Beispiel:

  • Maßnahmen bei Gewalteinwirkungen auf den Kopf
  • Sonnenstich/Hitzschlag
  • Unfälle durch elektrischen Strom
  • Verletzungen der Augen

Wenig Kosten, viel Nutzen

Die Lehrgangsgebühren übernehmen dabei die Träger der gesetzlichen Unfall­versicherung, die Reisekosten und Ent­geltfortzahlung der Teilnehmer trägt der Unternehmer. Dem Beschäftigten dürfen die Kosten für die Arbeitsschutzmaß­nahmen nicht auferlegt werden. Er übt diese Funktion lediglich als Nebenpflicht aus, Hauptpflicht aus dem Arbeitsvertrag ist die ­Arbeitsleistung.

Sowohl der Erste-Hilfe-Lehrgang als erstmalige Ausbildung als auch das Erste-Hilfe-Training als zweijährliche Fortbildung können nur durch speziell dafür ­zugelassene Stellen durchgeführt werden. Einen Überblick über Anbieter in der Nähe gibt die Liste der ermächtigten Stellen der DGUV unter www.bg-qseh.de. Wenn ­Unternehmer das Anmeldeformular der DGUV (zu finden unter www.dguv.de/­fb-erstehilfe) ausfüllen, rechnet die Ausbildungsstelle direkt mit den Unfallver­sicherungsträgern ab.

So ist der Aufwand für den Tankstellenbetreiber gering, der Nutzen dagegen sehr groß. Die gesetzliche Vorgabe ist damit erfüllt und man ist für alle Eventualitäten gerüstet. „Gerade im Handel, wozu die Tankstelle gehört, sollte man sich als Unternehmer überlegen: Möchte ich, dass meine Beschäftigten gut helfen können, wenn einem Kunden oder Kollegen etwas passiert?", rät Kraft. Ganz unabhängig von den gesetzlichen Vorgaben sei es sinnvoll, das als Kriterium zu verwenden. „Im Ernstfall vorbereitet zu sein, gibt ein gutes Gefühl."

(Autorin: Julia Richthammer; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 10./11.2019.)

Die fünf W des Notrufs

  • Wo ist etwas passiert?
  • Was ist passiert?
  • Wie viele Verletzte gibt es? Bei Kindern: Wie alt sind die Verletzten?
  • Welche Art von Verletzung oder Erkrankung liegt vor?
  • Warten auf Rückfragen

To-do bei typischen Tankstellenunfällen: Verstauchungen

Ohne eine dezidierte Untersuchung sind Verstauchungen von Knochenbrüchen zunächst nicht zu unterscheiden. Sichere Anzeichen für einen Knochenbruch sind:

  • unnatürliche Lage
  • unnatürliche Beweglichkeit
  • Stufenbildung im Bruchbereich
  • sichtbare Knochenenden

Zu den unsicheren Anzeichen zählen:

  • Schmerzen
  • Schwellung
  • Bewegungsunfähigkeit
  • Belastungsunfähigkeit

Verhalten Sie sich bei Verdacht auf Knochenbruch so, als läge ein Bruch tatsächlich vor. Ergreifen Sie folgende Maßnahmen:

  • Den betroffenen Körperbereich so wenig wie nötig bewegen.
  • Durch Lagerung oder Umpolsterung ruhigstellen.
  • Bei einem offenen Bruch (erkennbar bei einer offenen Wunde im Umfeld der Verletzung) zusätzlich die Wunde druck- und keimfrei bedecken.
  • Einen Notruf veranlassen. (Malteser/jr)

To-do bei typischen Tankstellenunfällen: Waschchemikalien in den Augen

Bei einer Verätzung der Augen müssen diese gespült werden:

  • Hierzu drehen Sie den Kopf des Patienten zur Seite des verätzten Auges und öffnen mit zwei Fingern einer Hand die Lider des verletzten Auges.
  • Gießen Sie aus einer Höhe von zehn Zentimetern Wasser in den inneren Augenwinkel. Diese Spülung müssen Sie mindestens 20 Minuten durchführen oder bis zur ärztlichen Versorgung. Alternativ können Sie auch eine Augenspülflasche verwenden.
  • Fordern Sie den Verletzten auf, während des Spülens seine Augen in alle Richtungen zu bewegen.
  • Sichtbare Schadstoffteilchen müssen abgetupft werden.
  • Nach Beendigung dieser Maßnahme müssen beide Augen mit einer Dreiecktuch­krawatte und Mullkompressen versorgt und damit ruhiggestellt werden.
  • Der Verletzte braucht ständige Betreuung. (Malteser/jr)
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