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Abwassergebühren: Geld für Verschleppung

10.07.2018 09:00 Uhr
Abwassergebühren: Geld für Verschleppung
Die Rückerstattung von Abwassergebühren ist ein lästiges Thema, lohnt sich aber für die meisten Waschanlagenbetreiber.
© Foto: Fotolia/macielphoto

Abwassergebühren – kaum ein Thema beschäftigt und verärgert Waschanlagenbetreiber Jahr für Jahr aufs Neue so sehr. Trotz eindeutiger Rechtslage gibt es immer seltener beim ersten Mal ­einen Gebührenabzug.

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Wenn es einen Preis für eine gerechte Abwassergebührensatzung geben würde, hätte ihn die Stadt Sinsheim ­verdient. Statt unnötiger Fallstricke und hohem Verwaltungsaufwand gewährt sie jedem Waschanlagenbetreiber, je nach Waschanlage, einen pauschalen Abzug. Die Vorgehensweise ist ebenfalls in der Satzung erläutert, der Antrag ist formlos und muss nur rechtzeitig vorliegen. Vorbildlich.

Auch andere Kommunen stellen sich nicht quer, wenn es um die Berücksich­tigung von Schleppverlusten von Waschanlagen geht. Zwar findet sich meist keine Regelung in den Satzungen, aber auf Nachfrage und je nach Tagesform des zuständigen Mitarbeiters gibt es dann doch ohne viel Papierkram eine Lösung. Leider ist es nicht immer so. Oft hat man das Gefühl, dass die Kommune alles daransetzt, den Anspruch nach einer gerechten Abwassergebühren­ermittlung schon im Keim zu ersticken.

Gerne wird von den Kommunen vorgegeben, dass eine Absetzung von ­Abwassermengen nur dann erm­öglicht wird, wenn der Betreiber auf seine ­Kosten eine Abwassermengenmesseinrichtung ­installiert und diese regelmäßig wartet und kalibriert. Das ist ein K.O.-­Argument. Zwar gibt es derartige ­Einrichtungen, doch deren Kosten für Einbau und Wartung übersteigt selbst bei hochumsetzenden Waschanlagen die Höhe der möglichen Rückerstattungen. Außerdem sind sich Fachleute einig, dass erhebliche Mess­ungenauigkeiten bei geringen Abwassermengen und schwierigen Installationsvoraussetzungen unvermeidbar sind. Selbst wenn eine Messeinrichtung bezahlbar wäre, eine optimale Lösung ist sie nie.

Messen nicht möglich

Verschwiegen wird dabei gerne, dass auch ein anlagenspezifisches Fachgutachten als gleichwertiger Nachweis anzuerkennen ist. Ebenso bleibt eine Schätzung aufgrund nachprüfbarer Unterlagen der Kommune vorbehalten. Wer ­bisher noch keine ­Abzugsmenge beantragt hat, s­ollte wie folgt vorgehen: Sobald der Gebührenbescheid für das vorherige Jahr vorliegt, sollte der Betreiber einen formlosen ­Antrag stellen.

Für die Abwasserbeseitigung ist i­mmer die Stadt oder Kommune zuständig. Vielfach erfolgt der Einzug der A­bwassergebühren aber auch durch e­inen Versorger, Zweckverband oder die Stadtwerke. Der Adressat des Antrags e­rgibt sich aus dem Absender des Gebühren­bescheids. In der Begründung reicht es aus, allein auf die Entstehung von ­Verdunstungs- und Verschleppungs­verlusten aufgrund der Betriebsweise einer Fahrzeugwaschanlage hinzuweisen, ohne dabei ins Detail zu gehen. Weiterhin sind die Anzahl der durchgeführten Wäschen im Abrechnungszeitraum und die Abzugsmenge anzugeben. Auch die entsorgten Mengen der Abscheiderentsorgungen sollten Betreiber geltend machen. Die Menge ergibt sich aus den Entsorgungsbelegen.

Ist der Antrag gestellt, heißt es erst mal abwarten. Kommt die Stell­ungnahme, können U­nternehmer ­Glück haben, dass ihrem Antrag ganz oder zumindest im Grundsatz entsprochen wurde. Meist werden dann nur ein paar Unterlagen nachgefordert, bis es zu einer Rückerstattung kommt. Für das Folgejahr ist die Vorgehensweise bekannt. Es muss nur darauf geachtet werden, dass alle Unterlagen rechtzeitig, vor Erstellung des Gebührenbescheides, eingereicht ­werden. Grundsätzlich ist bei derartigen Anträgen die Fristeinhaltung enorm wichtig.

Wird der Antrag abgelehnt, ist die ­Begründung von entscheidender Bedeutung. Denn diese muss genau den ­Ablehnungsgrund beschreiben und mit der Satzung konform gehen. Welche
weiteren Schritte erforderlich sind, hängt immer vom Einzelfall ab. Vielfach reicht die Vorlage eines sogenannten Mustergutachtens oder einer Herstellerbescheinigung aus.

Das Verwaltungsgericht Weimar hat beispielsweise entschieden, dass der Nachweis für die nicht eingeleitete ­Abwassermenge durch eine Bezugnahme auf allgemein zugängliche Literatur ­
sowie eine Stellungnahme des Anlagen­herstellers und ein vorgelegtes Fach­­gut­achten, das für eine andere Waschanlage (in diesem Fall Portalwaschanlage) erstellt worden ist, erbracht werden kann (Aktenzeichen 1 K 141/00 in 2002). Einzige Einschränkung: In diesem Fall können nur die sich im Minimum aus diesen Quellen ergebenden Verlust- und Verschleppungsmengen in Abzug gebracht werden.

Fachgutachten als Nachweis

Seriöse Fachgutachten bedienen sich bei der Ermittlung von Verdunstungs- und Verschleppungsverlusten in Wasch­anlagen einem Verfahren, das Ende der 80er Jahre von einem Mitarbeiter des Tiefbauamts Dortmund entwickelt wurde und in den Folgejahren allgemeine Anerkennung erhielt. Zahlreiche weitere Veröffentlichungen haben diesen Ansatz bestätigt. Vor der Entscheidung, ein anlagenspezifisches Gutachten erstellen zu lassen, sollte dies mit der Kommune abgestimmt we­r­den. Vorgaben der Kommune, auch hin­si­chtlich der erforderlichen Qualifikation des Sachverständigen, sollten vor Beauftragung g­eklärt werden.

Je nach Anlagenausführung und -größe liegen die Kosten für ein anlagenspezifisches Gutachten zwischen 800 bis teilweise über 1.500 Euro. Zwar ist davon auszugehen, dass einer Rückerstattung zu viel gezahlter Gebühren und der Anerkennung für die Folgejahre anschließend nichts mehr im Weg steht, die erzielten Einsparungen sollten aber schon im gesunden Verhältnis zu den Vorleistungen stehen. Bei einer Portalwaschanlage mit 600 Wäschen im M­onat und ermittelten Schleppverlusten von zwölf Litern pro Pkw lassen sich bei Abwassergebühren von 2,50 Euro/m³ = pro Jahr 216 Euro einsparen. Bei einer Waschstraße mit 3.500 Wäschen im Monat und Schleppverlusten von 14 Litern pro Pkw fließen pro Jahr s­ogar 1.470 Euro zurück.
Bei hohen Abwassergebühren oder einem guten Waschgeschäft sollten alle Möglichkeiten zur Reduzierung der anrechenbaren Abwassermengen geprüft werden. Es lohnt sich.

(Autor: Michael Walter, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schäden an und durch Kfz-Waschanlagen und Technik von Kreislaufsystemen von Kfz-Waschanlagen; der Artikel erschien in Sprit+ 7/2018)

Rechtlicher Hintergrund

Abwassergebühren werden grundsätzlich nach dem Frisch­wassermaßstab ermittelt und berechnet. Der Gesetzgeber gibt aber unanfechtbar vor, dass die Kommunen nur die tatsächlich eingeleitete Abwassermenge an die ange­schlossenen Betriebe und Haushalte belasten dürfen. Beim Betrieb von Fahrzeugwaschanlagen, egal ob Waschstraße, Portalwaschanlage oder Selbstwaschboxen, wird jedoch nur ein Teil der bezogenen Frischwassermenge als Abwasser dem Kanal zugeleitet. Eine nicht unerhebliche Menge verdunstet oder wird von den Fahrzeugen verschleppt. Können die sogenannten Schleppwasserverluste nachgewiesen werden, reduzieren sich die Abwassergebühren. Wie diese Nachweise erbracht werden müssen, regelt jede Kommune in ihren Satzungen für sich. Nur eins ist immer gleich: Den Nachweis der nicht eingeleiteten Abwassermenge hat der Verbraucher (Einleiter) auf seine Kosten zu erbringen. wal

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