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Regierung: Künftig 28 Prozent erneuerbare Energien im Verkehr

04.02.2021 09:00 Uhr
Regierung: Künftig 28 Prozent erneuerbare Energien im Verkehr
Mit größeren Anreizen für grünen Wasserstoff und den Ausbau von Ladesäulen sowie neuen Zielwerten für Biokraftstoffe will Deutschland den Wandel hin zu sauberen Antriebsformen forcieren.
© Foto: Jürgen Fälchle/stock.adobe.com

Ein großer Teil der klimaschädlichen Emissionen geht auf den täglichen Verkehr zurück. Eine nun beschlossene Gesetzesänderung verankert ein ambitioniertes Ziel und soll den Wandel hin zu sauberen Antriebsformen einleiten. Doch es gibt Kritik von allen Seiten.

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Der Anteil erneuerbarer Energien im Verkehr soll in Deutschland bis 2030 auf 28 Prozent steigen – und damit doppelt so hoch sein, wie von der EU vorgesehen. Das geht aus einer Gesetzesänderung hervor, die die Bundesregierung am Mittwoch beschlossen hat. Sie beinhaltet neben größeren Anreizen für grünen Wasserstoff und den Ausbau von Ladesäulen auch neue Zielwerte für Biokraftstoffe. Außerdem soll ab 2026 mit Palmöl als beigemischtem Treibstoff Schluss sein.

Fast zeitgleich legte das Bundeskabinett am Mittwoch auch den Monitoring-Bericht zur Energie der Zukunft vor, der die Dringlichkeit der Maßnahmen noch einmal verdeutlichte. Dem Bericht zufolge ist das Erreichen der Energiewende-Ziele im Verkehrssektor nach aktuellem Stand bedroht. Mehrere Politiker der Opposition und Verbände forderten am Mittwoch Nachbesserungen am aktuellen Gesetzpaket und ambitioniertere Ziele – auch für den Flugverkehr.

Der Gesetzesnovelle zufolge soll in der Luftfahrt künftig eine Mindest-Ökostromquote etabliert werden. Strombasiertes Kerosin soll bis 2030 schrittweise einen Anteil von mindestens zwei Prozent ausmachen. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter kritisierte das als nicht ausreichend. "Man hat den Eindruck, die Umweltministerin hat nicht begriffen, was die Stunde geschlagen hat", sagte Hofreiter am Mittwoch.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), auf deren Vorschlag die Gesetzesänderung am Mittwoch im Kabinett verabschiedet wurde, sprach dagegen von einem wichtigen Schritt. Vor allem auch, weil Deutschland die EU-Vorgabe mit der Neuerung deutlich übertreffe. Der Verkehr sei ein Schlüsselsektor zur Erreichung der Klimaziele.

"Mit dem Gesetz zur Förderung klimafreundlicher Kraftstoffe schafft die Bundesregierung ein wirksames Instrument, um Treibhausgasemissionen wirklich zu reduzieren", sagte die Ministerin am Mittwoch. Es müsse dabei gewährleistet werden, dass Biokraftstoffe die Natur nicht zerstören. Daher werde der Anteil von Biokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermitteln beim Status Quo eingefroren. Die aktuelle Obergrenze von 4,4 Prozent soll nicht mehr überschritten werden. Dazu gehört auch die Entscheidung, Palmöl als Biokraftstoff schrittweise vom Markt verschwinden zu lassen.

Derzeit ist Palmöl nach Angaben des Ministeriums der am häufigsten beigemischte Kraftstoff (20 Prozent). Die Grünen fordern, den Einsatz sofort zu verbieten, und nicht erst ab 2026. Deutschland könne es sich nicht leisten, einen Kraftstoff, der durch die Zerstörung von Regenwäldern gewonnen würde, in Fahrzeugen zu verbrennen, sagte Hofreiter.

Mit der Gesetzesnovelle wird die EU-Richtlinie für erneuerbare Energien im Verkehr umgesetzt. Sie sieht auf EU-Ebene vor, dass der Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch im Verkehrssektor 2030 bei mindestens 14 Prozent liegen muss. Deutschland erfüllt diese EU-Vorgaben über die Treibhausgas-Minderungsquote (THG-Quote) und will sie mit der nun beschlossenen Novelle deutlich übertreffen.

Die THG-Quote verpflichtet Mineralölunternehmen, die Treibhausgasemissionen ihrer Kraftstoffe um aktuell sechs Prozent zu senken. Sie soll bis 2030 schrittweise auf 22 Prozent steigen. Dazu können die Firmen klimafreundliche Energie wie grünen Wasserstoff, Strom oder Biokraftstoffe einsetzen. Die "fortschrittlichen" Biokraftstoffe aus Abfällen oder Stroh sollen nach der Gesetzesänderung bis 2030 einen Anteil von mindestens 2,6 Prozent erreichen – sofern die THG-Quote nicht anderweitig erfüllt wird. Wenn diese Kraftstoffe zum Einsatz kommen, können Anbieter sie ab einer bestimmten Höhe doppelt auf die Quote anrechnen lassen.

Der direkte Einsatz von Strom in Elektroautos wird mit einer dreifachen Anrechnung innerhalb der Quote gefördert. Das soll auch ein Anreiz sein, die Ladesäulen in Deutschland auszubauen. Der klimapolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Lukas Köhler, warf der Bundesregierung hier eine "ideologisch motivierte Förderung der Elektromobilität" vor. Die Klimaziele im Verkehr ließen sich nur "in einem fairen Wettbewerb zwischen Elektromobilität, Wasserstoff, alternativen Kraftstoffen wie E-Fuels und anderen klimafreundlichen Technologien erreichen", sagte Köhler der Deutschen Presse-Agentur.

"Mehrfachanrechnungen gaukeln Klimaschutz vor, wo keiner ist"

Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) begrüßte die Novelle im Großen und Ganzen, übte aber Kritik an der Möglichkeit für Unternehmen, sich den Einsatz von bestimmten Kraftstoffen und Instrumenten mehrfach auf die THG-Quote anrechnen zu lassen. "Mehrfachanrechnungen sind irreführend, denn sie gaukeln Klimaschutz vor, wo keiner ist. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sollten sich darüber im Klaren sein, dass diese Rechentricks weder für die nationalen noch die internationalen Klimaziele zählen", sagte VDB-Geschäftsführer Elmar Baumann. Darüber hinaus forderte der Verband, die THG-Quote nicht erst ab 2027 deutlich zu erhöhen, sondern vorher.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) begrüßte die Unterstützung der Elektromobilität und für den Aufbau der Ladeinfrastruktur. Der Einsatz "nachhaltiger Kraftstoffe, Wasserstoff oder fortschrittlicher Biokraftstoffe" müsse vorangetrieben werden, hieß es am Mittwoch in einer Stellungnahme. Zeitgleich mahnte der Verband an, den Verbrennungsmotor nicht abzuschreiben. "Auch ein mit erneuerbaren Kraftstoffen betriebener Verbrennungsmotor ist klimafreundlich", sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller der dpa.

Fuhrparkbranche: Vertane Chancen für alternative Kraftstoffe

Der Bundesverband Fuhrparkmanagement (BVF) sprach von einer vertanen Chance. Es wäre wünschenswert, wenn in diesem Zusammenhang auch die Rahmenbedingungen für alternative Kraftstoffe wie eFuels, Biogas und Wasserstoffe verbessert würden. "Diese sind ungenügend, weil die Praxis der Mehrfachanrechnungen nicht technologieneutral ist", betonte BVF-Geschäftsführer Axel Schäfer. Das Ministerium spiele E-Mobilität und Biokraftstoffe gegeneinander aus, anstatt beide Optionen zu nutzen. Dadurch würden erhebliche Potenziale zur Senkung der Treibhausgasemissionen im Verkehr verschenkt.

Schäfer weiter: "Elektromobilität wird für Unternehmensfuhrparks in der Zukunft sicher eine bedeutende Rolle spielen, die Bedeutung weiterer alternativer Kraftstoffe sollte für zusätzliche Fortschritte aber nicht verkannt werden." Angesichts hoher Gesamtfahrzeugbestände sei es unabdingbar, auch für Pkw mit Verbrennungsmotoren Verbesserungen durch alternative Kraftstoffe zu erreichen. (dpa/rp)

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