Die soziale Gerechtigkeit wird im Wahlkampf eine große Rolle spielen. Während SPD, Grüne, Linke und Gewerkschaften einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro die Stunde verlangen, wollen Union und FDP Lohnuntergrenzen in weiteren Branchen nur unter bestimmten Voraussetzungen erlauben. Derzeit gibt es in Deutschland für etwa vier Millionen Beschäftigte in zwölf Branchen verbindliche Mindestlöhne. Nun kommt als 13. Branche das Friseurhandwerk dazu. Die über 260.000 Friseure erhalten ab August 2015 bundesweit einheitlich mindestens 8,50 Euro die Stunde. Generell lassen sich Mindestlöhne einführen über:
- ARBEITNEHMER-ENTSENDEGESETZ: Die Bundesregierung muss verordnen, dass tarifvertraglich vereinbarte Mindestlöhne für alle Arbeitnehmer einer Branche gelten. Vorausgesetzt, Arbeitgeber und Gewerkschaft beantragen dies gemeinsam. Eine Branche wird nur dann ins Entsendegesetz aufgenommen, wenn wenigstens für die Hälfte der Branchenbeschäftigten eine Tarifbindung besteht. Das Entsendegesetz hat Mindestlöhne bislang für knapp ein Dutzend Branchen - darunter Bau, Gebäudereinigung, Abfallwirtschaft und Pflege für allgemeinverbindlich erklärt.
- MINDESTARBEITSBEDINGUNGEN-GESETZ: Dieses Gesetz soll dort zum Zuge kommen, wo das Entsendegesetz nicht greift. Es ist kompliziert, weswegen der Gesetzgeber es noch niemals angewendet hat. Das Gesetz zielt auf jene Branchen, in denen es für weniger als 50 Prozent der Beschäftigten Tarifverträge gibt. Stellen die Tarifparteien einer Branche "soziale Verwerfungen" fest und einigen sie sich auf ein Mindestarbeitsentgelt, kann die Bundesregierung dieses per Verordnung verbindlich vorschreiben.
- ARBEITNEHMERÜBERLASSUNGSGESETZ: Über diese Schiene wurde die Lohnuntergrenze für die Zeit- und Leiharbeit auf die gesamte Branche angewendet. Für die derzeit rund 850.000 Beschäftigten liegt der Mindestlohn seit November 2012 bei 8,19 Euro im Westen und bei 7,50 Euro pro Stunde im Osten Deutschlands.
- UNIONS-KONZEPT: Es sieht eine Lohnuntergrenze nur für Beschäftigte in Sparten ohne Tarifvertrag vor. Differenzierungen nach Branchen, Regionen und Arbeitnehmergruppen sollen möglich sein. Für die Festlegung zuständig soll eine paritätisch besetzte Kommission von Arbeitgebern und Gewerkschaften sein. Damit handelt es sich nicht um einen flächendeckenden, gesetzlichen Mindestlohn, wie ihn die Opposition fordert.
- FDP-KONZEPT: Die Parteispitze will ähnlich wie CDU/CSU die Möglichkeiten für weitere branchen- und regionalspezifische Lohnuntergrenzen erweitern, wo die Tarifpartner zu schwach sind. Dazu sollen die gesetzlichen Regelungen praxisnäher werden. Auch soll der Gesetzgeber Empfehlungen von Wissenschaftlern und Bundeskartellamt berücksichtigen. Einen gesetzlichen Mindestlohn von Flensburg bis München schließt die FDP kategorisch aus. (dpa/kak)