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Betriebsführung: Mystery Shopping enthüllt Schwachstellen

18.07.2023 00:01 Uhr | Lesezeit: 5 min
Sternebewertung
Testkunden bewerten Stationen anhand von Testkäufen. 
© Foto: Tumisu/Pixabay

Das Unternehmen MSM führt seit über 30 Jahren Mystery Shopping Projekte an Tankstellen durch. Was getestet wird und wo die größten Schwachstellen liegen, erklärt Geschäftsführer Christian Karrenbauer.

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Es ist ein Tag wie jeder andere an der Tankstelle. Die Kunden kommen und gehen. Doch heute versteckt sich unter ihnen ein Testkäufer. Er kommt im Auftrag von MSM und nimmt die Qualität der Tankstelle unter die Lupe. Beim Tanken geht es los: Funktionieren die Zapfsäulen, sind sie dreckig? Jedes Detail zählt und wird auf dem Fragebogen im Smartphone vermerkt. Wie die anderen Kunden geht der Testkäufer in den Shop zum Bezahlen.

Freundlich wird er begrüßt und bestellt noch einen Kaffee. Die Mitarbeiterin weist ihn auf das Frühstücks-Angebot "Belegtes Brötchen mit Kaffee" hin. Gedanklich setzt er ein Häkchen auf dem Fragebogen: Freundliche Kundenansprache und sogar der Hinweis auf das Angebot. Nachdem der Kaffee ausgetrunken ist und er sich dabei unauffällig in der Tankstelle umsehen konnte, kontrolliert er die Sauberkeit der Toiletten. Nach knapp 20 Minuten ist der Test beendet. Anschließend füllt er den Online-Fragebogen vollständig aus und schickt ihn an seinen Auftraggeber. Mission erledigt!

So oder so ähnlich könnte ein Testkauf an der Tankstelle ablaufen, erklärt Christian Karrenbauer. Er ist Geschäftsführer von MSM und zuständig für den Schwerpunkt Tankstellen.

Mystery Shopping ist nichts weiter als ein moderner Begriff für Testkauf. "Inhaltlich beschäftigen wir uns mit den Erlebnissen des Kunden im Shop. Heutzutage wird das Customer Journey genannt. Die bilden wir im Rahmen des Mystery Shoppings ab", erklärt Karrenbauer. MSM bietet diesen Service bereits seit 1990 an und ist somit Pionier in Deutschland. "Mittlerweile ist Mystery Shopping zum Standard geworden – sowohl bei Tankstellen als auch in anderen Branchen", sagt der Experte.

Viele Gesellschaften setzen dieses Tool zur Verbesserung des Kundenerlebnisses ein. MSM hat im Lauf der vergangenen Jahre für viele große und mittlere Gesellschaften gearbeitet. Einzelne Tankstellen zu testen, davon rät Karrenbauer jedoch ab: "Ein Mystery Shopping für den Einzelkämpfer aufzusetzen ist zu aufwendig und unzweckmäßig."

Christian Karrenbauer
Christian Karrenbauer, Geschäftsführer von MSM.
© Foto: MSM

Der Testbesuch in der Praxis

Zu Beginn des Projektes definiert MSM gemeinsam mit dem Kunden, wie umfänglich getestet werden soll. Steht zum Beispiel nur das Bistro im Fokus oder sollen alle Services der Station vom Testkäufer geprüft werden? Am wichtigsten sind laut Karrenbauer Standards wie Sauberkeit im Außen- und Innenbereich, Warenpräsentation, Freundlichkeit beim Kassiervorgang, Kennzeichnung von Angeboten und aktive Ansprache der Kunden. Auf Basis dieser Themen wird ein Fragebogen mit circa 30 Fragen ausgearbeitet. Vor jedem Testkauf schult MSM seine Testkäufer, die als Grundvoraussetzung jahrelange Erfahrung mit Checks in der Branche mitbringen müssen. Der Testkunde füllt den Fragebogen während oder nach dem Besuch aus.

Im Tankstellenbereich bestehen die Fragen laut Karrenbauer überwiegend aus Multiple-Choice-und Ja/Nein-Fragen mit zusätzlichem Platz für Anmerkungen für genauere Beschreibungen. Damit die Testkäufer genügend Zeit haben, sich im Shop umzusehen, konsumieren sie etwas. "Das ist die einzige Chance, um ein bisschen Zeit zu gewinnen und trotzdem unauffällig zu bleiben", sagt Karrenbauer. In der Regel soll der Testkäufer anonym bleiben. Nur wenn der Auftraggeber möchte, dass am Ende des Tests ein Feedback-Gespräch geführt wird, gibt sich der Käufer nach dem Besuch zu erkennen. Wenn vom Auftraggeber gewünscht, kann der Testkunde über den Fragebogen hinaus das subjektive Kundenerlebnis beschreiben. So können Informationen gewonnen werden, die ansonsten durchs Raster fallen würden.

Der Fragebogen wird nach dem Testeinkauf geprüft und aufbereitet. "Der große Aufwand ist, den Fragebogen auf Vollständigkeit und Plausibilität zu prüfen. Wenn etwas nicht geklärt werden kann, wird der Test wiederholt. "Durch diese interne Qualitätssicherung ist sichergestellt, dass unklare Tests nicht beim Kunden landen", so Karrenbauer. Anschließend wird jede Frage mit einem Punktesystem von null bis 100 Punkte bewertet. Die Fragen können auch unterschiedlich gewichtet werden, je nachdem, wo der Schwerpunkt gesetzt wird. Zusätzlich wird die Auswertung mit einem Ampelsystem farbig hinterlegt. Die Auswertung wird an die Gesellschaft und den Pächter geschickt oder kann in einem Dashboard abgerufen werden.

Die Zusammenarbeit im Mystery Shopping ist auf längere Zeiträume aus-gelegt, sodass der Fortschritt bei jedem Testkauf überprüft werden kann. Testkäufe finden in der Regel einmal im Quartal statt. "Das ist auch ganz sinnvoll, damit man Dinge, die weniger gut laufen, aufarbeiten und nachjustieren kann."

Wann lohnt sich die Investition?

Die Durchführung eines Testkaufs liegt beim einfachen Fragebogen mit circa 30 Fragen bei durchschnittlich 40 Euro pro Station. Zudem braucht es den Willen, etwas zu verändern. Und auch das Mystery Shopping an sich ist aufwendig und benötigt Zeit, um Ergebnisse zu erzielen. Im Durchschnitt seien nach ein bis zwei Jahren Verbesserungen in allen Bereichen von etwa fünf bis zehn Prozentpunkten zu sehen. "Wir können also guten Gewissens sagen, es bringt etwas", sagt Karrenbauer.

Er weiß auch, dass andere Befragungs-Methoden deutlich weniger Zeit und Geld kosten. "Aber dafür sind die Ergebnisse fundierter, denn die Informationen, die man im Mystery Shopping erhält, gibt es sonst ja nicht", argumentiert der Experte. Die Investition rentiere sich bei jeder Gesellschaft, auch wenn die Standards bereits recht gut umgesetzt seien. Denn so wisse man, dass die wichtigen Dinge richtig laufen. "Es ist immer besser, wenn man schlechten Bedingungen wie unsauberen Toiletten vorbeugt, als wenn dann heutzutage über Social Media und Google die negativen Bewertungen reinkommen und sich das rumspricht", sagt Karrenbauer.

Karrenbauer bleibt beim Thema Sauberkeit: "Da hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan und da kann man nicht drunter gehen." Das sei allerdings eine Grundvoraussetzung und noch lange kein Grund, Hurra zu schreien. "Die Kundenansprüche steigen mit gelebter Gewohnheit. Das Rad dreht sich weiter in die Richtung anspruchsvoller, besser, hochwertiger."

Er warnt davor, sich auf guten Ergebnissen auszuruhen und die Hände in den Schoß zu legen. Denn MSM hat die Erfahrung gemacht, dass nach circa sechs Monaten "der große Rückfall beginnt". Karrenbauer erklärt das so: "Wenn man draußen in den Stationen weiß, dass niemand mehr guckt, was dort passiert, kann man manche Dinge einfach laufen lassen und entspannter angehen, als wenn man weiß, dass da ab und zu jemand kommt und das aufdecken könnte."

Schwachstelle Bistro

Das größte Defizit im Shop ist laut Karrenbauer der Bistrobereich. "Wir sehen es ja auch immer wieder in den Berichten von Sprit+, es werden schöne Bistros gebaut, die einen Haufen Kohle kosten, aber dann stellt man fest, dass es nicht so rund läuft." Ihm falle zum Beispiel auf, dass Bistros und Backshops morgens sehr gut aussehen. Im Laufe des Tages werde die Warenpräsentation aber dünner und dünner. "Es gehört ein gewisses Know-how dazu, um eine vernünftige Präsenz in der Vitrine zu haben, ohne auf der anderen Seite das Geld zum Fenster rauszuwerfen, sprich zu viele Abschriften zu produzieren."

An dieser Stelle kommt MSM als Partner ins Spiel: "Unser Kernthema im Trainingsbereich ist die Optimierung von Bistros und des Kundenkontaktverhaltens. Der große Unterschied zu anderen Anbietern ist, dass wir auf der Fläche arbeiten und keine klassischen Schulungen oder Online-Seminare machen. Nach unseren Erfahrungswerten bringt das am meisten in der Umsetzung."

Kleine Veränderung, große Wirkung

Um die Kunden an die Station zu holen und letztendlich zu binden, sollten Betreiber versuchen "etwas Spezielles zu bringen, das sie von der Konkurrenz abhebt und zum Standortumfeld passt". Als Beispiel nennt Karrenbauer etwa frische, hochwertige und gesunde Ware sowie abwechslungsreiche Snacks. Hier könne man sich gut an aktuellen Trends in der Gastronomie orientieren. "Vegane Speisen, Salate und Bowls werden gut angenommen", weiß der Experte. Besonders die jüngere Kundschaft könne man mit einem guten Bistro-Angebot locken, denn der Anspruch habe sich in den letzten Jahren verändert. "Viele junge Leute haben keinen Führerschein oder kein Auto. Das sind keine typischen Kraftstoffkunden, die muss man über den Shop oder das Bistro bekommen."

Hierbei spiele auch ein angemessenes Pricing eine Rolle. "Das Thema gab es natürlich schon immer, aber durch die aktuelle Situation gewinnt es stark an Bedeutung", so Karrenbauer. "Die Entwicklung geht hin zum Discounter, zu Handelsmarken, das sieht man im LEH und das ist ein guter Indikator für den Tankstellenbereich." Karrenbauer empfiehlt daher, Preiserhöhungen vorsichtig und nicht mit der Gießkanne durchzuführen.

Nicht nur durch ein gutes Bistro-Konzept können sich Betreiber von den Mitbewerbern abheben, auch die Mitarbeiter tragen einen entscheidenden Teil dazu bei. Beim Mystery Shopping laufe im Schnitt jeder zehnte Kundenkontakt daneben. "Das heißt, ich werde kaum oder gar nicht wahrgenommen, der Mitarbeiter geht vielleicht auch weg und bedient mich gar nicht. Das kann selbst bei Top-Mitarbeitern vorkommen, wenn die einen schlechten Tag haben", sagt Karrenbauer. Hier sieht der Experte vor allem die Führungskraft in der Verantwortung: "Als Führungskraft muss man mit gutem Beispiel vorangehen, wenn man selbst ein Muffel ist, ist es schwierig, etwas Anderes von den Mitarbeitern zu verlangen." Er ist überzeugt, dass auch "Menschen, denen es nicht in die Wiege gelegt ist, der große Service-Tiger zu sein, ein Basis-Level für einen vernünftigen Kundenkontakt erreichen" können. Es reiche oft schon, wenn der Kunde sich wahrgenommen fühlt, etwa durch Augenkontakt oder ein Lächeln. Der Tipp vom Profi: Die eigenen Mitarbeiter mal zum Mitbewerber schicken, damit sie sehen, wie sie dort als Kunde behandelt werden.

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