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Pro & Contra: Ist E-Mobilität die Lösung oder ein weiteres Problem?

25.07.2023 08:40 Uhr | Lesezeit: 4 min
Ladesäule_Ladeinfrastruktur_Elektro_E-Mobilität
Elektromobilität wird diskutiert.
© Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa/picture alliance

Ob wir es wollen oder nicht: Wir müssen uns mit Elektromobilität beschäftigen. Einer, der es und sie will, ist Ruven Heuberger. Er vertritt in dieser Ausgabe die Pro-Seite. Auf der Contra-Seite erläutert Axel Niesing, was ihn an der E-Mobilität stört und warum sie nicht die Lösung sein kann.

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Pro

Es ist wichtiger denn je, sich mit Lösungsansätzen für den Klimawandel zu beschäftigen. Immerhin hat Deutschland fest vor Augen, bis 2045 klimaneutral zu werden. Im Klartext bedeutet das, ein Gleichgewicht zwischen Treibhausgas-Emissionen und deren Abbau herzustellen.

Auf der einen Seite ist die Elektromobilität kritisch zu betrachten, da E-Fahrzeuge nur so umweltfreundlich sind wie die Energie, mit der sie betrieben werden. Schaut man sich hierzu den Strom-Mix für 2022 an, so sieht man, dass nur 49,6 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen. Betrachtet man hingegen den gesamten Lebenszyklus eines E-Autos, wird schnell klar, dass selbst bei dem heutigen Strom-Mix und der aufwendigen Produktion der grüne Strom das Defizit amortisiert. So geht das Fraunhofer Institut davon aus, dass nach 52.000 Kilometern das E-Auto gegenüber einem Verbrenner eine bessere CO2-Bilanz aufweist. Hat man zusätzlich die Möglichkeit, nur mit erneuerbarem Strom zu laden, ist die Bilanz bereits nach 20.000 Kilometern ausgeglichen.

Auf der anderen Seite reduzieren E-Fahrzeuge die Treibhausgas-Emissionen deutlich. Keine direkten Emissionen durch die Nutzung von Strom können die CO2-Bilanz im Verkehr sichtbar verbessern. Der Trend weg von fossilen Energieträgern und hin zu erneuerbaren fördert diese Entwicklung zusätzlich. Seit den 2000er-Jahren ist grüner Strom um 40 Prozent im Stromverbrauch gestiegen. Bei anhaltendem Trend lassen sich bald E-Autos vollständig emissionsfrei betreiben. Ist man Besitzer einer heimischen Fotovoltaikanlage, kann man bereits heute sein E-Auto weitgehend CO2-neutral betreiben.

Ein weiteres Argument für die Elek-tromobilität ist, dass der technische Fortschritt die Energiewende stark fördert. Die deutsche Autobranche wird bis 2027 250 Milliarden Euro in die Forschung und Entwicklung der E-Mobilität investieren. Die enormen Gelder werden zu einer konstanten Weiterentwicklung führen. Das Fraunhofer Institut hofft zudem, dass bei der Batterieherstellung große Mengen an Kobalt eingespart werden können. Zusätzliche Verbesserungen in der Elektronik und im Leichtbau können außerdem den Energieverbrauch verringern. Dadurch kann bei aktuellem Platzbedarf die Reichweite verdoppelt oder die Ressourcen können bei derzeitiger Reichweite drastisch gesenkt werden.

Ein aktuelles Beispiel für die Erfolge ist die V2G-Technologie, wodurch ein externer Stromspeicher überflüssig wird. Hier dient die Batterie des Autos als Speicher. So wird überschüssige Energie in das Auto eingespeist und bei Bedarf wieder abgegeben.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass E-Autos nicht perfekt sind. Durch fortlaufende Investitionen und den Ausbau der erneuerbaren Energien lassen sich jedoch einige der Defizite in Zukunft ausgleichen. Außerdem sollte man beachten, dass man die Menschen nicht zwingen kann, ausschließlich auf das Fahrrad und den ÖPNV zu wechseln. Um dennoch die Klimaziele zu erreichen, trägt das E-Auto sicherlich seinen Teil dazu bei.

Ruven Heuberger
Ruven Heuberger, Geschäftsführer E-Quot-Now
© Foto: Privat

Contra

Die große Herausforderung des Klimawandels bedarf vielfältiger Lösungsansätze. Im Bereich der Mobilität können E-Autos mit Sicherheit nicht DIE Lösung sein, da sie vielfältige Probleme mit sich bringen. Das größte Problem der E-Mobilität ist die vorgegaukelte CO2-Freiheit durch die verkürzte Betrachtung auf den (fehlenden) Auspuff. Tatsächlich starten E-Autos mit einem gewaltigen "CO2-Rucksack" in ihr Autoleben, da die Herstellung erheblich energieintensiver ist als die eines Verbrenners. Das gilt insbesondere dann, wenn die Akkuherstellung zum Beispiel in China mit Kohlestrom erfolgt. Fachleute rechnen mit einem "CO2-Rucksack", der bei Betrieb mit CO2-armem Strom erst nach 50.000 bis 100.000 Kilometern ausgeglichen wird. Allerdings wird in Deutschland weniger als die Hälfte des Strombedarfs regenerativ erzeugt. Insofern ist die Betrachtung der durchschnittlichen CO2-Menge/kwh irreführend, da jedes Elektroauto zusätzlichen Strom verbraucht, der in "grüner" Form überhaupt nicht zur Verfügung steht.

Tatsächlich hat Deutschland in Europa einen der dreckigsten Strom-Mixe, da ein Großteil mit Kohle und Gas erzeugt beziehungsweise nicht-regenerativer Strom importiert wird. Damit kann der "Rucksack" durch den laufenden Betrieb sogar noch größer werden. Deutschland deckt aktuell nur gut fünf Prozent seines Primärenergiebedarfs mit Wind- und Sonnenstrom. Eine klimaneutrale Elektrifizierung erscheint da utopisch. Nicht umsonst erschien im Wall Street Journal bereits 2019 ein Artikel über die deutsche Energiepolitik unter dem Titel "World's Dumbest Energy Policy". Ein dichtbesiedeltes (Noch-)Industrieland wie Deutschland mit wenig Wind und Sonne hat einfach nicht das Potential, seinen Bedarf an Grünstrom in absehbarer Zeit selbst zu decken - schon gar nicht zu vertretbaren Kosten.

Die für die Batterieherstellung notwendigen, zum Teil sehr knappen Rohstoffe werden zu einem Großteil durch China kontrolliert, das zudem mit günstigem Kohlestrom und billigen Arbeitskräften bei der Herstellung der Batterien konkurrenzlos günstig ist. Dass der Abbau der benötigten riesigen Mengen Seltener Erden oder Kupfer alles andere als umweltfreundlich ist, bedarf an dieser Stelle wohl keiner Erwähnung.

Durch den erforderlichen Neuaufbau der gesamten Infrastruktur und den Austausch des gesamten Fahrzeugbestandes kann von Nachhaltigkeit keine Rede sein. Auch die Entsorgung oder das Recycling von Unmengen gebrauchter Akkus sind ein ungelöstes Problem.

Wie viel sinnvoller erscheint da doch, das Vorhandene weiter zu nutzen? Erneuerbare Energie lässt sich in wind- und sonnenreichen Weltregionen um ein Vielfaches effizienter als in Deutschland erzeugen. Zu E-Fuels weiterverarbeitet, können damit vorhandene und neue Verbrenner effizient und nachhaltig genutzt werden.

Die E-Mobilität, der die Politik mit massiven Subventionen und dem Verbrennerverbot zum Durchbruch verhelfen will, wird nicht umsonst von weiten Teilen der Bevölkerung kritisch gesehen. Warum all das, wenn die Technologie doch angeblich so überlegen ist? Und auch Zweifel an der zukünftigen Verlässlichkeit sind angebracht: Die Bundesnetzagentur hat bereits mehrfach erklärt, dass bei Stromknappheit in "Dunkelflauten" mit einer Herunterregelung von Ladetechnik und Wärmepumpen zu rechnen ist .

Axel Niesing
Axel Niesing, Geschäftsführender Gesellschafter Anton Willer und (Co) Geschäftsführer der E-Fuel GmbH
© Foto: Privat

Zwei, die sich auskennen

In unserer neuen Rubrik "Pro & Contra" geben wir jeweils zwei Menschen die Möglichkeit, sich zu einem vorgegebenen Thema zu äußern. Wir legen Wert auf eine sachliche Auseinandersetzung und laden deshalb nur ein, wer sich intensiv mit dem jeweiligen Thema beschäftigt hat und dieses ganzheitlich betrachtet.

Die Stellungnahmen sollen punktgenau den Kern der Sache treffen, deshalb ist eine maximale Zeichenzahl vorgegeben. Die Kandidaten wissen nicht, wer den jeweiligen Gegenpart vertritt.

Inhaltlich ändern wir nichts an den Statements. Die Redaktion behält sich jedoch vor, eventuelle Grammatik- und Rechtschreibfehler zu verbessern. Das dient der besseren Verständlichkeit und Lesbarkeit.



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KOMMENTARE


kol

26.07.2023 - 13:09 Uhr

Kann mich den Argumenten von Herrn Heuberger nur anschließen. Die Argumente der Gegenseite möchte ich allerdings nicht so stehen lassen. Beispielsweise hat die Bundesnetzagentur eine solche Aussage nie getroffen. Es gibt lediglich Pläne steuernd eingreifen zu können um den sicheren Netzbetrieb aufrechterhalten zu können. Man will die Verbraucher damit auch nicht gängeln: „Daher erlaubt der Steuerungsmechanismus auch keine vollständige Abschaltung einzelner Verbrauchseinrichtungen, sondern nur eine temporäre Reduzierung des Strombezugs aus dem Netz.“ Was durchaus Sinn macht und meiner Meinung nach eine gute Idee ist. Da Wärmepumpen sowieso meist in Kombination mit Photovoltaik und Batteriespeicher betrieben werden relativiert sich dies noch mehr. Außerdem kann ausgerechnet das Elektroauto sogar eine stabilisierende Funktion auf das Stromnetz einnehmen. V2G, welche Herr Heuberger im Pro-Teil erwähnt, ist eine solche Technik. Auch für alte Batterien aus E-Autos gibt es viele gute Anwendungen für diesen Bereich, als Solarstromspeicher im privaten Bereich oder Stromspeicher für Kraftwerke können sie weitere 15 Jahre verwendet werden. Auf das Konzept des „Second Life“ setzen bereits auch Konzerne wie BMW, VW oder Daimler. Alles in allem scheint das E-Auto doch eine zukunftssichere Technologie zu sein. Auch wenn es nicht perfekt ist, es ist die Beste Lösung die wir im Moment haben. Vor allem lassen sich damit viel kurzfristiger Ziele erreichen. Bei E-Fuels ist vieles Spekulation, es ist sehr fraglich ob damit in den nächsten Jahren oder jemals etwas erreicht werden kann. Beim E-Auto gibt es jetzt schon sehr viele sichtbare Fortschritte und Erfolge. Auch unser Strom-Mix wird immer grüner werden, was die CO2 Bilanz von E-Autos noch mehr verbessern wird. In Schweden haben E-Autos z.B. schon ab 30.000 km eine bessere CO2-Bilanz als Verbrenner. Und auch da muss ich nochmal etwas gegen das Argument der Contra-Seite sagen. Bei den erwähnten 50.000 - 100.000 km nach denen die CO2-Bilanz eines E-Autos in Deutschland ausgeglichen ist, ist unser schlechter Strom-Mix bereits eingerechnet!! Bei grünem Strom sieht die Sache noch deutlich besser aus. Sprich: Die CO2-Bilanz eines E-Autos ist, auf die gesamte Laufzeit gerechnet, jetzt schon besser als die eines Verbrenners und wird in Zukunft noch sehr viel besser werden!


mein name

27.07.2023 - 15:57 Uhr

@kol: Erklären Sie mir bitte physikalisch und chemisch, wie CO2 ein Treibhausgas sein kann, anhand der chemischen Zusammensetzung und des 2. Thermodynamischen Gesetzes. Zudem erklären Sie mir bitte, wie CO2 mit einem Anteil in der Luft von 0,038%, zudem schwerer als Luft, die Klimaerwärmung unter diesen Umständen fördert. Des Weiteren bitte ich um Erklärung, wie die 96% CO2, die durch die Natur entstehen, verhindert werden sollen und wie der CO2-Anteil in der Luft vor Jahrtausenden ohne Menschen 4 Mal so hoch sein konnte und trotzdem Tiere und Pflanzen auf der Erde problemlos und glücklich leben konnten?


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