Die Reform der Verkehrssünderkartei könnte Experten zufolge vor allem Vielfahrer empfindlich treffen. So könnten Berufsfahrer im neuen System schneller ihren Führerschein verlieren, warnt der Autoclub ACE am Freitag. Hingegen lobte das Bundesverkehrsministerium das neue Punkte-Register als "einfacher, gerechter und transparenter". Der Verkehr werde sicherer.
Die Reform tritt am 1. Mai in Kraft - genau 40 Jahre nach der Einführung der Flensburger Punktekartei 1974. Der Führerschein ist künftig bei acht Punkten weg statt bisher bei 18. Allerdings werden die Punkte dann auch anders bemessen. Im Bußgeldkatalog gibt es zugleich kleinere Änderungen.
ACE-Chefjurist Volker Lempp sagte der Nachrichtenagentur dpa, obwohl Berufsfahrer etwa für Mängel am Fahrzeug meist nicht allein verantwortlich seien, gingen die Strafpunkte auf ihr Konto und bedrohten schneller als bisher ihre Existenz. Der Stuttgarter Fahrlehrer Reinhard Hetzel bestätigte die höhere Gefahr für Autofahrer, die viel unterwegs sind: "Vielfahrer sind ganz klar im Hintertreffen." Ein Punkt treffe den Fahrer künftig stärker.
Der Vorsitzende des Verbands für bürgernahe Verkehrspolitik, Mathias Voigt, warnte, dass "zwei verhältnismäßig leichte Verstöße" wie Telefonieren am Steuer und 21 Stundenkilometer zu viel auf dem Tacho nach altem wie neuem System zwei Punkte ergeben. "Im alten System entsprechen die Verstöße elf Prozent der möglichen Punkte, im neuen System bereits 25 Prozent - mehr als doppelt so viel."
Nach Einschätzung von ADAC-Jurist Jost Kärger könnte sich die Verkehrssicherheit mit der Reform tatsächlich erhöhen. Mit Punkten bestraft werde nicht mehr, wer ohne Plakette in Umweltzonen fahre, sondern wer die Sicherheit gefährde. Künftig sollen nur noch sicherheitsgefährdende Delikte gespeichert werden.
Dem Autoclub ACE fehlt jedoch "der echte Warnschuss", wie dessen Experte Lempp sagte. Zwar sehe das neue System eine Ermahnung und dann auch eine Verwarnung vor, es gebe aber vor dem Führerscheinentzug mit acht Punkten keinen Warnschuss mehr, der die Fahrer zur Besinnung bringe. "Es geht ja darum, dass die Fahrer ihr Verhalten ändern", erklärte Lempp. Das alte System sei eher auf Erziehung ausgerichtet gewesen. Ziel der Reform sei mehr Durchschaubarkeit gewesen, sagte der ACE-Chefjurist, doch die könne er nicht erkennen. "Das neue System ist genauso kompliziert wie das alte."
Manche Fahrlehrer meinen, es sei zu wenig über die Neuregelungen aufgeklärt worden. "Und das Infomaterial ist mehr als dürftig", sagt etwa Mathias Bräuer aus Flensburg. Er hat eine Fahrschule in unmittelbarer Nähe zum Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) - dort ist das neue "Fahreignungsregister" angesiedelt. (dpa)
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