Als sich BP vor knapp einem Jahr mit Tausenden privater Kläger über Entschädigungen für die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko einigte, glich New Orleans einem Heerlager. Ganze Scharen von Medienvertretern und Hunderte Anwälte bevölkerten wochenlang die Stadt im US-Bundesstaat Louisiana. Am Montag (25. Februar) beginnt dort der nächste Mammutprozess in Sachen BP. Diesmal ist der Gegner des britischen Ölkonzerns die US-Regierung. Es geht um Milliarden US-Dollar.
In der BP-Chefetage ist man bereit, wegen Verstößen gegen das US-Gesetz zur Wasserreinhaltung bis zu rund fünf Milliarden Dollar zu zahlen. Die US-Regierung will bis zu 21 Milliarden Dollar haben. Der vor dem Prozess öffentlich angeschlagene Ton lässt ein zähes Ringen erwarten. BP spricht ungewöhnlich offen von "aufgeblasenen" Angaben der US-Regierung und deren "exzessiven Forderungen". Abseits des Säbelrasseln dreht sich während des monatelangen juristischen Geschachers unter dem Vorsitz von Richter Carl Barbier alles vor allem um einen rechtlich relevanten Begriff: "grobe Fahrlässigkeit".
Wenn BP nachgewiesen werden kann, dass bei den Bohrarbeiten auf der Ölplattform "Deepwater Horizon" grob fahrlässig gehandelt wurde, dann müssen die Briten laut US-Gesetz ("Cleanwater Act") bis zu 4.300 Dollar für jedes ausgelaufene Barrel Rohöl auf den Tisch legen. Wäre die grobe Fahrlässigkeit nicht gegeben, würde der Satz deutlich unter der 2.000-Dollar-Grenze liegen. "BP wird sich energisch gegen den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit wehren", ließ der Chef des BP-Anwaltsteams, Rupert Bondy, am Dienstag (19. Februar) wissen. "Grobe Fahrlässigkeit ist eine sehr hohe Hürde, von der BP glaubt, dass sie in diesem Fall nicht genommen werden kann", sagte er.
Strittig unter den Prozessparteien ist auch die Menge des ausgelaufenen Öls, über die von September an verhandelt werden soll. Die Kläger gehen davon aus, dass nach der Explosion mit elf toten Arbeitern im April 2010 an 87 Tagen rund 4,9 Millionen Barrel zu je 159 Litern Öl in den Golf von Mexiko strömten. BP bestreitet diese Menge. "Wir glauben, dass diese Schätzung um mindestens 20 Prozent übertrieben ist", sagte Bondy. Er geht von höchstens 3,1 Millionen Barrel aus. "Diese Dinge sind technisch extrem kompliziert und es ist noch viel Analysearbeit zu tun", betonte er.
BP hat sich des Toschlags schuldig erklärt
BP hat sich nach eigenen Angaben bisher auf die Zahlung von insgesamt rund 38 Milliarden US-Dollar für die größte Ölkatastrophe in der US-Geschichte verpflichtet - 23 Milliarden davon sind bereits ausbezahlt. Auf 4,5 Milliarden Dollar belaufen sich alleine die strafrechtlichen Verpflichtungen - BP hatte sich unter anderem des Totschlags für schuldig erklärt. 7,8 Milliarden Dollar bekommen private Kläger und Geschäftsleute für ihre Ausfälle - der Großteil dieser Summe geht an die Fischereibranche. "Wir haben gezeigt, dass wir einigungsfähig sind", heißt es bei BP. Dies müsse auch bei der Bemessung der Schadenersatzansprüche berücksichtigt werden.
Insgesamt rechnet BP bisher mit 42 Milliarden US-Dollar an Kosten für die Ölkatastrophe - nach Meinung von Beobachtern eine sehr konservative Schätzung. Der Konzern hat in den vergangenen knapp drei Jahren auch wirtschaftlich massiv gelitten. Konzernchef Tony Haywards musste wegen mangelhaften Krisenmanagements seinen Hut nehmen - und wurde durch den US-Amerikaner Bob Dudley ersetzt. Der reformierte das Sicherheitskonzept und stellte Unternehmensteile im Wert von mehr als 30 Milliarden Dollar zum Verkauf, um die Kosten für das Desaster zu refinanzieren. Phasenweise rutsche BP in die Verlustzone. Alleine im vergangenen Jahr musste BP fünf Milliarden US-Dollar abschreiben. (dpa/beg)
Säbelrasseln vor Milliardenverfahren: BP muss wieder vor US-Gericht

Die Rechnung für die Ölkatastrophe vor fast drei Jahren im Golf von Mexiko beläuft sich für den britischen Ölkonzern BP bereits auf astronomische 38 Milliarden Dollar. Am Montag startet in New Orleans ein neuer Prozess. Die US-Regierung will weitere Milliarden.