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Interview BTG: „Partnerschaft kaum möglich“

07.04.2016 11:47 Uhr
Interview BTG: „Partnerschaft kaum möglich“
Sie ist die einzige Frau an der Spitze eines Tankstellenverbands in Deutschland: Seit fast zwei Jahrzehnten leitet die gebürtige Mindenerin Sigrid Pook den BTG als ­Geschäftsführerin.
© Foto: BTG

Sigrid Pook ist seit fast 20 Jahren Geschäftsführerin des Bundesverbands Tankstellen und Gewerbliche Autowäsche (BTG) in Minden. Im Interview spricht sie über die Verbandsarbeit, die Beziehung zwischen MÖG und Pächter sowie ihre Hoffnungen, die sie in die neu eingerichtete Schiedsstelle steckt.

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Frau Pook, bundesweit gibt es mehrere Tankstellenverbände. Wodurch unterscheidet sich der BTG von den anderen?
Ich würde uns als „Gemischtwarenladen der Branche“ bezeichnen. Unsere Mit­glieder sind Pächter, Eigentümer, Mittelständler, aber auch Vertreter von freien Tankstellen. Von unserer Mitgliederstruktur her kommen 50 Prozent aus dem ­Tankstellenbereich, zu denen wir auch die Betreiber von Portalwaschanlagen zählen. Die anderen 50 Prozent stammen aus dem Autowaschbereich, das heißt Waschstraßen und SB-Plätze. Hier haben wir trotz der freiwilligen Mitgliedschaft einen Organisationsgrad von etwa 80 Prozent, was sicherlich daran liegt, dass der BTG der einzige Fachverband in diesem Bereich ist.

Welche Themen haben Sie sich als Verband auf die Fahne geschrieben?
Bei uns steht schon immer die wirtschaftliche Situation unserer Mitglieder ganz oben. Wenn das Einkommen stimmt, dann ist das schon mehr als die halbe Miete. Auch die rechtliche Beratung hat einen ­hohen Stellenwert bekommen. Wie heißt es so schön: Die besten Verträge sind die, die man nicht braucht. Trotzdem sind ­Verträge notwendig, um miteinander vernünftig umgehen zu können.

Spielt dann die politische Arbeit für Sie keine Rolle?
Doch, aber sie besteht vor allem darin, dass wir in Gesetzgebungsverfahren und Arbeitskreisen wie zum Beispiel beim DIN, beim Deutschen Institut für Bautechnik oder bei der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft eingebunden sind. Früher waren wir dagegen politisch anders ­aktiv – bis hin zu Demonstrationen und Streiks. Wir haben aber gemerkt, dass uns das nicht weiterbringt, weil sich die Politiker nicht für uns zuständig fühlen. Für sie sind es Probleme zwischen zwei gleichberechtigten Unternehmern, in die sie nicht eingreifen wollen. Daher liegt bei uns der Schwerpunkt in der individuellen Be­ratung unserer Mitglieder.

Die Partnerschaft zu den Pächtern wird immer wieder von den Gesellschaften betont. Stimmt dieses Bild mit der Realität überein?
Ich bin der Meinung, dass in unserer Branche die Marktmacht sehr ungleich verteilt ist. Und dann kann es eigentlich keine Partnerschaft geben. Aber wenn ich heute insbesondere als Pächter einen Vertrag bei einer Mineralölgesellschaft unterschreibe, dann muss ich mir im Klaren sein, dass es ein Systemgeschäft ist. Ich bin an die ­Vorgaben meines Partners gebunden und muss diese umsetzen. Wenn ich das nicht kann oder nicht will, dann darf ich den Vertrag nicht unterschreiben.

Hat der Verhaltenskodex nicht zu mehr Partnerschaft geführt?
Um das zu beurteilen, ist es noch zu früh. Aus dem Mitgliederkreis ist bei mir allerdings nicht angekommen, dass sich etwas verändert hat.

Sind Sie denn mit dem Kodex zufrieden?
Man wünscht sich ja immer mehr, als man anschließend bekommt. Wir haben natürlich gehofft, dass zum Beispiel Mindestprovisionen festgelegt werden. Aber wir haben durch das Kartellamt schnell gelernt, dass das nicht machbar ist. Außerdem wird das Thema Mindestprovision in den einzelnen Häusern anders umgesetzt, was es zusätzlich schwierig gemacht hätte. Insofern denke ich, dass das, was erarbeitet worden ist, ein guter Kompromiss ist.

Im Zusammenhang mit dem Verhaltenskodex ist kürzlich die Schiedsstelle geschaffen worden. Was halten Sie davon?
Ich bin sehr gespannt, wie sie angenommen wird. Wir hatten so eine Schiedsstelle schon einmal vor etwa 20 Jahren. Soweit ich weiß, ist sie nie in Anspruch genommen worden. Aber allein die Tatsache, dass sie existiert hat, hat bei Auseinandersetzungen geholfen. Keiner wollte da hin, also hat man sich geeinigt. Sie bringt also schon etwas, alleine weil sie da ist.

Lassen Sie uns über das Thema Auto­wäsche sprechen. Hier stagniert der ­Umsatz seit vielen Jahren. Wie lief das vergangene Jahr?
2015 war kein schlechtes Waschjahr. Vor allem bis zum Herbst lief es gut. Insgesamt ist es aber schwerer geworden, weil der Wettbewerb zugenommen hat und die Menschen seltener ihre Autos waschen: Bei den großen Waschstraßen stagnierte der Umsatz daher in den letzten Jahren, die Portalwaschanlagen haben sogar ex­trem an Umsatz verloren.

Wie unterstützen Sie die Waschanlagenbetreiber gegen diesen Negativtrend?
Wir machen hier natürlich das Gleiche wie im Tankstellenbereich, nämlich viel Beratung. Bei den Autowaschbetrieben steht aber auch die Information im Vordergrund. Wir organisieren mindestens dreimal im Jahre Austauschrunden und bieten Seminare und Fachtagungen an. Außerdem ­haben wir versucht, mit ge­meinsamen Marketingaktivitäten wie der Bundesak­tion „Sauberes Auto“ das Geschäft anzukurbeln. Und dann haben wir natürlich unseren Autowaschkongress, der in ­diesem Jahr am 7. und 8. November in Dresden stattfindet.

Was erwarten die Besucher dort?
Es wird wieder viele fachbezogene Vorträge geben, zum Beispiel zum Thema Internetauftritt. Wir haben festgestellt, dass fast alle unsere Mitglieder eine Internetseite haben, aber manche wenig ansprechend sind. Da wollten wir ein bisschen Nachhilfeunterricht durch einen Profi leisten. Außerdem wird es viele andere Vorträge zum Thema Betriebsführung und Marketing geben. Und natürlich werden einige Hersteller im Ausstellerbereich vertreten sein. Der Besuch lohnt sich also.

(Das Gespräch führte Annika Beyer; Das Interview erschien in Ausgabe 4.2016 von Sprit+.)

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