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Energie- und Stromsteuergesetz: Das Ende von Autogas?

20.02.2017 11:59 Uhr
Energie- und Stromsteuergesetz: Das Ende von Autogas?
Autogas versus Erdgas: Geht es nach dem Bundeskabinett, ist nur noch CNG förderungswürdig. Der Steuervorteil für LPG soll hingegen Ende 2018 auslaufen.
© Foto: Aral (l.), Luftbildfotograf/stock.adobe.com (r.)

Die Bundesregierung will die Förderung für Autogas beenden, die für Erdgas allerdings fortsetzen – ein Sieg der Erdgaslobby, sind Branchenvertreter überzeugt.

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Der vergünstigte Mineralölsteuersatz auf Autogas (Liquefied Petroleum Gas, LPG) soll nicht wie ursprünglich geplant 2021, sondern bereits Ende 2018 auslaufen. Das hat das Bundeskabinett jetzt beschlossen. Im aktuellen Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Energie- und Stromsteuergesetzes hat der Finanzminister die Fortsetzung der Steuerbefreiung gekippt, weil die geplante Gegenfinan­zierung durch höhere Stromsteuern auf kleine Industriekraftwerke sowie Solaranlagen scheiterte.

Die Förderung für Erdgas (Compressed Natural Gas, CNG), das zumindest nach Ansicht des Ministeriums aus umweltpolitischen Gründen förderungswürdiger ist als LPG, soll dagegen noch bis Ende 2026 weiterlaufen, ab 2024 abschmelzend. Das sind zwei Jahre länger als noch vor einem Jahr von der Bundesregierung geplant.

Die Brancheninitiative Zukunft Erdgas begrüßt diese Entscheidung und hofft, dass die Steuerermäßigung jetzt einen Marktimpuls für den Kraftstoff Erdgas ­anstößt. „Die Verlängerung war ­überfällig, zuletzt brachte die Verunsicherung schon einen Marktrückgang“, kommentiert Timm Kehler, Vorstand von Zukunft Erdgas, und ergänzt: „Das Verkehrsministerium schafft jetzt aber eine stabile Planungssicherheit bis 2026 und damit gute Voraussetzungen für die Entwicklung des alternativen Kraftstoffs.“

Vorwurf des Wortbruchs

Bei den Autogasbefürwortern stößt der Gesetzentwurf, mit dem sich jetzt das ­Parlament befassen muss, dagegen auf völliges Unverständnis. Denn nicht nur die rund 500.000 Fahrer von Autogas-Fahrzeugen hatten auf die mehrfach bekundete politische Absicht zur Verlängerung des Steuervorteils auch für LPG vertraut. Die Streichung des Privilegs wäre zudem ein Wortbruch gegenüber den rund 7.000 Autogas-Tankstellen, erklärt Jürgen Ziegner, Geschäftsführer beim Zentralverband des Tankstellengewerbes (ZTG).

„Viele Tankstellen haben im Vertrau­en auf eine weitere Förderung – wie sie der Bundestag noch 2015 beschlossen hat – erst vor kurzer Zeit erhebliche Investitionen vorgenommen, ob in neue Autogassäulen oder in einen verbesserten Anfahrtsschutz“, ergänzt er. Die meisten dieser Autogas-Tankstellen seien eigentümergeführte Stationen, Erdgastankstellen hingegen würden vor allem von großen Konzernen betrieben. „Wenn jetzt also das Erdgasprivileg bewahrt, das für Autogas aber abgeschafft wird, dann hilft das den Konzernen und schadet dem Mittelstand“, ist Ziegner überzeugt.

Auch für Elbert Vleeshhouwer, einen der Pioniere der deutschen Autogastechnologie, ist der Gesetzentwurf das Ergebnis erfolgreicher Lobbyarbeit. „Vermutlich hat die Erdgaslobby deutlich mehr Gewicht in den einzelnen Ministerien als der Deutsche Verband Flüssiggas“, erklärt er und verweist auf die Verteilung der Aufsichtsratsposten bei deutschen Fahrzeugherstellern und Energielieferanten. „Da gibt es deutliche Überschneidungen und die haben dazu geführt, dass deutsche Fahrzeughersteller auf Erdgas setzen anstatt auf Autogas. Und dass jetzt der Umweltschutz mit Füßen getreten wird, interessiert weder die Politik noch die Erdgasversorger“, kritisiert Vleeshhouwer.

„Wir appellieren an den Deutschen Bundestag, diesen Beschluss zu korrigieren“, kommentiert Rainer Scharr, Vorsitzender des Deutschen Verbands Flüssiggas (DVFG), die Entscheidung und verweist ebenfalls auf den umwelt- und klimapolitischen Beitrag des Alternativkraftstoffs Autogas. Im Vergleich zu fossilen Benzin-Kraftstoffen spare der Alternativkraftstoff 21 Prozent CO2 ein, im Vergleich zu fossilen Dieselkraftstoffen 23 Prozent CO2 pro Energieeinheit.

Auch nach einer aktuellen Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes schlägt Autogas die Otto- und Dieselkraftstoffe bei Emissionstests unter realen Fahrbedingungen deutlich. So fiel die Stickoxidbelastung durch Autogas bis zu 51 Mal niedriger aus als durch Diesel. Bei der Untersuchung von Feinstaubpartikeln reduzierte sich der Ausstoß im Autogasbetrieb sogar um bis zu 98 Prozent im Vergleich zu Diesel.

Diese Ergebnisse verdeutlichen, wie groß das Potenzial von Autogas mit Blick auf die Luftreinhaltung ist“, erklärt Wolfgang Fritsch-Albert, Vorstandsvorsitzender der Westfalen-Gruppe, die seit Jahren mit der Hochschule kooperiert. Und nicht zuletzt zeigt ein Blick auf die Zahlen, welcher Gaskraftstoff tatsächlich zum Klimaschutz beiträgt: Derzeit stehen 500.000 LPG-Fahrzeuge und 7.000 Tankstellen knapp 100.000 CNG-Fahrzeugen und 900 Tankstellen gegenüber.

Schleichender Tod

Ob die Fortführung des Steuervorteils für Erdgas, der bisher wenig bewirkt hat, dem Kraftstoff nun den von der Erdgaswirtschaft erhofften Anschub gibt, ist fraglich. Der Preis für Autogas würde nach dem Ende der Steuervergünstigung noch rund 20 Cent pro Liter unter dem von Ottokraftstoff liegen. Doch angesichts einer durchschnittlichen Investition von 2.500 Euro für eine PKW-LPG-Anlage und einem leichten Mehrverbrauch würde sich der Umstieg auf Autogas für den Verbraucher kaum noch lohnen. „Für 7.000 Auto­gastankstellen wäre es das schleichende Todesurteil“, befürchtet ZTG-Geschäftsführer Ziegner. (Dagmar Ziegner)

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