Ein Jahr in Betrieb: Kartellamt lobt Markttransparenzstelle

27.11.2014 12:36 Uhr
Andreas_Mundt_Bundeskartellamt
Kartellamtschef Andreas Mundt.
© Foto: Bundeskartellamt

Das Bundeskartellamt hat die vor einem Jahr gestartete bundesweite Markttransparenzstelle gelobt. Die Einrichtung helfe den Autofahrern, die günstigste Tankstelle zu finden und so beim Tanken ganz konkret Geld zu sparen.

Bis zu 20 Cent pro Liter liegen an manchen Tagen zwischen der teuersten und der günstigsten Tankstelle einer Stadt. Damit man die Billig-Tankstelle auch findet, sammelt das Bundeskartellamt seit gut einem Jahr bundesweit die Preisdaten und gibt sie kostenlos an Verbraucherportale weiter - sehr zur Freude der Autofahrer und der Verbraucherschützer. Am 1. Dezember ist die Markttransparenzstelle (MTS) genau ein Jahr im Regelbetrieb.

"Wir begrüßen das ausdrücklich und raten allen Autofahrer, das Angebot zu nutzen und die Preise zu vergleichen", sagte ein Sprecher der Verbraucherzentrale NRW. Mindestens 60 Euro Einsparmöglichkeit pro Jahr hatte die Verbraucherzentrale vor einem Jahr prognostiziert - sehr konservativ gerechnet mit fünf Cent Preisunterschied pro Liter und Durchschnittswerten für Spritverbrauch und Jahreskilometerleistung. Nun zeige sich, dass die Preisdifferenzen zwischen günstigen und teueren Tankstellen und damit die Einsparmöglichkeiten eher deutlich größer seien, sagte der Sprecher.

Dem Bundeskartellamt geht es bei der Preisvergleichsstelle nicht nur um mehr Marktinformationen für Autofahrer. Die Wettbewerbshüter haben die großen Ölkonzerne schon länger scharf im Auge. 2011 sprach die Behörde nach einer groß angelegten Untersuchung von einem "marktbeherrschenden Oligopol" der fünf größten Marken und ihrer Konzerne BP (Aral), ConocoPhilipps (JET), ExxonMobil (Esso), Shell und Total in Deutschland. Hinweise für direkte Preisabsprachen gebe es zwar nicht, aber ein Muster regelmäßiger, über den Tag verteilter Preisschwankungen. Den Konzernen gehe es auch um Gewinnsteigerung, hieß es in der Untersuchung.

Die neue Möglichkeit zum Preisvergleich sollte deshalb auch den Druck auf die Mineralölkonzerne erhöhen, wettbewerbskonforme Preise zu setzen, sagte Kartellamtschef Andreas Mundt am 27. November. Die nach einem Jahr MTS ausgewerteten Preise scheinen das zu belegen: Pünktlich wie die Uhr steigen danach - von vereinzelten Ausnahmen abgesehen - bundesweit ab 20 Uhr abends die Preise - zunächst bei Aral und Shell, ab 21 Uhr bei Esso und Total, wieder zwei Stunden später bei JET. Im Laufe des folgenden Tages sinkt der Preis dann in mehreren Stufen. Wer die richtige Zeit nutzt, kann deshalb laut Kartellamt schon sieben bis zehn Cent pro Liter sparen. Wer obendrein noch die günstigste Tankstelle der Stadt ansteuert - was viele Handy-Apps und Computeranwendungen leicht machen - kommt auf 15 bis 20 Cent pro Liter.

Die Mineralölbranche erklärt die starken Preisschwankungen mit der heftigen Konkurrenz unter den Tankstellen. Mit ihren Preissenkungen versuchten die Tankstellen, sich gegenseitig Kunden abzujagen, wobei sie manchmal sogar unter die eigene Kostengrenze rutschten. Ab diesem Punkt seien die Erhöhungen nötig, um überhaupt zu überleben, sagte Verbandssprecher Alexander von Gersdorff.

Derzeit haben die Tankstellenpreise dank des immer weiter fallenden Ölpreises den niedrigsten Stand seit vier Jahren erreicht. Aus den Stammtischdiskussionen ist das Thema damit schon seit Monaten heraus, sagen Fachleute wie der ADAC-Kraftstoffexperte Jürgen Albrecht.

Dennoch sei das Mehr an Transparenz an den Tankstellen ein großer Erfolg, denn der Kraftstoffpreis ist ein gewaltiger Hebel: Ein Cent Preisunterschied bringt auf Deutschland und ein ganzes Jahr hochgerechnet 600 Millionen Euro, sagte Albrecht.

Viele Autofahrer haben sich bereits Apps heruntergeladen - beim ADAC etwa mehr als zwei Millionen. Das Verbraucherportal Clever tanken, das sich selbst als Marktführer der Branche bezeichnet, verzeichnet monatlich mehr als acht Millionen Besuche im Netz und per Handy. Die Unternehmen verdienen durch Werbung auf den Seiten, teils durch Bezahl-Apps. Mehr als 250 Anträge von Verbraucherdiensten zur Zusammenarbeit mit der Marktstelle sind in Bonn bereits eingegangen - nebenbei hat die Marktstelle damit eine eigene kleine Dienstleistungsbranche ins Leben gerufen. (dpa/beg)

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