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Baumstreit vor dem BGH: Im Zweifel für die Pappel

07.03.2014 08:51 Uhr
Für die Pappel, deren Ast ein Auto beschädigt hatte, kam ihr "Freispruch" zu spät. Sie wurde gefällt.
© Foto: sttf/Fotolia

Wer haftet, wenn der Ast einer Pappel ein Auto beschädigt? Drei Instanzen lang stritt ein Kläger aus Thüringen mit der Stadt Suhl. Die große Frage dahinter: Wer zahlt für das allgemeine Lebensrisiko?

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Vor dem Plattenbau, in dem Michael Baumgarten wohnt, ist ein Parkplatz. Davor stand eine Reihe von Pappeln, seit 50 Jahren oder länger. Es waren gesunde Bäume, doch ab und zu fiel ein Ast herunter - das kann vorkommen bei Pappeln. Baumgarten parkte sein Auto auf dem Parkplatz, einen zwölf Jahre alten Geländewagen mit rund 180.000 Kilometern auf dem Tacho. Eines Nachts im Juni 2011 fiel ein Ast auf das Auto. Der Wagen hatte danach ein paar Dellen.

Es war der Anfang eines langen Rechtsstreits, der am 6. März 2014 vor dem Bundesgerichtshof sein Ende fand: Baumgarten verklagte die Stadt. Er wollte den Schaden an seinem Auto ersetzt haben. 2.660 Euro würde die Reparatur kosten, sagte ein Gutachter. Das Gutachten kostete weitere 488 Euro, dazu kam eine Entschädigung für den Nutzungsausfall während der voraussichtlichen Reparaturdauer, eine Auslagenpauschale - insgesamt 3.278,20 Euro Schadenersatz plus "Rechtsverfolgungskosten" von knapp 360 Euro. Ob das Auto noch so viel wert war? "Das war hart an der Grenze", sagt Baumgarten.

Die Stadt, so die Begründung der Klage, habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Sie hätte entweder Warnschilder aufstellen oder die Bäume entfernen müssen, hieß es in der Klage.

Die Rechtsprechung über die Sicherungspflichten von Gemeinden fülle "ganze Regalwände", sagt Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Er hält diese Entwicklung für bedenklich. Sie fördere eine "Vollkaskomentalität der Menschen, die alle Risiken von Vater Staat gelöst und getragen wissen will".

"Man versucht immer wieder, die Verkehrssicherungspflicht auf neue Bereiche auszudehnen", sagt der Direktor Amtsgericht Bielefeld, Jens Gnisa. Er hat in der Praxis oft mit solchen Fällen zu tun. "Klassisch sind die Winterfälle, wenn jemand verschneiter oder eisglatter Straße ausrutscht. Inzwischen klagen auch Leute, die auf nassem Laub gestürzt sind. Dass es so etwas wie ein allgemeines Lebensrisiko gibt, für das kein anderer verantwortlich ist - dieser Gedanke findet nicht mehr so viel Zustimmung."

In erster Instanz hat Baumgarten keinen Erfolg. Das Landgericht weist die Klage ab. Der Baum sei gesund gewesen, die Stadt habe ihn ausreichend oft kontrolliert. Die Stadt habe den Schaden nicht verschuldet. Doch der Kfz-Mechatroniker hat eine Rechtsschutzversicherung. Er geht in die nächste Instanz. "Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, ist eher geneigt, einen Prozess zu führen", sagt Amtsgerichtsdirektor Gnisa. "Dann habe ich ja nichts zu verlieren."

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