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Automatische Fahrzeugerkennung: Tanken zwischen Flugzeugen

12.07.2017 09:21 Uhr
Automatische Fahrzeugerkennung: Tanken zwischen Flugzeugen
Kraftstoffoase: Inmitten von umherrollenden Flugzeugen tanken an dieser Betriebstankstelle die Servicefahrzeuge des Münchener Flughafens schneller und sicherer.
© Foto: Michael Simon

Kofferwagen, Flugzeugtreppen und Fäkalienlaster tanken an den beiden Betriebstankstellen am Münchener Flughafen seit kurzem schneller und sicherer. Die Firmen Hectronic und GHT haben rund 1.300 Fahrzeuge für die automatische Fahrzeugerkennung fit gemacht. Doch auch an Straßentankstellen wäre das System denkbar.

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Menschen, die eine Vorliebe für außergewöhnliche Fahrzeuge haben, kommen an einem Flughafen ähnlich auf ihre Kosten wie Tierfreunde, die sich an der Artenvielfalt auf einer Safari ergötzen. Von giraffengroßen Flugzeugtreppen (den Gangways) über umherschlängelnde Gelenkbusse bis hin zu nashornbulligen Flugzeugschleppern reicht die Artenvielfalt. Bei aller Verschiedenheit, eines eint sie: Sie alle müssen ihren Kraftstoffdurst stillen, um die großen und kleinen Vögel des Himmels und die ihnen entsteigenden Menschen zu versorgen.

Und da kommt am zweitgrößten deutschen Flughafen, dem Franz Josef Strauß gewidmeten Münchener Airport, einiges an Kraftstoff zusammen. 5,5 bis 6,5 Millionen Liter pro Jahr schlucken die rund 1.800 externen und internen Fahrzeuge an den beiden Betriebstankstellen auf dem Flughafengelände. Keine Frage, hier ist ein effektives Betankungssystem gefragt, um Staus an der Zapfsäule und damit bei der Abfertigung zu vermeiden. „Weil das alte System schon die Flughafeneröffnung 1992 miterlebt hatte, war eine Modernisierung dringend geboten“, erklärt Wolfgang Fuchs, der für den Flughafen den Servicebereich Technik verantwortet.

Beim Ausschreibungsverfahren überzeugte das System Petro-Point der Firma Hectronic die Verantwortlichen. Vertriebsleiter Sven Stottmeier konnte dem Kunden einen reibungslosen Übergang vom alten auf das neue System garantieren, nicht zuletzt weil er mit den Flughäfen in Stuttgart und Düsseldorf sowie Charles de Gaulle und Orly in Paris namhafte Referenzen vorwies. Wie bisher nahm Hectronic die Umstellung stufenweise vor, sodass während der eineinhalbjährigen Projektzeit parallel die Betankung mit alter und neuer Technik möglich war.

Rund 1.300 Fahrzeuge vertaggt

Denn der Flughafenfuhrpark umfasst nicht weniger als 1.300 interne Flughafenfahrzeuge, bei denen nach und nach jeweils ein Etikett am Tankdeckel installiert werden musste, die sogenannten Tags. (Wofür diese gut sind, lesen Sie gleich.) Die Installationen von Tanktechnik und Tags nahm Hectronic aber nicht selbst vor: „Der entscheidende Vorteil bei diesem Projekt war, dass die Firma GHT nicht nur unser Systemhändler ist, sondern auch im Bereich Fahrzeugtechnik aktiv ist, wodurch die Fahrzeuge von echtem Fachpersonal ausgerüstet wurden. Das gibt es so in der Branche kaum“, legt Stottmeier dar.

Für den Partner GHT zeichnete Frank Kleen für dieses Projekt verantwortlich. „Das Schöne an dem neuen Tanksystem ist, dass kein Fahrer mehr etwas falsch machen kann. Früher mussten die Kilometerstände zur Plausibilitätsprüfung noch von Hand eingetippt werden – jetzt muss der Fahrer nur noch an die Säule fahren, tanken und kann sofort weiter“, schildert Kleen. Die dahinterstehende Technik ist natürlich bei weitem diffiziler: Fährt ein Flughafenfahrzeug auf den Forecourt einer der beiden Betriebstankstellen, kommuniziert ein eingebauter Sender mit dem Stationsempfänger, der als Antenne auf dem Tankautomaten installiert ist. Das Fahrzeug wird so vom System erkannt. Führt der Flughafenmitarbeiter dann die Zapfpistole an den Fahrzeugtank heran, scannt die Nozzle-Einheit ein am Einfüllstutzen befestigtes Etikett: den Tag. Per Funk überträgt die Zapfpistole nun die Fahrzeugerkennung an den Stationsempfänger, während gleichzeitig der im Fahrzeug verbaute Sender den Kilometerstand oder die Betriebsstunden automatisch an den Empfänger sendet.

„Es war uns enorm wichtig, dass wir diese Daten bekommen“, betont Fuchs. „Denn dadurch lassen sich auffallend hohe Spritverbräuche erkennen, die meist auf technische Probleme zurückzuführen sind. Wir können dann schnell Maßnahmen wie Reparaturen einleiten.“ Rund 400 Fahrzeuge senden die Kilometerstände, die anderen 900 wie Treppen- und Kofferfahrzeuge melden ihre Betriebsstunden, um die Steuerung der Wartungen zu vereinfachen.

Im letzten Schritt leitet der Stationsempfänger die Daten an den Tankautomaten weiter oder – wenn das System an einer öffentlichen Tankstelle integriert wird – an den Forecourt-Controller. Der Empfänger autorisiert das Fahrzeug (dann leuchtet die LED auf der Zapfpistole grün) oder weist es ab; dann blinkt die LED weiter rot. Das kommt zum Beispiel vor, wenn über die Verwaltungssoftware im Tag hinterlegt wurde, dass es sich um ein Diesel-Fahrzeug handelt, und der Fahrer im Begriff ist, Benzin zu tanken.

Betankung bricht sofort ab

Bei positiver Autorisierung wird die Pumpe der Zapfsäule freigeschaltet und der Tankvorgang beginnt. Sobald der Fahrer die Pistole aus dem Einfüllstutzen zieht, wird der Tankvorgang sofort unterbrochen – zum Schutz vor Kriminellen, die für den Privatgebrauch Kraftstoff abzwacken wollen. Schwund und Missbrauch werden so effektiv unterbunden. Abschließend gehen die Daten von der Betankung an das Backofficesystem, was dem Fuhrparkmanager eine exakte Verbrauchsübersicht ermöglicht. Weil sich die Fahrer nicht mehr ausweisen müssen, können in kürzerer Zeit mehr Fahrzeuge tanken.

Flugzeugtreppen und andere große Maschinen werden übrigens von einem mobilen Tankwagen aus dessen 25 Meter langem Schlauch versorgt. Die Autorisierung läuft hier ebenfalls über die Nozzle-Einheit und den Tag am Wagen – die Daten werden jedoch nicht unmittelbar übertragen, sondern einmal täglich per WLAN abgeholt.

Doch nicht nur wie hier am Flughafen München, also in einem geschlossenen Kosmos einer Betriebstankstelle, ist das Erkennungssystem Petro-Point nutzbar. Dank des Auskommens ohne Kabel ließe sich das System auch in eine bestehende Tankstellenarchitektur integrieren. Für Tankstellen, die große Fuhrparks von Speditionen oder öffentliche Verkehrsbetriebe als Kunden haben, wäre Petro-Point zur Kundenbindung eine Überlegung wert.

Im Störfall kommt die Hilfe im Koffer

Acht Wochen nach Abnahme hat der Flughafen wenig Grund zur Unzufriedenheit: „Es kann immer mal passieren, dass der Sender oder der Tag ausfällt – das ist nie ganz auszuschließen. Hier streben wir mit unseren Partnern einen noch stabileren Betrieb an“, führt Fluhafenrepräsentant Fuchs aus. Damit ein Fahrzeug nicht lange ausfällt, weil es an der Zapfsäule wegen eines technischen Fehlers nicht autorisiert wurde, haben die Dienstleister einen speziellen Koffer entwickelt, der alle Komponenten des Tanksystems abbildet. Mit diesem kann ein Techniker schnell am Zapfpunkt den Fehler nachvollziehen und beheben. „Es kann schon mal passieren, dass bei einer 19-stelligen Nummer ein Zahlendreher drin ist, wodurch ein Fahrzeug dann keine Tankfreigabe erhält“, sagt Fuchs. Aber das sei inzwischen die Ausnahme.

„Insgesamt war der schleichende Prozess Gold wert“, resümiert Fuchs. „Dadurch, dass das System beide Betankungsprozesse erkannt hat, hatten wir keine Ausfallzeiten, kein Fahrzeug ist stehen geblieben.“ Und das wäre im tierreichähnlichen Flughafenbiotop tatsächlich fatal.

(Autor: Michael Simon; der Artikel erschien in Sprit+ 7.2017)

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