Ölkonzerne sollen in Europa künftig in voller Höhe für Umweltschäden nach einem Unfall auf einer Bohrinsel haften. Die EU-Kommission will die Regeln für Betreiber von Förderanlagen auf hoher See verschärfen. Einen entsprechenden Vorschlag legte EU-Energiekommissar Günther Oettinger am Donnerstag in Brüssel vor. Die Regeln dehnen den Haftungsrahmen nach Unfällen wie einer Ölpest auf alle Förderanlagen aus - bislang galt er nur für Anlagen in Küstennähe, die lediglich einen Bruchteil ausmachen. Brüssel will auch die Vergabe von Lizenzen für Tiefseebohrungen verschärfen. "Die Firmen sind für Schäden und für die Beseitigung des Schadens verantwortlich und müssen dafür zahlen", sagte Oettinger. Damit der Vorschlag Gesetzeskraft erhält, müssen Europaparlament und Mitgliedsstaaten zustimmen. Nach Oettingers Vorstellungen könnten die neuen Regeln von 2013 an für alle neuen und von 2014 an für alle bestehenden Anlagen gelten. Bislang existieren keine einheitlichen EU-Regeln für Ölplattformen. In europäischen Gewässern gibt es rund tausend Bohrinseln, die meisten davon in Großbritannien. "Auch in Europa entsprechen nicht alle Offshore-Anlagen dem neuesten Stand der Technik, sondern sind veraltet", begründete Oettinger seinen Vorstoß. "Das Risiko bei Bohrungen nach Öl und Erdgas steigt deswegen an, weil immer tiefer im Meer gebohrt wird." Inzwischen seien Ölfirmen in 1.600 Metern Tiefe in Europa aktiv. Alle Bohrungen von mehr als 200 Metern Tiefe sind umstritten, weil dort nur noch Roboter eingesetzt werden können und die Risiken hoch sind. Die Schäden nach einem solchen Unfall schätzen die EU-Experten auf jährlich bis zu 915 Millionen Euro. Nach den neuen Regeln müssten Konzerne für jede Bohrinsel eine detaillierte Risikoanalyse und Notfallpläne bei den nationalen Aufsichtsbehörden einreichen. Sie müssten belegen, dass sie im Extremfall auftretende Kosten tragen können. Alle eingesetzten Geräte sollen von unabhängiger Stelle zertifiziert und regelmäßig geprüft werden. Mit dem Vorschlag reagiert die EU-Kommission auf die Ölkatastrophe der Bohrinsel "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko vom Frühjahr 2010. Damals war die vom Ölkonzern BP betriebene Plattform in Brand geraten und gesunken. Rund 780 Millionen Liter Rohöl flossen ins Meer, bevor BP das Leck schließen konnte. Der Schaden wird auf mehrere Milliarden Dollar geschätzt. Im vergangenen Jahr wollte die EU-Kommission ein Moratorium für Tiefseebohrungen durchsetzen. Damit war sie aber am Widerstand der Ölindustrie gescheitert. (dpa/beg)
Auf Bohrinseln: Ölkonzerne sollen in voller Höhe für Unfälle haften

Nach Plänen der EU-Kommission müssten Konzerne für jede Bohrinsel eine detaillierte Risikoanalyse und Notfallpläne bei den nationalen Aufsichtsbehörden einreichen. Sie müssten belegen, dass sie im Extremfall auftretende Kosten tragen können.