Öl ist der Schmierstoff der Weltwirtschaft. So positiv sein Preissturz kurzfristig für die globale Konjunktur insgesamt sein mag, so bitter könnten aber die langfristigen Folgen ausfallen. Großen Teilen der exportlastigen deutschen Wirtschaft spielt der aktuelle Einbruch bei den Kosten für das "schwarze Gold" in die Karten. Doch zugleich gibt es Zweifel, ob der Trend länger anhält.
"Die weltweite Öl- und Gasindustrie geht in ein herausforderndes Jahr 2015, das von hartnäckig tiefen Ölpreisen gekennzeichnet ist", heißt es bei der Ratingagentur Moody's. Erkundungs- und Förderunternehmen würden wohl "zuerst getroffen" - aber auch Serviceanbieter sowie Pipeline-, Transport- oder Lagerfirmen dürften die Dominoeffekte verringerter Ausgaben bei den Bohrkonzernen spüren. Langfristig sehen Analysten der US-Investmentbank Goldman Sachs Investitionen im Wert von bis zu einer Billion Dollar in Gefahr.
Noch sind die negativen Folgen relativ gering, weil die Investitionszyklen in der Branche sehr lang sind. Aber vor allem in den USA, die mit Hilfe ihres Fracking-Booms die globale Ölschwemme mitauslösten, können verlorene Umsätze schon jetzt das Geschäft unrentabel machen. Erste US-Firmen kündigten ihren Mitarbeitern, der Stahlkonzern US Steel plant die Schließung von zwei Rohrwerken. Vor allem kleineren Förderbetrieben droht wegen der Tiefpreise die Luft auszugehen, die Finanzierung neuer Projekte wackelt.
Selbst wenn die Ölpreise 2015 im Schnitt wieder 75 Dollar pro Barrel erreichen sollten, dürften nordamerikanische Förderer ihre Kapitalausgaben um 20 Prozent im Vergleich zu 2014 verringern, schätzt Moody's-Experte Steven Wood. Seit dem vorigen Sommer sind die Preise für Öl der Sorten Brent und WTI um über die Hälfte auf unter 50 Euro je Barrel eingebrochen. Die meisten Experten aber glauben, dass die US-Wirtschaft insgesamt vom Preisverfall eher profitiert, weil die Menschen mehr Geld für andere Konsumausgaben übrig haben.
Investitions-Stau und Job-Ängste: Die Kehrseite des Ölpreisverfalls
Der Absturz der Ölpreise lässt Verbraucher jubeln. Neben dem Risiko einer Deflation gibt es aber weitere Gefahren: Investitionskürzungen in Milliardenhöhe drohen, Kredite und Jobs könnten auf der Kippe stehen. Schadet der Preisrutsch am Ende vielen mehr, als er nutzt?