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Rat vom Fachanwalt: Finanzielle Risiken durch Urlaub

04.08.2025 09:23 Uhr | Lesezeit: 3 min
Aribert Panzer und Joachim Zobel, Fachanwälte für Arbeitsrecht.
Aribert Panzer und Joachim Zobel, Fachanwälte für Arbeitsrecht.
© Foto: Schultze & Braun

Tankstellenunternehmer sollten ihre Angestellten regelmäßig daran erinnern, Urlaub zu nehmen. Für nicht genommene Urlaubstage müssen Unternehmen Rückstellungen bilden.

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Nach den Ferien ist vor den Ferien, doch auch unabhängig von der Haupturlaubszeit müssen sich Arbeitgeber mit dem Thema Urlaub befassen – gerade auch, um finanzielle Risiken für ihr Unternehmen zu vermeiden. Joachim Zobel und Aribert Panzer, Fachanwälte für Arbeitsrecht am Nürnberger Standort der bundesweit vertretenen Kanzlei Schultze & Braun erläutern, worauf Arbeitgeber beim Thema Urlaub achten sollten.

Resturlaub muss jahrelang ausgezahlt werden

Grundsätzlich ist es so, dass Unternehmen für jeden Urlaubstag, den ein Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr nicht und damit über den Jahreswechsel mitnimmt, finanzielle Rückstellungen bilden muss. "Denn wenn der Arbeitnehmer mit Resturlaub kündigt oder ihm gekündigt werden muss, kann es sein, dass der Resturlaub ausgezahlt werden muss – im Fall der Fälle auch noch bis zu drei Jahre nach dem Ausscheiden. In solchen Fällen zahlt sich ein entsprechendes finanzielles Polster für den Arbeitgeber am Ende im wahrsten Sinne des Wortes aus", erläutern Zobel und Panzer. "Allerdings können die Urlaubs-Rückstellungen die Firmenbilanz über einen langen Zeitraum negativ beeinflussen. Denn wenn sie aufgelöst werden – etwa, weil der gesamte Urlaub genommen wurde – erhöhen sie den zu versteuernden Gewinn und damit die Steuerlast des Unternehmens."

Das sagt das Bundesarbeitsgericht

Aber nicht nur finanziell, sondern auch operativ gesehen sind die Themen Urlaub und vor allem die sogenannte Verjährung von Urlaubsansprüchen für Arbeitgeber inzwischen zu einer enormen Herausforderung geworden. Denn Arbeitgeber müssen dafür Sorge tragen, dass ihre Arbeitnehmer ihren Urlaub wirklich wahrnehmen. Was das bedeutet, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) so definiert: Ein Arbeitgeber muss seine Arbeitnehmer formal und rechtzeitig darauf hinweisen, dass sie noch Urlaubstage übrig haben und diese verfallen können. "Wichtig ist dabei, dass der Arbeitgeber auch nachweisen kann, dass er seine Arbeitnehmer an ihre verbleibenden Urlaubstage und den möglichen Verfall und die Verjährung erinnert hat", sagen Zobel und Panzer. "Denn nur dann verfällt der Jahresurlaub der Arbeitnehmer zum Ende des Jahres beziehungsweise zum 31. März des Folgejahres oder verjährt nach drei Jahren." Wichtig: Nach zwei Entscheidungen des BAG von Ende 2022 und Anfang 2023 (siehe Kasten) müssen Arbeitgeber zusätzlich noch darauf achten, dass sie ihre Arbeitnehmer auf die Verjährung ihrer Urlaubsansprüche nach drei Jahren aufmerksam machen.

Was bedeutet "formal und rechtzeitig"?

"Die Informations-Pflicht des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern, die sogenannte Hinweisobliegenheit, ist leider aber konkret unkonkret ausgestaltet", ordnen Zobel und Panzer ein. "Es ist schlichtweg unklar, was ,formal und rechtzeitig' hinweisen ganz konkret heißt." Das führt dazu, dass die Antwort auf die Frage "Wann erinnere ich meine Arbeitnehmer an ihren Urlaub?" nicht ohne Weiteres zu beantworten ist. Erinnert der Arbeitgeber zum Beispiel zu früh im Jahr – etwa bereits im Frühjahr – fehlt dem Hinweis die Wirkungskraft. Je näher wiederum das Jahresende rückt, desto wirksamer würden Erinnerungen oder gut gemeinte Warnungen vor einem Urlaubsverfall.

Allerdings kommt es dann mitunter vor, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub aus betrieblichen Gründen nicht mehr im laufenden Geschäfts- und Kalenderjahr nehmen kann. "Es ist daher für Arbeitgeber ratsam, das Thema Urlaub regelmäßig anzusprechen, beispielsweise alle drei Monate", raten Zobel und Panzer. "Der Vorteil bei solch einem regelmäßigen Turnus ist, dass alle informiert bleiben und das Thema und die Nerven der Beteiligten auch nicht überstrapaziert werden."


Grundsatzentscheidungen des BAG

Vor allem mit zwei Grundsatzentscheidungen hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 20. Dezember 2022 und 31. Januar 2023 das nationale Urlaubsrecht weiter den europäischen Vorgaben angepasst. Bereits 2018 hat der EuGH die EU-Arbeitszeit-Richtlinie (RL 2003/88/EG) dahingehend ausgelegt, dass Arbeitgeber unter anderem verpflichtet sind, konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass ihre Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage sind, ihren bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Sie haben Arbeitnehmer - erforderlichenfalls förmlich - dazu aufzufordern, dies zu tun, und ihnen klar und rechtzeitig mitzuteilen, dass der nicht genommene Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines zulässigen Übertragungszeitraums verfallen wird (sogenannte Mitwirkungsobliegenheit).
Am 31. Januar 2023 haben die Richter entschieden, dass die finanzielle Abgeltung von nicht genommenem Urlaub weiterhin nach drei Jahren verjährt (Aktenzeichen: 9 AZR 456/20) und das auch ohne regelmäßige Erinnerung, allerdings nur, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Die Frist für die Verjährung beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.
Das BAG-Urteil von Ende Januar 2023 betrifft die finanzielle Abgeltung von Urlaubsansprüchen, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer getrennte Wege gehen. Es ändert nichts daran, dass Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer auf Basis der Entscheidung des BAG vom 20. Dezember 2022 (9 AZR 245/19 sowie 9 AZR 266/20) regelmäßig darauf hinweisen müssen, ihren Urlaub im jeweiligen Kalenderjahr zu nehmen – andernfalls verfallen und verjähren die Urlaubsansprüche nicht.


Auf der sicheren Seite

Wichtig ist, dass ein Arbeitgeber bei diesen Hinweisen aber zum Beispiel auch langzeitkranke Arbeitnehmer informiert – etwa für das Kalenderjahr, in dessen Lauf die Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist. "Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Arbeitgeber die Information ihrer Arbeitnehmer grundsätzlich schriftlich dokumentieren und sich von den Arbeitnehmern innerhalb einer angemessenen Frist bestätigen lassen, dass sie die Information erhalten und verstanden haben", sagen die beiden Experten für das Thema Urlaub.

Das gemeinsame Ziel von Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollte es sein, die Urlaubswünsche abzufragen, um diese bei der Festlegung des Urlaubs mit den betrieblichen Notwendigkeiten abzustimmen. "Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich austauschen, profitieren beide Seiten davon und das Thema Urlaubsplanung ist - trotz ungenauer Definition - keine unlösbare Aufgabe", fassen Zobel und Panzer zusammen.

Insolvenz oder Pfändung des Arbeitnehmers

Urlaubsgeld, das ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber zusätzlich zum regulären Gehalt erhält, bleibt ihm im Fall einer Privatinsolvenz oder Lohnpfändung in voller Höhe erhalten und ist nicht pfändbar – aber nur, solange das Urlaubsgeld innerhalb der üblichen Höhe liegt. Das Urlaubsentgelt, das ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber während des Urlaubs als gesetzliche Entgeltfortzahlung erhält, ist als normales Gehalt hingegen bis zur Pfändungsfreigrenze von 1.555,00 Euro (seit dem 1.7.2025) pfändbar.

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