Wie eine durchdachte Payment-Strategie zum Wettbewerbsvorteil werden kann - ein Gastbeitrag von Heike Lange, Geschäftsführerin der Initiative Deutsche Zahlungssysteme.
Wann hat das letzte Mal einer Ihrer Kunden bar bezahlt? Falls Sie mit der Antwort zögern, sind Sie in guter Gesellschaft: Nur noch jeder vierte Kunde greift zum Bargeld, wie die Jahreserhebung 2024 von Uniti Bundesverband EnergieMittelstand enthüllt. Deshalb ist es für Tankstellenbetreiber jetzt umso wichtiger, sich mit Bezahlsystemen und den damit verbundenen Kosten zu beschäftigen. Denn Karte ist nicht gleich Karte.
Tankstelle vs. Einzelhandel
Das Bezahlen ist stetig im Wandel. Wo früher Scheine und Bargeld dominierten, ist heute Kartenzahlung, ob mit physischer Karte oder mobil, längst Standard. Dabei haben sich Tankstellen zu Vorreitern der digitalen Bezahlrevolution entwickelt, wie die Uniti-Jahreserhebung 2024, die wichtigste Erhebung zu Tankstellen und Paymentsystemen in Deutschland, zeigt: Im vergangenen Jahr sind Bargeldzahlungen an Tankstellen erstmals unter 25 Prozent gefallen. Im Vergleich: Im stationären Einzelhandel wird noch rund jeder zweite Einkauf (54,6 Prozent) bar bezahlt (Quelle: EHI-Studie Zahlungssysteme im Einzelhandel 2025).
Wie bezahlen die Kunden an der Tankstelle am liebsten? Fast die Hälfte aller Zahlungen (45 Prozent) machen Debitkarten wie die Girocard aus. Auf Platz zwei folgt das Bargeld (25 Prozent). Mit einer Tankkarte wird jede fünfte Zahlung beglichen, rund jede zehnte mit einer Kreditkarte.
Was vielen Betreibern nicht bewusst ist: Die verschiedenen Bezahlsysteme erzeugen unterschiedliche Kosten für ihr Geschäft. Deshalb ist es für Pächter oder Betreiber umso wichtiger, sich mit dem angebotenen Payment-Mix auseinanderzusetzen - für zufriedene Kunden und maximale Kosteneffizienz.
Die Bargeld-Illusion
Noch immer wiegen sich viele in der Illusion, Bargeld verursache keine Kosten. Doch das ist ein teurer Irrtum, wie die aktuelle Studie "Gesamtkosten von Zahlungsverfahren 2025" unseres Mitglieds ibi research eindrucksvoll belegt. Denn die scheinbar transparenten Kosten für Bargeld können schnell die tatsächlich sichtbaren und somit sogar genau nachvollziehbaren Transaktionskosten elektronischer Zahlverfahren übersteigen.
Konkret fallen bei Bargeld oft folgende übersehene Kostenpunkte an: Neben den Personalkosten für das Zählen und Sortieren der Scheine und Münzen werden die Transportkosten zur Bank, Versicherungsprämien oder Tresormiete fällig. Hinzu kommt der Schwund durch Falschgeld oder Kassendifferenzen. Rechnet man alle Faktoren unter Zugrundelegung des Mindestlohns zusammen, kostet Bargeld ein durchschnittliches Unternehmen mindestens 0,46 Prozent vom Warenkorb des Kunden. Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass diese Kosten deutlich höher ausfallen können, wenn mehr als der Mindestlohn entrichtet wird.
So wird an der Tankstelle bezahlt
Debitkarte: 45 Prozent
Bargeld: 25 Prozent
Tankkarte: 20 Prozent
Kreditkarte: 10 Prozent
Quelle: Uniti-Jahreserhebung 2024
Die Karte macht den Unterschied
Und wie sieht es mit der Kartenzahlung aus? Da die deutliche Mehrheit der Zahlungen mit Karten entrichtet wird, gibt es hier auch die größten Einsparpotenziale für Betreiber oder Pächter von Tankstellen. Wichtig zu wissen: Hier macht die Art der Karte den Unterschied.
Besonders günstig ist die Girocard, die manche noch unter dem alten Namen "ec-Karte" kennen dürften. Sie ist die Debitkarte der deutschen Banken und Sparkassen - und mit rund 100 Millionen ausgegebenen Karten auch die Karte, die an den Ladenkassen am häufigsten gezückt wird – an der Tankstelle wie auch im stationären Einzelhandel. Und das zahlt sich aus. Denn wie die Hochrechnungen von ibi research ergeben, werden bei Girocard-Zahlungen Kosten in Höhe von nur 0,6 Prozent des Warenkorbs fällig. Damit liegen die Kosten der Transaktionen mit der Girocard auf einem ähnlichen Niveau wie Bargeldzahlungen. Das dürfte neben der weiten Verbreitung bei den Kunden ein wesentlicher Grund dafür sein, warum rund neun von zehn Händlern immer Bargeld und die Girocard als Bezahllösung im Angebot haben (Quelle: ibi research: Gesamtkosten von Zahlungsverfahren 2025).
Diese Karte kann teuer werden
Wenn Kunden mit internationalen Karten bezahlen, kann es teuer werden: Internationale Debitkarten wie beispielsweise eine Debit Mastercard oder eine Visa Debit kosten mit 1,24 Prozent doppelt so viel, Kreditkarten schlagen sogar noch stärker zu Buche. Die direkte Gegenüberstellung durch die Studie zeigt: Bargeld und die Girocard verursachen die geringsten Kosten, während internationale Debit- und Kreditkarten deutlich kostspieliger sind. Die Abrechnung kann allerdings je nach Vertrag mit dem Netzbetreiber variieren - hier gibt es oft verschiedene Modelle, die sich je nach Größe des Betriebs und Bezahlverhalten der Kunden lohnen können. Deshalb der Rat an alle Tankstellenbetreiber, die eigenen Bezahlsysteme und die Verträge mit den Dienstleistern rund um den unbaren Zahlungsverkehr (sogenannte Payment Service Provider) zu prüfen - das kann bares Geld sparen.
Direkte Kosten in Prozent des Warenkorbs
Bargeld 0,46
Girocard 0,60
Internationale Debitkarte 1,24
Kreditkarte 1,53
Quelle: ibi research (2025): Gesamtkosten von Zahlungsverfahren 2025
Die richtige Payment-Strategie: Mehr als Kosteneffizienz
Eine durchdachte Zahlungsstrategie geht über reine Kostenoptimierung hinaus. Sie beeinflusst Kundenfrequenz, Durchschnittsbons und Kundenbindung. Zudem ermöglichen digitale Zahlungssysteme detaillierte Analysen des Kundenverhaltens. Welche Produkte werden häufig zusammen gekauft? Zu welchen Tageszeiten ist der Umsatz am höchsten? Diese Daten helfen bei der Sortimentsoptimierung und gezielten Marketingmaßnahmen - ein klarer Vorteil gegenüber anonymen Barzahlungen.
Moderne Tankstellen sind längst nicht mehr nur Betankungsstationen. Shop-Verkäufe, Vending-Automaten und gastronomische Angebote erweitern das Geschäftsfeld. Auch integrierte Smart Stores werden gefragter - damit geht der Trend hin zu einem eigenständigen, kontaktlosen Einkauf, der ganz ohne Personal funktioniert. Umso wichtiger ist es, hier auch das dazu passende und von den Verbrauchern bevorzugte Bezahlverfahren anzubieten. Betreiber, die auf ein einheitlich digitales Zahlungserlebnis setzen, profitieren von höherer Kundenzufriedenheit und effizienteren Kassenprozessen.
Gemeinsam die Zukunft gestalten
Der Zahlungsmarkt entwickelt sich rasant weiter. Wer heute die richtigen Weichen stellt, profitiert morgen von niedrigeren Kosten und zufriedeneren Kunden. Die Girocard bildet als bewährtes System mit Zahlungsgarantie das Rückgrat einer zukunftsfähigen Payment-Strategie. Als deutsches Bezahlsystem sorgt sie für mehr Unabhängigkeit und Planungssicherheit. Das ist in unsicheren Zeiten wie diesen umso wichtiger.
Als Initiative Deutsche Zahlungssysteme setzen wir uns bereits seit Jahren erfolgreich für faire Rahmenbedingungen in Verkehr und Mobilität ein. Mit Mitgliedern wie Tamoil Deutschland (HEM-Tankstellen) treten wir regelmäßig in den Austausch und informieren uns darüber, was die Branche bewegt. Gemeinsam mit Partnern wie dem Handelsverband Deutschland (HDE) und ibi research erforschen wir die Entwicklungen und Trends rund um digitales Bezahlen und arbeiten an Lösungen, die auch Ihrem Geschäft zugutekommen.
Sie möchten von dieser gebündelten Kompetenz profitieren? Dann gestalten Sie die Zukunft des Bezahlens in Ihrer Branche mit. Denn die Frage ist nicht, ob sich das Zahlungsverhalten weiter wandelt, sondern wie Sie diesen Wandel zu Ihrem Vorteil nutzen. Informationen zu aktuellen Studien und der Initiative finden Sie online unter initiative-deutsche-zahlungssysteme.de.
Heike Lange ist Geschäftsführerin der Initiative Deutsche Zahlungssysteme. Der Verband mit mehr als 80 Mitgliedern aus unterschiedlichen Bereichen setzt sich seit 20 Jahren für bargeldloses Bezahlen in Deutschland ein.
Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!
WEITERLESEN
Artikel teilen
NEWSLETTER
Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.
Sprit+ Online ist der Internetdienst für den Tankstellenmarkt und richtet sich an Tankstellenunternehmer, Waschbetriebe, Mineralölgesellschaften und Verbände. Neben tagesaktuellen Nachrichten mit besonderem Fokus auf die Bereiche Politik, Shop/Gastro, Tank-/Waschtechnik und alternative Kraftstoffe enthält die Seite ein Branchenverzeichnis. Ergänzt wird das Online-Angebot um betriebswirtschaftliche Führung/Personalien und juristische Angelegenheiten. Relevante Themen wie E-Zigaretten, Energiemanagement und Messen findet man hier ebenso wie Bildergalerien und Videos. Unter #HASHTAG sind alle wichtigen Artikel, Bilder und Videos zu einem Themenspecial zusammengefasst. Ein kostenloser Newsletter fasst 2x wöchentlich die aktuellen Branchen-Geschehnisse zusammen. Sprit+ ist offizielles Organ der IG Esso.