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Betriebsprüfung (1. Teil): Finanzamt greift in die Kasse

17.08.2017 21:41 Uhr
Betriebsprüfung (1. Teil): Finanzamt greift in die Kasse
Der böse Bruder des Sofort-Stornos: die KVK-Taste.
© Foto: © [M] Eva Stadler, Foto: Michael Simon

Durch die digitale Betriebsprüfung können wesentlich mehr Daten automatisiert ausgewertet werden. Halten Sie Ihre Kassenführung so klar wie irgend möglich, um böse Überraschungen zu vermeiden.

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Die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) sind seit 1. Januar 2015 gültig. Verkürzt gesagt geht es um die Verwaltungsmeinung, wie insbesondere eine Kassenbuchführung zu erledigen ist. Durch die digitale Betriebsprüfung erfahren diese Themen nun eine besondere Aufmerksamkeit, weil der Betriebsprüfer durch das Einlesen der Kassendaten wesentlich mehr Daten automatisiert auswerten kann. Im Fokus stehen bargeldintensive Betriebe, die mehr als zehn Prozent ihrer Einnahmen „cash“ erhalten. Keine Frage, Tankstellen gehören natürlich dazu. Während man der Gastronomie stets unterstellte, dass es gewisse „Verdunstungsverluste“ beim vereinnahmten Bargeld gebe, war man 2012 erschrocken, dass dies auch bei Apotheken der Fall sein kann. Dort wurde mittels spezieller Zusatzsoftware der nicht rezeptpflichtige Verkauf nach Belieben bis in das Warenmanagement verdeckt storniert.

Teure Nachlässigkeiten

Der Tankstellenbranche wird auch wegen der Agenturgelder eher eine saubere Kassenführung attestiert. Deshalb sind es oft formale Nachlässigkeiten, die Unsauberkeiten hineinbringen. Findet das Finanzamt Fehler, wird es einen Sicherheitszuschlag auf den Kassenumsatz vornehmen. Dieser liegt bei mindestens zwei Prozent. Bei einer durchschnittlichen Tankstelle stehen diese zwei Prozent schon für rund 22.000 Euro Steuernachzahlung.

Bei zwei Erotikmärkten hat das Finanzamt aufgrund von Fehlern zehn Prozent Sicherheitszuschlag auf den Kassenumsatz erhoben. Diese tragen die Zuschätzung nun zum Bundesfinanzhof. Die Revision befasst sich neben der Frage, ob ein Einwurfgeldautomat eine Kasse sei, auch mit zentralen Fragen zur Schätz­befugnis bei rein formalen Fehlern. Ein Fehler ist „formal“, wenn Formvorschriften verletzt worden sind. Das Finanzamt hat also eigentlich nicht das Gefühl, dass betrogen wird, kann aber wegen Formverstößen zuschätzen.

Typische Formfehler

Die „Hitliste“ der denkbaren formalen Fehler ist lang. So ist zum Beispiel entscheidend, wann der Tagesabschluss vorgenommen wird. Zulässig ist er am nächsten Tag, unzulässig am übernächsten Tag. In der Praxis muss der Samstag also am Sonntag abgeschlossen werden – wie das gelingt, muss sich jeder Unternehmer selbst überlegen.

Nicht wirklich neu dürfte die Erkenntnis sein, dass es keine Kassen mit einem Minusbetrag oder Kassen mit Scheinbeständen gibt, die einige zehntausend Euro höher liegen. Ab 1. Januar 2018 kommt mit der Kassennachschau eine weitere unangemeldete Prüfung hinzu. Der Finanz­beamte kann dies sogar mit einem Testkauf koppeln und vom Betreiber sofort einen Kassenabschluss mit gemeinsamer Kassenzählung fordern. Wehe dem, dessen Ergebnis nicht passt.

Haben Sie hier akute Probleme, achten Sie bei Ihrer Kasse auf den Zeitpunkt der Ausbuchung von Bargeldern, die zur Bank gehen. Diese Buchung macht man im Vorfeld und nicht erst, wenn die Bank das Geld gutgeschrieben hat. Sie zählen täglich Ihre Kasse, nicht die Bank anhand der Einzahlungen. Dann würde es sich um einen „rechnerisch ermittelten Kassenbestand“ handeln, was zugleich das schlimmste aller Kassenvergehen darstellt. Glücklich sind all jene, die mit I-Cash ein sich selbst zählendes Kassensystem haben. Dessen Funktionen gehen sogar so weit, dass täglich Sortenprotokolle mit der Anzahl der jeweiligen Banknoten angeboten werden. Zu Unrecht fordert der Prüfer so etwas gerne beim täglichen Kassenabschluss. Die Rechtsprechung ist hier glasklar: Sortenprotokolle werden nicht benötigt.

Umgang mit Storno

Aber jede Dokumentation – auch diese – erhöht die Glaubwürdigkeit der Kassenbuchführung. Das sollten Sie auch auf das weite Feld der Stornobuchungen übertragen. Hier haben bereits andere Unternehmer erfolglos bei den Finanzgerichten gestritten. Eine wichtige Erkenntnis ist, dass es keine glaubwürdige Buchhaltung ohne Stornos geben kann. Während dies noch klar ist, wird es bei der Dokumentation der unterschiedlichen Stornos wieder unklar. Die richtige Aussage, man müsse hier noch die weitergehende und sicherlich kommende Rechtsprechung abwarten, hilft Ihnen nicht, weil die erst in ein paar Jahren kommen wird – im Zweifel zu spät für Ihre Betriebsprüfung.

Geht man vom Leitgedanken des Betrugs oder der Unterschlagung aus, wird die Sache leichter nachvollziehbar. Das Sofort-Storno, welches durch Scannen eines Artikels registriert wird, ist nach herrschender Meinung völlig unkritisch, da sich die Kassenschublade nicht öffnet. Es besteht somit keine Chance zum Betrug. Entsprechend ist der böse Bruder des Sofort-Stornos die KVK-Taste: kein Verkauf. Die Kassenschublade öffnet sich und das Finanzamt sieht einen simulierten Verkauf, bei dem der Umsatz in die eigene Tasche wandert. Ist das in Zeiten einer Kasse mit Warenmanagementsystem und artikelgenauer Bestandspflege überhaupt denkbar? Klares Ja. Das „perfekte Verbrechen“ beim Kassenbetrug beging ein Mitarbeiter, der die Bockwürste selbst einkaufte und an der Tankstellenkasse mit dem üblichen Aufschlag verkaufte. Aufgefallen ist das allein durch die KVK-Taste und einigen vom Unternehmer initiierten Testkäufen.

Keine SB-Sauger-Märchen

Das häufig genutzte Argument, dass Kunden Wechselgeld für den SB-Sauger haben wollten, kann neue Problemfelder eröffnen. Aus Sicht des Finanzamts ist der SB-Sauger ein „Geldeinwurfautomat“. Für jeden einzelnen sei ein eigenes handschriftliches Kassenbuch zu führen. Dem kann man sich nur entziehen, wenn der Geldeinwurfautomat zur Filialkasse wird und täglich in die Hauptkasse (Ihre Tankstellenkasse) eingezahlt wird, und zwar mit Einzahlbeleg. Selbiges gilt für die SB-Boxen und sonstigen Münzgeräte an Ihrer Station.

Unangenehm wird die Situation, wenn das Argument mit der KVK-Taste deshalb nicht greift, weil zwar 80-mal im Monat die KVK-Taste bedient wurde, sich aber angeblich nur zwölf Euro im SB-Sauger gefunden haben. Großes Kino sind Fälle, bei denen der eingebuchte Betrag für den SB-Sauger nicht durch 50 Cent glatt teilbar ist. Die Tücke liegt eben im Detail.

Michael Dagit, Steuerberater und Geschäftsführer der Wotax Steuerberatungsgesellschaft

(Der Artikel erschien in Sprit+ 8/2017. Der 2. Teil erscheint in Sprit+ Ausgabe 9.)

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