Enormes Potenzial oder schwer kalkulierbares Risiko? Am Fracking scheiden sich weiterhin die Geister. Seit in dem US-Dokumentarfilm "Gasland" brennendes Gas aus dem Hahn kam, hat die Technik in Deutschland für Kritiker keine großen Zukunftsaussichten. Die Szene war zwar manipuliert und hatte mit Fracking nichts zu tun - aber sie hat sich tief im Bewusstsein der Skeptiker festgesetzt.
Bisher gibt es hierzulande keine gesetzliche Regelung für das sogenannte unkonventionelle Fracking, bei dem tiefe Gesteinsschichten unter Einsatz von Chemikalien aufgebrochen werden. Einen Gesetzentwurf, der das Verfahren nur in sehr begrenztem Umfang erlauben würde, stimmten Umwelt- und Wirtschaftsministerium nun ab.
"Fracking in Kohleflöz- und Schiefergestein zu kommerziellen Zwecken wollen wir mit Hinweis auf damit verbundene Risiken für das Trinkwasser verbieten", sagte Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Laut den mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erarbeiteten Eckpunkten soll dies jedenfalls für Bohrtiefen oberhalb von 3.000 Metern gelten. Eine Erprobung der in den USA oft benutzten Technik solle es nur geben, wenn das Grundwasser nicht gefährdet sei - generell soll die Gasförderung aber nicht verboten werden.
Die vielerorts starken Vorbehalte versucht etwa der Energiekonzern ExxonMobil - größter Gasförderer in Deutschland - zu zerstreuen. In der ARD-Sendung "Panorama" tranken drei ExxonMobil-Ingenieure vor kurzem einen Becher Frack-Flüssigkeit, um zu zeigen, dass sie keine giftigen Chemikalien enthalte und harmlos für das Trinkwasser sei.
Die Gegner überzeugte das nicht. Ihre Argumente richten sich nicht allein gegen die Fracking-Methode, sondern oft gegen die Gasförderung insgesamt. "Mit einem wachsenden Anteil erneuerbarer Energien muss es zukünftig besser gelingen, den Einsatz fossiler Energien zu reduzieren", sagt die SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Scheer.
"Es gibt keinen seriösen Wissenschaftler, der im Fracking eine Risikotechnologie sieht"
Die Auseinandersetzung um die Fördermethode, die jahrzehntelang in tieferen Gesteinsschichten ohne jede öffentliche Aufmerksamkeit angewendet wurde, verläuft auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Zum einen geht es darum, welche Gefahren es für Umwelt, Trinkwasser und Gesundheit nach sich ziehen könnte, wenn dichte Gesteine aufgelockert werden. Die Debatte ist nicht entschieden, viele Forscher halten die Methode für beherrschbar. "Es gibt keinen seriösen Wissenschaftler, der im Fracking eine Risikotechnologie sieht, verglichen mit anderen Methoden der Energiebereitstellung", sagt der Geologe Prof. Horst Rüter. Das Umweltbundesamt und die Ministerin sehen das anders.
Auch der wirtschaftliche Nutzen von Fracking und sein Beitrag zur deutschen Energieversorgung werden heiß diskutiert. In den USA hat Fracking die Energiemärkte durcheinandergewirbelt. Die Produktion sowohl von Gas als auch von Öl ist stark gestiegen. Beim Gas sind die Preise nicht einmal mehr halb so hoch wie in Europa, Öl ist auf dem Weltmarkt so günstig wie seit vier Jahren nicht mehr - auch wegen des Frackings in Nordamerika. Die USA sind auf dem Weg, zum größten Ölförderland aufzusteigen und in einigen Jahren Öl zu exportieren.
Technik im Widerstreit: Förderindustrie kämpft für Fracking
Das umstrittene Fracking wird in den kommenden Jahren in Deutschland wohl allenfalls bei Forschungsbohrungen eingesetzt. Neben möglichen Umweltrisiken wachsen wirtschaftliche Zweifel an der Methode zur Gas- und Ölgewinnung. Die Förderindustrie sieht dagegen riesige Chancen.