Geschäfts- oder Gewerbeinhaltsversicherung: Vorsicht vor Unterversicherung

15.10.2025 13:02 Uhr | Lesezeit: 3 min
Carl Michael Götte
Carl Michael Götte warnt: "Im tatsächlichen Schadensfall – trotz Index und Preisanpassungsklausel – falle ich möglicherweise auf die Nase, weil ich zehn oder 20 Prozent unterversichert bin."
© Foto: Götte Gruppe

Preissteigerung und Inflation lassen Sachwerte steigen - oft über die Versicherungssumme der Tankstelle hinaus. Unterversicherung kann wirksam vermieden werden.

Es ist der Worst Case: Die Photovoltaikanlage auf dem Dach des Tankstellenshops gerät durch Kurzschluss in Brand. Das Feuer ist schnell gelöscht, doch der giftige Löschschaum hat den kompletten Warenbestand im Shop unverkäuflich gemacht. Ein Schaden mit erheblichen Folgen. Der Shop muss geräumt, renoviert und mit Ozon behandelt werden, um den Gestank zu neutralisieren. Das kann Wochen dauern. Zu den erheblichen Sachverlusten – dem Netto-Einkaufswert der verdorbenen Ware und dem Neuwert der gesamten Shop-/Betriebseinrichtung – kommen der Ertragsausfall sowie die Kosten für Renovierung, Dekontamination und Entsorgung.

Der Versicherte ist selbst verantwortlich

Alles kommt nun darauf an, ob der Schaden von der Geschäfts- oder Gewerbeinhaltsversicherung abgedeckt ist. Ganz konkret, ob die technische und kaufmännische Betriebseinrichtung sowie Waren und Vorräte in ihrem aktuellen Wert in der Versicherungssumme berücksichtigt sind. Denn nur dann erstattet der Versicherer bei Totalschaden zum Neuwert gleicher Art und Güte. Ist die Versicherungssumme zu niedrig angesetzt, spricht man in der Branche von Unterversicherung. Und: Die Verantwortung dafür liegt beim Versicherten.

Sachwerte ändern sich

Die Hintergründe einer solchen Unterversicherung erläutert Carl Michael Götte von der Götte Gruppe, deren Unternehmen Constantia als Versicherungsmakler für Tankstellen seit 50 Jahren im Markt aktiv ist. "Häufig schließen Tankstellenpächter die Versicherung ab und lassen sie dann zehn Jahre liegen. Das hat dann nichts mehr damit zu tun, was im Moment an Eigentum vorhanden ist, es wurde einfach nicht mehr abgeglichen."

Entscheidend sind zunächst die Eigentumsverhältnisse. Denn bei Pachttankstellen sind Schäden am Gebäude nicht Problem des Pächters, sondern des Eigentümers. Bei den großen A-Gesellschaften, erklärt Götte, gehöre bis auf Waren, Vorräte und eigene kleinere Anschaffungen alles der Mineralölgesellschaft. In diesem Fall müsse der Pächter natürlich nur sein Eigentum selber versichern. Das sei vertraglich meist genau geregelt. "Bei einer kleineren Mineralölgesellschaft wird öfter die Haftung für Sachen, die die Mineralölgesellschaft während der Pachtdauer zur Verfügung stellt, auf den Pächter übertragen. Das ist nicht unbillig, sondern einfach eine Frage der Vereinbarung."

Besonders Pächtern rät er, die Unterlagen genau zu prüfen und gegebenenfalls die Verantwortlichkeiten zu klären. Das sei auch wichtig, um eine Überversicherung zu vermeiden. Etwa, wenn ein Pächter die Waschanlage mitversichert habe, obwohl diese Eigentum der Mineralölgesellschaft sei.

Sicherheit durch Indizes?

Viele Tankstellenbetreiber könnten zu Beginn ihrer Geschäftstätigkeit noch gar nicht absehen, wie sich das Sortiment entwickle, weiß Götte zu berichten. Wenn das Geschäft gut laufe, könne eine Sortimentsumstellung oder -erweiterung die Versicherungssumme aus dem ursprünglich vereinbarten Betrag herauswachsen lassen. "Zum Beispiel das Weihnachtsgeschäft: Sie stellen um auf Sekt und Champagner und nehmen den einfachen Wacholderkorn aus dem Sortiment. Dann sind sie in dieser Zeit latent unterversichert, weil der Wacholder, der vorher den Platz eingenommen hat, deutlich günstiger war als der Champagner." Oder es wird in der Weihnachtswoche in einer einmaligen Lieferung die dreifache Menge an Zigaretten geliefert, um den erhöhten Bedarf an den Feiertagen abzudecken. "Wenn ein Schaden genau in diesem Zeitraum passiert – etwa durch einen Einbruch – und die Überprüfung vorgenommen wird, fällt sofort auf, dass die Werte nicht stimmen."

Bei langfristigen Anschaffungen wie zum Beispiel einem Staubsauger oder einer Kühlanlage kommen noch Faktoren wie die allgemeine Preissteigerung hinzu. Auch dann muss die Versicherungssumme entsprechend erhöht werden. Es gebe zwar Indizes, die in solchen Versicherungen in der Regel integriert seien, so Götte, doch die würden oft nicht mit der galoppierenden Inflation mithalten und sich nicht auf die aktuell gestiegenen Einkaufspreise beziehen. "Im tatsächlichen Schadensfall – trotz Index und Preisanpassungsklausel – falle ich möglicherweise auf die Nase, weil ich zehn oder 20 Prozent unterversichert bin", warnt Götte.

Der Versicherungsexperte rät in jedem Fall dazu, einen Puffer einzurechnen, eine sogenannte Vorsorgesumme. Ein Beispiel: Bei einem Puffer von zehn Prozent erhöht sich eine Prämie von 1.000 Euro lediglich um 100 Euro, aber wenn bei einem Schaden in Höhe von zum Beispiel 50.000 Euro zehn Prozent unterversichert sind und abgezogen werden, sind das 5.000 Euro, die die Versicherung nicht abdeckt.

Formel: Wurzel der Shopfläche mal 90.000

Um hier auf der sicheren Seite zu sein, hat die Constantia vor 25 Jahren die Multi-Risk-Police für die Tankstellenbranche entwickelt und im vergangenen Jahr durch eine Elementarschadenversicherung ergänzt. "Wir haben damals auf sogenannte Höchstentschädigungsgrenzen umgestellt. Das heißt, in unseren Verträgen vereinbaren wir keine Versicherungssummen mehr, sondern unsere Formel basiert auf der Shopgröße und lautet: Wurzel der Shopfläche mal 90.000. Bei einer Shopfläche von 100 Quadratmetern habe ich dann eine Höchstentschädigungsgrenze von 900.000 Euro", erläutert Götte. Positiver Nebeneffekt: Im Fall eines Einbruchs etwa kann die Versicherung den Schaden deutlich schneller regulieren, weil auf die Unterversicherungsprüfung verzichtet werden kann (Unterversicherungsverzicht). "Wir sind der Meinung, dass wir unsere Kunden mit dieser wöchentlichen oder monatlichen Veränderung von Summen und Werten nicht allein lassen können. Mit der Multi-Risk-Police wollen wir außerdem einen Beitrag zur Existenzsicherung leisten", sagt Carl Michael Götte.

Die gute Nachricht

Die Tankstelle mit der brennenden Photovoltaikanlage war zum Glück über eine Multi-Risk-Police versichert: Der Versicherer hat die Kosten für die Entsorgung übernommen, ebenso die Dekontaminationskosten, den Ersatz der verdorbenen Waren und Vorräte sowie den Ertragsausfallschaden. Die Investition in die höhere Versicherungsprämie hat sich auf jeden Fall gelohnt!


Angebot errechnen lassen

Interessierte können sich auf www.tankstellenversicherung.de anhand der Shopfläche und anderer Angaben ein Angebot errechnen lassen. Dabei wird auch die Höchstentschädigungsgrenze ausgewiesen, ohne dass nach einzelnen Sachwerten gefragt wird, solange es sich um eine klassische Tankstelle mit/ohne Werkstatt handelt. In anderen Fällen erfolgt eine individuelle Prüfung.



HASHTAG


#Versicherung

MEISTGELESEN


STELLENANGEBOTE


KOMMENTARE

SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

WEITERLESEN



NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Sprit+ Online ist der Internetdienst für den Tankstellenmarkt und richtet sich an Tankstellenunternehmer, Waschbetriebe, Mineralölgesellschaften und Verbände. Neben tagesaktuellen Nachrichten mit besonderem Fokus auf die Bereiche Politik, Shop/Gastro, Tank-/Waschtechnik und alternative Kraftstoffe enthält die Seite ein Branchenverzeichnis. Ergänzt wird das Online-Angebot um betriebswirtschaftliche Führung/Personalien und juristische Angelegenheiten. Relevante Themen wie E-Zigaretten, Energiemanagement und Messen findet man hier ebenso wie Bildergalerien und Videos. Unter #HASHTAG sind alle wichtigen Artikel, Bilder und Videos zu einem Themenspecial zusammengefasst. Ein kostenloser Newsletter fasst 2x wöchentlich die aktuellen Branchen-Geschehnisse zusammen. Sprit+ ist offizielles Organ der IG Esso.