Der größte deutsche Erdöl- und Gasproduzent Wintershall sieht Unsicherheiten im künftigen Libyen-Geschäft. "Ganz ehrlich, wir wissen nicht, ob, wie und wann es für uns in Libyen weitergeht", sagte Vorstandschef Rainer Seele am 31. März in Kassel. 2010 sank zwar der Umsatz von Wintershall um 565 Millionen Euro auf 10,8 Milliarden Euro. Der Gewinn jedoch verbesserte sich von 712 Millionen Euro auf 923 Millionen Euro. Wintershall ist eine 100-prozentige Tochter des Chemiekonzerns BASF. Trotz Libyenkrise und dem Produktionsstopp will Wintershall im laufenden Jahr Umsatz und Gewinn weiter steigern. Seele sagte, er gehe für 2011 von einem höheren Ölpreis aus als im vergangenen Jahr. "Auf dieser Basis wollen wir unseren Umsatz signifikant steigern und das Ergebnis kräftig verbessern." Beim Gashandel solle der Absatz zumindest gehalten werden. Die mehreren hundert libyschen Beschäftigten des Unternehmens seien unversehrt. Alle rund 120 ausländischen Mitarbeiter waren mit Beginn der Unruhen ausgeflogen worden, die Erdölproduktion wurde heruntergefahren. Die Produktion in Libyen macht etwa ein Sechstel der Wintershall-Fördermenge aus, wegen hoher Steuern aber nur acht Prozent des Gewinns. "Die Veränderungen in der arabischen Welt sowie die Katastrophe von Japan werden nicht ohne Auswirkungen auf die zukünftige weltweite Energie-Balance bleiben", betonte Seele. Die Reaktorkatastrophe in Japan stelle die Frage nach dem optimalen Energiemix neu, sagte Seele. Sein Unternehmen habe sich sehr gewundert, dass Erdgas im Energiekonzept der Bundesregierung keine Rolle gespielt habe. "Erdgas ist eine absolut tragfähige Brücke zu den Erneuerbaren", erklärte Seele. Der Brennstoff sei für Jahrzehnte in ausreichender Menge vorhanden. Allein über die Ostseepipeline sollten künftig jährlich rund 55 Milliarden Kubikmeter Gas fließen. "Diese Menge allein entspricht der Stromkapazität von 40 Atommeilern", ordnete Seele ein. Im Oktober soll der erste Leitungsstrang in Betrieb gehen. Erst kürzlich hatte Wintershall bekannt gegeben, sich auch an der Erdgasleitung South Stream aus Russland zu beteiligen. Zudem arbeitet Wintershall zusammen mit der Mutter BASF an biologisch abbaubaren Stoffen aus Pilzen, die die Ölproduktion unterstützen sollen. Anfang 2012 soll in Norddeutschland ein zweijähriger Feldversuch beginnen. Für das "Schlüsselprojekt Schizophyllan" sollen in den kommenden vier Jahren etwa 41 Millionen Euro investiert werden. "Schizophyllan hat das Potenzial, eine Durchbruchtechnologie zu sein", betonte Seele. (dpa/kak)
Wintershall: Der Libyen-Krise trotzen

Wintershall produziert in Libyen auf unbestimmte Zeit kein Erdöl. Das Kassler Unternehmen will dennoch 2011 Umsatz und Gewinn steigern, weil es an steigende Ölpreise glaubt.