Die Weltwirtschaft wird auch in den nächsten Jahrzehnten weiter am Tropf der Ölscheichs aus dem Nahen Osten hängen. Das ist ein Kernergebnis des neuen Weltenergie-Berichts, den die Internationale Energieagentur (IEA) am heutigen Dienstag (12. November) in London vorstellte. Die USA werden zwar bereits 2015 - und damit früher als zunächst erwartet - die Rolle des global führenden Erdölproduzenten übernehmen und die klassischen Nahost-Lieferanten kurzfristig zurückdrängen, sagte IEA-Chefökonom Fatih Birol. Jedoch werde der Boom von Schiefergas und Ölsanden nicht über die 2020er Jahre hinaus anhalten.
"Der Nahe Osten wird entscheidend sein - heute und morgen", sagte Birol. Indien werde als Land mit dem größten Öldurst China nach 2020 ablösen. Weltweit werde die Nachfrage bis zum Jahr 2035 weiter steigen - um 14 Millionen Barrel (ja 159 Liter) pro Tag auf dann 101 Millionen Barrel. In Europa gehe sie vor allem aufgrund weiterer Effizienzsteigerungen zurück. Auf dem Treibstoffmarkt werde die Nachfrage vor allem von der weiter zunehmenden Zahl von Lastwagen getrieben. "Wir werden sehr viel mehr Diesel brauchen als Benzin", sagte Birol.
Insgesamt steige die Energienachfrage über alle Energieträger bis 2035 weltweit um ein Drittel, heißt es in dem Bericht. Die großen Unterschiede bei den Energiepreisen in der Welt werden nach Auffassung der IEA die Wettbewerbsfähigkeit in den Regionen stark beeinflussen. So näherten sich die Preise in Europa und den USA bis zum Jahr 2035 zwar an. Firmen in Europa müssten aber auch dann noch das Doppelte für Energie zahlen wie in den USA. Das habe Folgen vor allem für Branchen mit hohem Energieaufwand, wie etwa die Stahlindustrie.
Die IEA geht davon aus, dass der Anteil der EU an den Exporten von mit hohem Energieaufwand produzierten Gütern bis zum Jahr 2035 um zehn Prozent sinkt, aus Japan um drei Prozent. Dagegen werde der Anteil Chinas, Indiens, des Nahen Ostens und der USA steigen.
Welt-Energie-Bericht: Nahost bleibt als Öllieferant entscheidend
Der Zugang zu Energie ist der Schlüssel zum Wohlstand. Die Internationale Energieagentur zeigt, wie sich die Energie-Landkarte verändert: Die Nachfrage wird künftig vor allem aus Asien getrieben - die Scheichs in Nahost bleiben die Hauptlieferanten.