Der März war der teuerste Tankmonat aller Zeiten. Die Politik will daher die Mineralölkonzernen stärker an die Kandare nehmen. Das Bundeskartellamt dürfte in diesem Jahr ganz genau beobachten, ob und wie die fünf marktbeherrschenden Mineralölkonzerne BP (Aral), Shell, ExxonMobil (Esso), Total und ConocoPhilipps (Jet) zu Ostern an der Preisschraube drehen. Neue Rekorde an den Tankstelle drohen.
Das Rekordhoch drückt das Konsumklima und schürt Inflationsängste. Und in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen stehen wichtige Wahlen an, wo die CDU um die Macht und die FDP ums Überleben kämpft.
Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) will mehr Wettbewerb. Etwa indem die freien Tankstellen gestärkt werden. So dürfen die Konzerne ihnen den Sprit nicht mehr teurer verkaufen als den eigenen Tankstellen. Wie lässt sich das in der Parxis durchführen? Darauf gibt es erst mal keine Antworten. Denn Westaustralien oder Österreich - das sind derzeit die Zauberwörter bei Bundes- und Landespolitikern, wenn sie wütenden Autofahrern zeigen wollen, die Politik kümmere sich um das Problem.
In dem in Westaustralien praktizierten Modell sehen die Fraktionen von Union und FDP, eine Option, die womöglich schon bis zur großen Urlaubsreisewelle im Sommer in einem Gesetz münden könnte. Damit würden Tankstellen verpflichtet, bis 14 Uhr den Preis für den nächsten Tag zu melden und publik zu machen. Der Preis würde dann ab 6 Uhr morgens gelten und könnte erst 24 Stunden später wieder verändert werden. Der Vorteil: Kunden hätten noch Zeit, um zum womöglich günstigeren Tarif zu tanken.
Länderkammer fordert, zwei Modelle zu prüfen
Die Bundesregierung soll diese Option nun prüfen - auch der Bundesrat forderte am 30. März auf Initiative Thüringens, das Westaustralien-Modell zu prüfen. Ebenso soll das Vorgehen in Österreich analysiert werden, wo nur einmal am Tag mittags der Benzinpreis erhöht werden darf, um Jojo-Effekte mit Sprüngen von 15 Cent pro Tag wie zuletzt in Deutschland zu vermeiden. Zudem wird so ein Anheben der Preise zur Rush-Hour nach dem Feierabend verhindert. Röslers Ministerium sieht beide Modelle nicht als Allheilmittel.
Und auch beim ADAC ist man skeptisch: "Das Westaustralien-Modell könnte Preisabsprachen Tür und Tor öffnen", sagt der für Verkehr zuständige Sprecher Andreas Hölzel. "Wir haben große Vorbehalte gegen staatliche Regulierungsmaßnahmen." Hölzel sieht auch das Österreich-Modell nicht als sinnvoll an. Hier gebe es zwar eine Beruhigung des Kraftstoffpreises, aber er sei nun höher als früher.
Aus Sorge, zu knapp zu kalkulieren, kann der Preis bei der nur noch einmaligen Erhöhung pro Tag stärker als nötig angehoben werden. Gleiches gilt für das Westaustralien-Modell, wo der Preis nach einer saftigen Erhöhung womöglich erst binnen mehrerer Tage wieder langsam sinken könnte - für den Autofahrer wäre nichts gewonnen.
Strategische Ölreserven bleiben unangetastet
Ein Patentrezept scheint es nicht zu geben, letztlich steigt und fällt der Preis an der Tankstelle mit dem Ölpreis. Und ein kurzfristiges Anzapfen der Ölreserven, um den Autofahrern die Fahrt in den Osterurlaub nicht zu vermiesen, kommt nicht infrage. Dies ist gesetzlich nur möglich, wenn es akute Versorgungsengpässe gibt.
Daher könnte es letztlich vor allem um kleinere Änderungen gehen. Etwa, dass alle Tankstellenpreise in eine Datenbank eingepflegt werden müssen, damit die Autofahrer unterwegs vergleichen können, wo der Sprit am billigsten ist. Auch das würde den Preisdruck erhöhen.
Was oft bei Politikern unter den Tisch fällt: Der hohe Steueranteil beim Sprit ist in hohem Maße mitverantwortlich für die hohen Preise - der Staat ist daher sogar Nutznießer der Rekordpreise. Eine Erhöhung der Pendlerpauschale von derzeit 30 Cent pro Kilometer lehnt die Bundesregierung aber ab. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will auch an Mineralöl- und Mehrwertsteuer nicht rütteln.
SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber sagt, immer wieder mache Schwarz-Gelb unausgegorene Vorschläge für Benzinpreisbremsen, wenn der Preis gerade hoch sei, passieren tue dann nichts. Er nennt die neuesten Vorstöße das "das schwarz-gelbe Osterei des Jahres 2012".
In der Mineralölbranche rechnet man damit, dass bei einem Aus für häufige Preiserhöhungen sogar mehr Geld zu verdienen sein könnte. Klaus Picard, Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes betont: Der Gesetzgeber müsse entscheiden, was ihm wichtiger sei: Ein hoher Preis oder ein niedriger, schwankender Preis. "Wenn Kunden Tanktourismus nach Österreich oder Luxemburg betreiben, so liegt das nicht an der Regulierung dort, sondern an den niedrigeren Steuern im Vergleich zu Deutschland", sagt Picard. (dpa/kak)