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Kölner Tankstelle: Eine Ära geht zu Ende

09.08.2023 00:01 Uhr | Lesezeit: 4 min
Rente statt Tankstelle
© Foto: Verlag Heinrich Vogel

In der Rochusstraße in Köln-Ossendorf hat Pächter Resa Ghadiri über 25 Jahre lang seine Tankstelle betrieben. Nun geht der 71-Jährige in den wohlverdienten Ruhestand - und seine Tankstelle auch.

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Am 29. Juni 2023 ging für das Stadtviertel Köln-Ossendorf eine Ära zu Ende. Tankstellenpächter Resa Ghadiri schloss seine Tankstelle in der Rochusstraße, die er seit 1999 betrieben hatte, endgültig ab. Das macht nicht nur den 71-Jährigen, sondern das gesamte Veedel traurig. Denn die Tankstelle war eine Art Treffpunkt. Hier wurden die Sorgen und Freuden des Alltags besprochen. Hier bekam jedes Kind von Ghadiri persönlich einen Lolli in die Hand gedrückt. Hier wurde gelebt, gelacht und geweint.

Der gebürtige Iraner studierte Fahrzeugtechnik. Jedoch merkte er schnell, dass er lieber sein eigener Chef sein wollte und den Kontakt zu den Kunden schätzte. Zunächst übernahm er eine JET Tankstelle in Worringen, im Jahr 1999 pachtete er die Shell Tankstelle an der Rochusstraße in Köln-Ossendorf. Die Tankstelle wurde in den 1960er-Jahren erbaut - und ebenfalls ganz nach dem Vorbild der 60er-Jahre wollte Ghadiri die Station auch führen. "Ich wollte keine Tankstelle, wo die Leute nur zum Bezahlen reinkommen und wieder verschwinden. Ich wollte mehr Kontakt mit den Menschen und dass sie sich wohlfühlen", erzählt er.

Und das ist dem herzensguten Neu-Rentner gelungen. Seine Tankstelle ist in den vergangenen 25 Jahren zum Kult-Treffpunkt geworden.

Gemeinde organsierte eine Abschiedsfeier

Die Leute aus der Umgebung seien sehr traurig gewesen, als sie die Schilder an den Zapfsäulen mit der Info über die Schließung der Tankstelle sahen. Ghadiri erzählt, dass ihm viele Kunden Blumen und Karten brachten. "Ich bin zu Tränen gerührt von den lieben Worten der Leute. Für mich ist es sehr traurig", sagt er.

Um Ghadiri einen gebührenden Abschied zu geben, hat die Gemeinde eine Abschlussfeier organisiert. "Das ist ein großes Lob für mich. Die Menschen waren immer sehr nett und dankbar, das bleibt mir in Erinnerung."

In den vergangenen 25 Jahren gab es an der Ossendorfer Tankstelle allerlei kuriose Geschichten. "Uns ist ein Hahn zugelaufen", erinnert sich Ghadiri, "der wollte auch gar nicht weg und kam immer wieder." Für die Kunden war das natürlich eine Sensation. "Die hatten den richtig gerne." Es sei auch immer mal wieder vorgekommen, dass Kunden mal kein Geld dabeihatten. "Die haben dann als Pfand ein Handy oder eine Kamera dagelassen, jedoch nie wieder abgeholt", sagt Ghadiri lachend.

Blumenmädchen kam als Erwachsene zurück

Auch denkt er gerne daran zurück, wie er den Kindern, die beim Spielen an seine Tankstelle kamen, Lollis gab. "Da war früher ein kleines Mädchen, so circa fünf Jahre alt, die kam zur Tankstelle, um ,Guten Tag' zu sagen, weil die ja schon wusste, dass sie einen Lolli bekommt. Und irgendwann kam das Mädchen mit Blumen, die sie auf der Wiese gepflückt und zusammengebunden hat, und sagte ,ich habe für sie auch etwas'. Viele Jahre später kam dann eine Frau zum Tanken und die sagte zu mir, ,kennen Sie mich - ich bin die, die immer Lollis bekommen und für Sie Blumen gepflückt hat'. Da habe ich mich sehr gefreut", strahlt der 71-Jähirge.

Bei Ghadiri konnten die Leute nicht nur tanken und sich austauschen, er habe auch immer ausgeholfen, wenn das Auto mal nicht ansprang oder jemandem die Zutaten für den Kuchen ausgingen. "Es ist auch schon passiert, dass mal jemand im Dorf einen Kuchen backen wollte, aber keine Eier im Haus hatte und ich habe immer Eier im Kühlschrank. Man hilft sich gegenseitig, das ist wie in alten Zeiten an der Tankstelle", sagt Ghadiri. "Oder wenn jemand am Wochenende wegfahren will und dann etwas am Auto kaputt ist, da habe ich auch immer sofort geholfen, damit er schnell los konnte."

"Ich wollte eigentlich schon letztes Jahr aussteigen"

Sieben Tage die Woche lebte Ghadiri für seine Tankstelle. Unterstützung hatte er von seinem Bruder und einer Mitarbeiterin, die sieben Jahre für ihn tätig war. "Ich wollte eigentlich schon letztes Jahr aussteigen, aber dann hat der Shell-Bezirksleiter gesagt, dass der Pachtvertrag für das Grundstück Ende 2023 ausläuft und der Vertrag nicht verlängert wurde. Deswegen habe ich dann noch weitergemacht." Nun wird die Tankstelle abgerissen und die Tanks werden ausgebaut. Für ihn sei es nun an der Zeit, in Rente zu gehen. Er freue sich, Zeit mit der Familie und seinem Enkelkind zu verbringen und auf Reisen zu gehen. "Ich kann jetzt alles machen, was ich die ganzen Jahre nicht konnte. Zum Beispiel konnte ich nur selten auf Geburtstagspartys gehen, weil ich immer an der Tankstelle war. Auch Reisen waren schwierig, denn ich hatte nur zwei Tage im Jahr - Weihnachten und Silvester - zu."

Tankstellen wie die von Ghadiri gibt es heute nur noch selten. Er kritisiert, dass die Tankstellen immer kundenunfreundlicher werden. "Heute nimmt sich keiner mehr Zeit für die Kunden. Ich wollte nicht nur zehn Sekunden, sondern zehn Minuten mit den Leuten reden", sagt der ehemalige Pächter. "Ich war eine Bezugsperson für meine Kunden und heute stehen da Aushilfskräfte an der Kasse, die können das nicht leisten."

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