Umso höher die Spritpreise klettern, umso schneller scheint die Hemmschwelle bei Autofahrern zu sinken, wenn es um den Diebstahl von Benzin geht. Von 2010 auf 2011 meldete das Bundeskriminalamt einen Anstieg der Betrugsfälle um zehn Prozent auf insgesamt 85.065 angezeigte Delikte. Diese kosteten die Tankstellenbetreiber etwa 5,75 Millionen Euro.
Das Bundeskriminalamt registriert jedoch nur die angezeigten Fälle. Wie das Internetportal auto.de berichtete, schätzen Experten die Dunkelziffer auf 425.000 Tankvergehen im Jahr 2011. Demnach würden etwa 80 Prozent aller Diebstähle gar nicht erst zur Anzeige gebracht. So entsteht nach Angaben von auto.de und dem Zentralverband des Tankstellen und Garagengewerbes (ZTG) ein tatsächlicher Schaden von rund 30 Millionen Euro.
Großstädte sind Hochburgen für Betrüger
Nach Recherchen von auto.de waren Großstädte um 44 Prozent stärker betroffen als Tankstationen auf dem Land. Dabei gilt: Je größer und anonymer die Stadt, umso mehr Delikte wurden im Verhältnis zu den Anwohnern verzeichnet. Spitzenreiter war dabei Solingen. Statistisch betrachtet zapften zahlungsunwillige Kunden an jeder Solinger Tankstelle rund 22-mal pro Jahr. Tankstellenbetreiber in Leipzig wurden 2011 durchschnittlich 21 Mal bestohlen, auf dem dritten Platz landete Bottrop mit 20 Betrugsfällen pro Tankstelle.
Die ehrlichsten Kunden wohnen nach Angaben des Internetportals in Heide. Dort wird jede Tankstelle pro Jahr nur einmal mit dem Diebstahl von Benzin konfrontiert. Ähnlich ehrliche Autofahrer wohnen unter anderem in Schwäbisch-Hall, Celle, Hagen oder Tübingen. Dort wurde statistisch gesehen jede Tankstelle 2011 zweimal von zahlungsunwilligen Kunden besucht.
Hohe Spritpreise und geringe Aufklärungsquoten
Die Betreiber der Tankstationen fürchten einen weiteren Anstieg der Diebstähle. Als Grund sehen sie die gestiegenen Spritpreise. So erhöhte sich der Preis für Superbenzin von 2010 auf 2011 um rund 10 Prozent, bei Diesel um etwa 16 Prozent. Nach Angaben des Mineralölwirtschaftsverband e.V. zahlten Autofahrer im Juni 2010 für einen Liter Super rund 1,43 Euro, ein Jahr später lag der Preis bei 1,56 Euro. Die Kosten für Diesel stiegen im selben Zeitraum von 1,24 Euro aus 1,42 Euro pro Liter.
Auch bei der Strafverfolgung zeigen sich große Unterschiede auf Länder- und regionaler Ebene. Trotz Kameraüberwachung an den Zapfsäulen lag die Aufklärungsquote bei 43,7 Prozent. So konnte die Polizei in Hessen rund 55 Prozent aller Betrugsfälle an Tankstellen aufklären, in Berlin hingegen etwa 26 Prozent. Auf regionaler Ebene schnitten Rosenheim und Aalen mit einer Quote von über 90 Prozent in der Fahndung ab. (anr)