Aus einer beschädigten Ölbohrplattform (rund 180 Kilometer östlich von Aberdeen) sprudelt Öl in die Nordsee vor der Küste Schottlands. Wie viel? Es sei schwer, das Ausmaß zu schätzen, aber bisher seien vermutlich 216 Tonnen ausgetreten, teilte der britisch-niederländische Ölkonzern Shell am 15. August in London mit. Man habe das Leck weiterhin unter Kontrolle und arbeite daran, es zu schließen. Der sichtbare Ölteppich ändere sich ständig, erklärte das Unternehmen. Insgesamt sei rund eine Tonne Öl an die Meeresoberfläche gelangt. Nach Angaben der britischen Behörden handelt es sich um den größten Störfall dieser Art seit mehr als einem Jahrzehnt. 2009 habe beispielsweise die komplette Menge Öl, die in die Nordsee geflossen sei, bei 50,93 Tonnen gelegen. "Dies ist im Kontext der jährlich in die Nordsee auslaufenden Menge Öl eine signifikante Menge", hieß es in der Shell-Mitteilung. Man nehme den Fall sehr ernst. Zum Vergleich: Nach dem Untergang der von BP geleasten Ölplattform "Deepwater Horizon" im April 2010 waren 780 Millionen Liter Rohöl in den Golf von Mexiko gelaufen. 216 Tonnen entsprechen rund 206.700 Liter. Das Leck, das an einer Verbindungsstelle zwischen der Gannet-Plattform und einer Leitung liegt, soll bereits am Mittwoch entdeckt worden sein. Trotz Forderungen von Umweltschützern hatte Shell zunächst nicht beziffert, wie viel Öl austritt. Der Konzern hatte am 14. August mitgeteilt, auf dem Wasser treibe eine 31 Kilometer lange Ölschicht mit einer maximalen Breite von 4,3 Kilometern. "Wir gehen davon aus, dass das Öl auf natürliche Weise durch die Wellenaktivitäten aufgelöst wird und keinen Strand erreichen wird", erklärte der größte Ölkonzern Europas. Es gebe einen "besorgniserregenden Mangel an Transparenz von Shell", kritisierte Ben Ayliffe von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. "Shell brauchte nach Beginn des Austritts zwei Tage, bevor sie zugaben, dass es ein Leck gibt." In Anbetracht dieses "Fehlens an Offenheit" müsse man die Frage stellen, ob Shell die richtige Art von Konzern für einen Ausbau der Aktivitäten in der sensiblen Arktis sei. Shell setzt einen ferngesteuerter Unterwasser-Roboter ein, um das Problem zu erkunden. Auch stehe ein Boot mit Chemikalien zum Binden von Öl bereit. Zudem beobachte man die Situation von einem Flugzeug aus. Das Gannet-Ölfeld wurde zu Beginn der 1970er Jahre entdeckt und später erschlossen. Das Wasser ist an dieser Stelle etwa 100 Meter tief, heißt es auf der Homepage des Konzerns. Die jüngste Krisenmeldung ging dann am am 16. August über den Nachrichtenticker: An der beschädigten Ölplattform des Konzerns Shell in der Nordsee ist ein zweites Leck entdeckt worden. Man arbeite daran, die undichte Stelle zu finden und zu reparieren, teilte der britisch-niederländische Ölriese am Dienstag nach Angaben der Nachrichtenagentur PA mit. "Die Infrastruktur unter Wasser ist sehr komplex und das Leck ist an einer komplizierten Stelle mit viel marinem Wachstum", sagte ein Sprecher. Zur Menge des an dem zweiten Leck auslaufenden Öls gab es keine Angaben. Es sei von einem Hubschrauber aus der Luft entdeckt worden. Das bereits bekannte Loch sei so gut wie gestopft, hieß es von Shell. (dpa/kak)
Ölteppich in der Nordsee: Shell will Leck im Griff haben

Schätzungsweise 216 Tonnen Öl flossen bisher aus einer Plattform in die Nordsee. Man habe alles unter Kontrolle, heißt es bei Shell. Umweltschützer kritisieren die Informationspolitik des Konzern.