In vielen Tankstellen arbeitet die Lebenspartnerin des Betreibers ganz selbstverständlich als Bürokraft oder im Verkauf mit. Macht das Sinn? Wer einen guten Job hat, der obendrein Spaß macht, sollte gut abwägen, ob er ihn aufgibt, um in der Station des Partners einzusteigen. Denn ein ordentlich bezahltes zweites Standbein fürs Familieneinkommen ist eine gute Sache. So kann eine Durststrecke, weil vorübergehend weniger Umsatz generiert wird, deutlich gelassener durchgestanden werden.
Andererseits hat es natürlich unbestreitbar auch Vorteile, gemeinsam im eigenen Unternehmen zu arbeiten. Man kann sich zusammen etwas aufbauen, hat ein gemeinsames Projekt. Und einen so loyalen und engagierten Mitarbeiter wie die eigene Partnerin wird man schwer woanders finden. Damit das funktioniert, sollten aber klare Spielregeln eingehalten werden:
1. Die Partnerin bekommt ein Gehalt.
Oft arbeitet die Lebensgefährtin ohne eigenes Gehalt. Auch wenn sie nicht verhungern muss, weil der Gewinn auf dem gemeinsamen Konto landet, ist das eine schlechte Konstellation. Zum einen verfälscht es die Kalkulation. Die Partnerin ist „eh da“ und wird deshalb oft in der Kalkulation nicht berücksichtigt. Umgekehrt heißt das: Wirft die Tankstelle nicht genug ab, um die Partnerin angemessen für ihre Arbeit zu entlohnen, ist das Unternehmen wirtschaftlich unrentabel. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht besteht Handlungsbedarf. Und nicht zuletzt bedeutet eine angemessene Entlohnung auch Wertschätzung für engagierte Arbeit.
2. Die Aufgaben sind klar definiert – auch nach außen.
Welche Aufgaben will und soll die Partnerin übernehmen und welche nicht? Ist sie den Angestellten gegenüber weisungsbefugt? Wer klare Absprachen trifft, verhindert Missverständnisse und verringert Konfliktpotenzial. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass sich Frust breitmacht. Der Tankstellenbetreiber geht arglos davon aus, dass es der Partnerin nichts ausmacht, wenn sie „das bisschen Putzen“ auch noch übernimmt, während sie sich ausgenutzt fühlt. Die Mitarbeiter fühlen sich von der „Frau des Chefs“ schikaniert, weil sie denken, die hat ihnen nichts zu sagen. Die Partnerin stellt mit Feuereifer alles Mögliche um und niemand sonst fühlt sich mit diesen gut gemeinten Veränderungen wohl. Der Betreiber ist sauer, weil seine Partnerin etwas entschieden hat, das seiner Meinung nach ihre Kompetenzen überschreitet. Wenn klare Definitionen fehlen, kann reichlich Konfliktpotenzial entstehen.
3. Die Partnerin bekommt einen Titel.
Das klingt erst mal nebensächlich, ist aber von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Jeder ordentlich arbeitstätige Mensch hat einen Titel, über den er sich im beruflichen Alltag definiert. Es gibt den Maurer, den Lehrer, den Leiter Controlling etc. Ein solcher Titel steht auch der mitarbeitenden Partnerin zu. Festlegen lässt er sich umso einfacher, je klarer die Aufgaben definiert sind. Sie kann beispielsweise Büroleiterin oder kaufmännische Leiterin sein. Das sollte auch im Arbeitsvertrag so festgehalten sein. Neben der Wertschätzung ihrer Arbeit und dem Bild nach außen hat das einen weiteren Vorteil: Es erlaubt eine klare Führung des Lebenslaufs. Will sie sich einmal woanders bewerben, macht sich eine solche Position deutlich besser als „in der Tankstelle des Partners mitgeholfen“.
4. Die Partnerin ist qualifiziert.
Furchtbar, wenn man sich mit unqualifizierten Mitarbeitern rumschlagen muss. Das nervt Tankstellenbetreiber, Mitarbeiter, Kunden und auch den Betroffenen selbst. Dass auch die Partnerin eine ordentliche Einweisung erhält und darüber hinaus regelmäßige Fortbildungen, sollte sich deshalb von selbst verstehen.
5. Konflikte werden immer angesprochen. Umgehend.
Auch wenn die Aufgaben klar abgesprochen wurden, kann sich immer wieder Frust einschleichen. Dann muss ein klärendes Gespräch umgehend stattfinden, bevor sich zu viel anstaut und die Partnerschaft sowohl beruflich als auch privat belastet wird. Wichtig: Vorwürfe vermeiden, denn damit werden Fronten aufgebaut, die nicht weiterhelfen. Wie bei allen anderen Arbeitsverhältnissen sind darüber hinaus auch hier feste, routinemäßig vereinbarte Mitarbeitergespräche notwendig.
6. Irgendwann ist Schluss – vom Arbeitsalltag abschalten.
Das größte Risiko für die Partnerschaft ist es, wenn es keine Grenzen mehr zwischen Beruf und Privatleben gibt. Sieben Tage die Woche geht es immer und immer wieder um die Tankstelle. Da ist die Gefahr groß, dass man sich als Paar völlig verliert. Strategisches und Organisatorisches sollte deshalb möglichst nur während der Arbeitszeit besprochen werden – auch wenn das auf den ersten Blick schwierig klingt. Frust ablassen nach einem nervigen Tag muss natürlich erlaubt sein. Aber spätestens eine Stunde nach Feierabend sollte man sich gegenseitig alles Berufliche erzählt haben. Dann beginnt die Freizeit. Gemeinsam erlebte, schöne Zeit ist viel zu wichtig für eine Beziehung, um sie mit der ständigen Erörterung von Betriebsproblemen kaputt zu machen.
7. Wenn es zu viel wird: Es wird aufeinander geachtet.
Gerade in Partnerschaften, in denen es nicht gelingt, die Tankstelle auch mal auszublenden, ist die Gefahr eines Burnouts groß – der Ausgleich fehlt. Wenn einer zunehmend meckert, schlechte Laune hat oder viele Fehler macht, ist es höchste Zeit einzugreifen. Auch ein Wehren gegen Veränderungen kann darauf hindeuten, dass dem Partner gerade alles zu viel wird.
8. Lieber ein Ende mit Schrecken …
Nicht jede Partnerschaft eignet sich für eine enge berufliche Zusammenarbeit – selbst wenn alle genannten Tipps eingehalten werden. Spätestens wenn sich Streit und Frust negativ auf die Stimmung in der Tankstelle und/oder Beziehung auswirken, sollte die Notbremse gezogen werden. In diesem Fall ist es sowohl für das Unternehmen als auch für die Partnerschaft besser, wenn die Partnerin sich nach einem alternativen Job umsieht. Sylke Bub
Hinweis: Für Männer und für Frauen
Selbstverständlich gelten alle Tipps, die Sie in diesem Artikel finden, auch für den Fall, dass ein männlicher Partner in der Tankstelle mitarbeitet. Jedes Mal sowohl die weibliche als auch die männliche Version zu nennen, hätte den Text allerdings wesentlich schwieriger lesbar gemacht. Nur deshalb haben wir uns für diese Form entschieden, die der derzeit in deutschen Tankstellen häufigsten Konstellation entspricht. (Sylke Bub)