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Serie Personalmanagement (Teil 1): Süße Blondine gesucht

10.03.2017 14:13 Uhr
Serie Personalmanagement (Teil 1): Süße Blondine gesucht
Eine blonde, hübsche, junge Verkäuferin darf sich ein(e) Tankstellenbetreiber(in) insgeheim natürlich wünschen. Er/Sie sollte das aber so nicht in der Stellenanzeige formulieren. Es droht rechtliches Ungemach.
© Foto: contrastwerkstatt/stock.adobe.com

„Hübsche, clevere Blondine für den Kassenbereich gesucht.“ Wieso diese und ähnliche Formulierungen bei einer Stellenausschreibung so nicht funktionieren und welche Fallstricke es noch bei der Suche nach neuen Mitarbeitern gibt, schildert Rechtsanwalt Martin J. Warm im Auftakt unserer neuen Serie Personalmanagement.

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Wer auf der Suche nach Personal ist, weiß, welche Herausforderungen auf ihn zukommen. Unabhängig davon, ob für den Kassenbereich, den Forecourt oder die Werkstatt: Der neue Mitarbeiter sollte zum Team passen, zuverlässig und kundenorientiert sein und natürlich die notwendigen fachlichen Qualifikationen mitbringen. Bei der Auswahl des neuen Teammitglieds sind allerdings auch eine Menge rechtliche Vorgaben zu berücksichtigen.

1. Die Stellenausschreibung
Die erste Hürde zeigt sich schon bei der Formulierung der Stellenausschreibung. Unter Berücksichtigung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) darf nämlich nicht alles, was sich der Unternehmer wünscht, auch formuliert werden. Hintergrund ist, dass nach dem Gesetz kein Bewerber aufgrund einzelner Merkmale benachteiligt werden darf.

Konkret handelt es sich bei diesen Diskriminierungsmerkmalen um Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuelle Identität. Eine Benachteiligung gemäß § 3 AGG liegt vor, wenn eine Person „eine weniger günstige Behandlung“ erfährt. Daher muss schon bei der Wortwahl in der Stellenanzeige beachtet werden, dass sie Bewerber nicht wegen bestimmter Merkmale ausschließt. Tut sie das dennoch, können im weiteren Verlauf Schadensersatzansprüche an den Arbeitgeber entstehen. Ein Bewerber, der einen Anspruch auf Schadensersatz, Schmerzensgeld oder Erstattung der Bewerbungs- und Prozesskosten wegen Diskriminierung geltend machen möchte, muss die Frist von zwei Monaten nach erhaltener Absage einhalten.

Allein schon die Aussage „junges Team sucht …“ kann auf eine Altersvorgabe ausgelegt werden und damit zu Schwierigkeiten führen. Also: Altersangaben jeglicher Form vermeiden. Auch der Wunsch nach Bewerbern, die „körperlich kräftig“, „belastbar“, „ungebunden“ oder „Muttersprachler“ sind, ist bedenklich. Diese Eigenschaften können eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts, einer Behinderung oder der Herkunft bedeuten. „Wir suchen einen attraktiven, muskulösen Autowäscher zur Ergänzung unseres jungen Teams“, ist ein No-Go! Eine solche Stellenanzeige erfüllt offensichtlich einige Kriterien der Diskriminierung.

Doch so eindeutig sind die Beispiele in der Praxis nicht immer: „Suchen zunächst auf ein Jahr befristet eine(n) junge(n) en-gagierte(n) Tankwart“ klingt auf den ersten Blick gut. Die Diskriminierung ist nicht so eindeutig, aber dennoch enthalten. Ein nachweislich qualifizierter Tankwart kann schließlich in jedem Alter die offene Stelle besetzen. Und was ist mit weiblichen Bewerbern? Bei der Bezeichnung „Tankwart“ muss zwingend die weibliche Form aufgenommen werden, entweder ausformuliert als „Tankwart/Tankwartin“ oder als „Tankwart (m/w)“. Anders ist der Begriff der „Fachkraft“ anzusiedeln, der sowohl die weibliche als auch die männliche Variante abdeckt und somit der Geschlechterfrage genügt.

Eine Rechtfertigung des Ausschlusses bestimmter Bewerbermerkmale im Sinne des § 8 Abs. 1 AGG liegt vor, „wenn dieser Grund wegen der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist“. Gemeint ist zum Beispiel Berufserfahrung im Fachgebiet oder ein erforderliches Mindestalter des Bewerbers.

Bei der Einstellung von Personal ist es grundsätzlich ratsam, ein schriftliches Anforderungsprofil zu erstellen, das die zu besetzende Stelle beschreibt. Dieses hilft, eine Nichtauswahl schlüssig zu begründen. Ist zum Beispiel ein Staplerschein notwendig, so kann ein Bewerber, der diesen nicht vorweisen kann, rechtlich unangreifbar abgelehnt werden. Auch „konkrete Eintrittstermine“, der „Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis“ oder die „Möglichkeit zur Schicht- und Nachtarbeit“ können Rechtfertigungsgründe sein.
Gemäß § 12 AGG ist das Gesetz an geeigneter Stelle, etwa im Personalraum, „bekannt zu machen“. Übrigens ist außerdem auch ein Aushang am schwarzen Brett als Stellenausschreibung zu werten.

2. Das Bewerbungsgespräch
Im Bewerbungsgespräch sind einige Fragen zu vermeiden: So ist die Frage nach Behinderungen unzulässig, es sei denn, das Auskunftsinteresse dient auch dem Wohl des Schwerbehinderten, wenn das konkrete Anforderungsprofil zwingend eine stabile Konstitution erfordert. Fragen nach Krankheiten, Behinderungen, Konfession oder Vorstrafen können ebenfalls bedenklich sein. Hier ist es empfehlenswert, vorab rechtlichen Rat einzuholen.

Im Gespräch mit dem Bewerber sollten Sie sich Notizen machen. Bei einer Absage sollten Sie alle Unterlagen (Stellenanzeige/Anforderungsprofil, Bewerbungsschreiben, Gesprächsprotokoll, Notiz zur Entscheidung usw.) aufbewahren. Ein Tipp zu Absagen: Formulieren Sie die Absage neutral (zum Beispiel: „Wir bedauern, Sie bei der Besetzung der Stelle nicht berücksichtigen zu können …“). Weitere Gründe müssen nicht angegeben werden.

3. Die Rechtsfolgen
Die gute Nachricht zuerst: Ein Einstellungsanspruch besteht für den abgelehnten Bewerber nicht. Die schlechte Nachricht: Bei einem Verstoß besteht ein Schadensersatzanspruch des zu Unrecht abgelehnten Bewerbers. Im Extremfall bedeutet dies die Zahlung des Differenzbetrages zwischen Arbeitslosengeld beziehungsweise erhaltenem Gehalt über einen langen Zeitraum im Falle der nachgewiesenen diskriminierenden Ablehnung.
Bei einer Ablehnung eines Bewerbers, der auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, gilt eine Obergrenze von drei Monatsgehältern nach § 15 Abs. 2 AGG als verschuldens-unabhängiger Schmerzensgeldanspruch.

Wir haben für Sie in einem Merkblatt weiterführende Hinweise zum AGG zusammengestellt.

(Autor: Martin J. Warm, Rechtsanwalt und Fachanwalt bei Warm & Kollegen Rechtsanwälte, Paderborn; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 3/2017)

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