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Serie Personalmanagement: Er war stets bemüht

15.08.2017 21:22 Uhr
Serie Personalmanagement: Er war stets bemüht
Mitarbeiter haben ein Recht auf ein schriftliches Arbeitszeugnis, wenn sie das Unternehmen verlassen. Anschrift und Geburtsdatum müssen nicht zwingend genannt werden.
© Foto: klickerminth/Fotolia

Arbeitszeugnisse und ihre Tücken: Manche Floskeln klingen gut, sind es aber nicht. Was bei der Erstellung und Formulierung von Arbeitszeugnissen wichtig ist, erklärt Rechtsanwalt Martin J. Warm im folgenden Artikel.

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Wird ein Arbeitsverhältnis beendet, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis. Dabei gibt es zwei verschiedene Arten: Ein einfaches Zeugnis muss neben den Angaben zur Person mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthalten. Es bietet sich bei kurzen Beschäftigungsverhältnissen an, wenn die Qualifikation des Arbeitnehmers nicht ausreichend beurteilt werden kann.

Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis hingegen weist die Qualifikation des Arbeitnehmers aus und beschreibt die Aufgaben, die er im Betrieb übernommen hat. Zudem wird sein Verhalten beurteilt. Dieser Nachweis über den Werdegang und die Einbindung des ­Arbeitnehmers ist für sein berufliches Fortkommen unentbehrlich. Außerdem gibt es potenziellen zukünftigen Arbeitgebern eine Entscheidungshilfe an die Hand.
Zeitpunkt

Der Arbeitnehmer kann die Erstellung eines Zwischenzeugnisses zu jedem beliebigen Zeitpunkt wünschen. Es sollte aber ein berechtigtes Interesse vorliegen, wie zum Beispiel ein anstehender Wechsel des Vorgesetzten oder die interne Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz. Der Arbeitgeber kann Zeugnisse, die während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses erteilt werden, als „vorläufig“ kennzeichnen. Damit behält er sich vor, mögliche Änderungen im Verhalten des Arbeitnehmers bis zum Ende der Beschäftigung noch aufnehmen zu können.

Ein Zeugnis muss erteilt werden, wenn der Arbeitnehmer darum bittet. Das Zeugnis muss dann ausgehändigt werden, wenn das Ende der Beschäftigung abzusehen ist. Nur so kann es bestimmungsgemäß, nämlich für weitere Bewerbungen, verwendet werden. Bei einer fristlosen Kündigung muss der Arbeitgeber das Zeugnis unverzüglich ausstellen.

Äußere Form

Ein Zeugnis ist grundsätzlich auf Geschäftspapier auszustellen. Mindestens aber müssen die volle Firmierung und die aktuelle Anschrift des Ausstellers, eine Originalunterschrift und das Datum der Erstellung enthalten sein. Vor- oder Rückdatierungen sind, sofern sie Sinn ergeben, erlaubt. In der Regel wird das Zeugnis auf den Tag des Ausscheidens des Arbeitnehmers datiert. Inakzeptabel sind Flecken, Schreibfehler oder Durchstreichungen auf einem Arbeitszeugnis. In solchen Fällen kann der Arbeitnehmer eine Neuausstellung verlangen. Unzulässig sind außerdem in Fettschrift oder mit Anführungszeichen hervorgehobene Passagen, auch Ausrufe- oder Fragezeichen sind nicht erlaubt. Wurde das Zeugnis für den Postversand geknickt, dürfen später beim Ablichten keine Knicke erkennbar sein. Ein Zeugnis in elektronischer Form ist nicht zulässig.

Inhalt

Die Person, um die es geht, ist mit vollem Namen zu benennen. Anschrift und Geburtsdatum sind für eine Identifikation in der Regel nicht erforderlich und sollten nur mit Genehmigung des Arbeitnehmers aufgenommen werden. Nach der Nennung der Person folgt eine Beschreibung ihrer Aufgaben und Position im Unternehmen. Nachfolgend werden ihre Leistung und ihr Verhalten beurteilt.

Die Leistungsbeurteilung muss sich an den Aufgaben des Arbeitnehmers orientieren. So können zum Beispiel die Verantwortungsbereitschaft oder das Verhandlungsgeschick beurteilt werden, aber auch Einsatzbereitschaft, Arbeitsqualität und -erfolge, Fachkenntnisse oder körperliches Leistungsvermögen.

Das Verhalten ist im Hinblick auf den sozialen Umgang mit Geschäftspartnern, Kunden, dem Chef oder Untergebenen zu beurteilen. In manchen Fällen ist es branchenüblich, bestimmte Eigenschaften zu erwähnen. Bei einer Kassiererin wird zum Beispiel erwartet, dass ein Hinweis auf ihre Ehrlichkeit gegeben wird. Fehlt dieser, spricht man von „beredtem Schweigen“. Gemeint ist, dass der Hinweis absichtlich fehlt, damit kein negatives Urteil im Zeugnis steht.

Einmalige Umstände gehören nicht in ein Arbeitszeugnis, aber der Arbeitgeber hat einen Spielraum, was er betonen oder vernachlässigen möchte. Es wird gemeinhin davon ausgegangen, dass er Tatsachen beurteilt, nicht Vermutungen.

Formulierungen

Ein Zeugnis ist nach dem Gebot der Zeugniswahrheit und -klarheit zu erstellen. Bei der Beurteilung, ob das Zeugnis dem Gebot der Klarheit entspricht, ist die Sicht des Empfängers maßgeblich. In der Praxis endet ein Arbeitszeugnis mit einer Schlussnote, die noch einmal einen Hinweis auf das Gesamtbild gibt und im Sinne der vorhergehenden detaillierten Be­urteilung schlüssig sein muss.

Möchte man einen Arbeitnehmer sehr gut beurteilen, ist folgende Formulierung möglich: „Er hat die ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt und unseren Erwartungen in jeder Hinsicht entsprochen.“ Eine Abstufung stellt schon „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ dar.  Eine durchschnittliche Bewertung versteckt sich hinter den Passagen „zu unserer vollen Zufriedenheit“ oder „stets zu unserer Zufriedenheit“.

Mangelhafte bis ungenügende Leistungen (so die laufende Rechtsprechung der Arbeitsgerichte) bescheinigen diese Formulierungen: „im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit“, „er hat sich bemüht, die übertragene Arbeit zu unserer Zufriedenheit zu erledigen“, „führte die ihm übertragenen Aufgaben mit großem Fleiß und Interesse durch“ oder „insgesamt zu unserer Zufriedenheit“. Ein „wohlwollendes Zeugnis“ ist nicht immer gleichzusetzen mit einem „wahrheitsgemäßen Zeugnis“ – dennoch muss das Zeugnis wahr sein.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in Bezug auf das Arbeitszeugnis entschieden, dass der Arbeitgeber einen Beurteilungsspielraum hat. Dieser kann nur eingeschränkt überprüft werden. Lediglich die Tatsachen, die der Arbeitgeber seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat, sind vollständig überprüfbar. Die Rechtsprechung besagt zur Darlegungs- und Beweislast beim Arbeitnehmer, dass er überdurchschnittlich, beim Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer unterdurchschnittlich war.

Bei Nichtgefallen

Die Ausstellung eines neuen Zeugnisses (nicht nur Korrektur) kann der Arbeitnehmer verlangen, wenn es falsche Tatsachen oder unrichtige Beurteilungen enthält und dadurch sein berufliches Fortkommen beeinträchtigt werden könnte. Bei einem Rechtsstreit über das Arbeitszeugnis sind die Arbeitsgerichte befugt, das gesamte Zeugnis zu überprüfen und selbst neu zu formulieren.

Das (neue) Zeugnis ist entsprechend auszustellen, ohne dass der Arbeitgeber auf das Gerichtsurteil verweisen darf. In besonderen Fällen ist der Arbeitgeber bei schuldhafter Verletzung der Zeugnispflicht (Nichterfüllung, Schlechterfüllung oder verspätete Erfüllung) gegenüber dem Arbeitnehmer sogar schadensersatzpflichtig.

Mein Tipp: Versuchen Sie im Streitfall einen Konsens im Dialog zu finden. Erfahrungsgemäß haben Zeugnisstreitigkeiten oftmals keinen wirklichen Gewinner.

Rechtsanwalt Martin J. Warm, ­Fachanwalt für Arbeitsrecht und Steuerrecht, Paderborn

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