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Serie "Der Tankstellenmittelstand": Allguth im Porträt

14.09.2018 13:15 Uhr
Serie "Der Tankstellenmittelstand": Allguth im Porträt
Anfang der 90er haben die Brüder Christian (l.) und Michael Amberger (r.) das väterliche Unternehmen Allguth übernommen.
© Foto: Marion Vogel

In diesem Jahr feiert das Familienunternehmen Allguth sein 60-jähriges Jubiläum. Das Erfolgsrezept des ­Münchner Mittelständlers: ein findiges Brüderpaar als Chefs, engagierte Mitarbeiter und viel Marktgespür.

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Hin und wieder schadet es nicht, einen Moment innezuhalten und darüber nachzudenken, wo man steht und was einem wichtig ist. Das gilt nicht nur für die eigene Person, sondern gleichfalls für Unternehmen. In diesem Prozess befindet sich aktuell die Allguth. Nicht etwa, weil der Mittelständler aus Gräfelfing bei München 2018 sein 60-jähriges Bestehen feiert. Dass das Jubiläum und die „Selbstfindungs­phase“ zeitlich aufeinandertreffen, ist eher Zufall. Die Besinnung auf die eigenen Werte hat einen ganz anderen Grund: Geplant ist eine neue Internetseite, die die Identität und Markenwelt der Allguth widerspiegeln soll. Doch wie definiert man diese einem Agenturmitarbeiter, der nur die Außenansicht auf das Unternehmen hat?

„Natürlich tragen wir unsere Markenwelt in unserem Herzen, aber so richtig klar definiert und schriftlich fixiert haben wir sie bisher nicht“, bekennt Michael Amberger, Jahrgang 1967, der gemeinsam mit seinem sechs Jahre älteren Bruder die Geschäftsführung innehat. „Wir wissen sehr wohl, was wir können und was wir darstellen, aber wir müssen dem Ganzen noch mehr Schärfe verleihen“, ergänzt Christian Amberger. Dabei geht es nicht nur um die Ansichten der Firmenchefs. Auch die Mitarbeiter sollen in den kommenden Monaten die Möglichkeit bekommen, ihre Sichtweise auf die Mineralölgesellschaft in Interviews zu beschreiben. Das Ziel: ein klar definiertes Bild der Marke Allguth.

Namen, keine Nummern

Eines steht für die Brüder in jedem Fall fest: „Wir betreiben People Business. Wenn wir eine unserer Stationen besuchen, dann sind das keine Straßenbezeichnungen oder Stationsnummern, dann fahren wir zum Herrn Schelling oder zum Poschi.“ Die Nähe zu ihren Mitarbeitern ist den Ambergers wichtig: Sie sehen sich als Sparringspartner, Coach und Lebensbegleiter für ihre Pächter. „Viele unserer Wettbewerber raufen sich die Haare, wenn sie hören, dass wir in der Zentrale allein vier Mitarbeiter haben, die nur für das Shopgeschäft zuständig sind. Auch wenn das das Eigengeschäft der Pächter ist, wollen wir sie dabei beratend begleiten“, erklärt Michael Amberger.

Und so unterstützen die Geschäftsführer beispielsweise Alexander Schelling, Pächter der Allguth-Tankstelle am Georg-Brauchle-Ring im Münchener Norden. Schelling arbeitete erst in der Zentrale und hat sich durch Fortbildungen zum Pächter weiterentwickelt. Seine asiatischen Wurzeln und die Ausbildung zum Koch verbindet er an seiner Station und bietet täglich frisch zubereitete asiatische Gerichte an.

Mehrere Standbeine

Von der ersten Allguth-Tankstelle mit reinem Kraftstoffverkauf bis zur Station mit Getränkemarkt und selbst gekochter asiatischer Küche war es jedoch ein langer Weg. Gegründet wurde das Unternehmen 1958 von Alfred Krapf, Fritz und Willy Amberger, dem Vater der jetzigen ­Geschäftsführer. (Fritz Amberger schied 1972, Krapf 1982 aus der Gesellschaft aus.) Ursprünglich betrieben die Münchener einen Parkplatz, den sie Ende der 50er Jahre um eine Zapfsäule ergänzten. Nach und nach wuchs das Unternehmen um weitere Standorte. In den 70er Jahren wurde das Netz aus 30 Tankstellen an die Conoco verkauft, weil die Kraftstoffversorgung aufgrund der ­Ölpreiskrise immer schwieriger wurde.

Als Willy Amberger anschließend noch mal komplett von vorne angefangen hat, wollte er sich breiter aufstellen. So ist die Idee entstanden, die Tankstellen um Getränkemärkte, Waschanlagen und Shops zu ergänzen. Das hat auch die Größe der Anlagen beeinflusst. Statt der damals 50 oder 100 Quadratmeter großen Shops entschied sich Amberger für Gebäude mit 1.000 Quadratmetern – Dimensionen, die bis heute in der Branche ungewöhnlich sind. „Auf verschiedene Standbeine zu setzen, war für uns der richtige Weg in die Zukunft“, sagt Christian Amberger rückblickend.

Insbesondere das Thema Getränkemarkt, bei dem die Allguth in der Branche Vorreiter war, stellte sich als Erfolgskonzept heraus. „Wir waren immer die Ersten, die irgendwo eine Bewegung angestoßen haben: 1983 hatten wir die ersten bleifreien Tankstellen, 1993 haben wir die ­erste Elektroschnellladesäule installiert, die wir mit Strom aus einer Photovoltaikanlage ­betrieben haben. Und seit 2017 sind wir der erste kleine Mittelständler mit einer Wasserstofftankstelle“, zählt Christian Amberger stolz auf.

Die Bereitschaft, Neues auszuprobieren und so die Gesellschaft voranzubringen, ist sicherlich auch dem guten Teamwork und dem Unternehmergeist der Brüder geschuldet. „Wir wollten nicht nahtlos nach unserem Betriebswirtschaftsstudium in die väterliche Firma eintreten, sondern erst einmal schauen, ob die Zusammenarbeit zwischen uns funktioniert“, erzählt Christian Amberger. Diese Möglichkeit bot sich mit einer zweiten Firma des Vaters, einem Joint Venture mit der Agip. Als dieses kleine Netz aus vier Tankstellen, einer Waschstraße und einem Getränkemarkt Ende der 80er Jahre aufgelöst werden sollte, kauften die Brüder die Stationen von ihrem Vater und der Agip und gründeten die Allguth Tankstellen GmbH.

„Wir haben die Tankstellen in eigener Regie betrieben und uns um alles selbst gekümmert – vom Einkauf über die Buchhaltung und die Technik bis zum Personal. Wir wollten das Geschäft von der Pike auf lernen“, betont Michael Amberger. Der Testlauf zur Zusammenarbeit lief erfolgreich, also schlugen die Brüder Anfang der 90er Jahre ihrem Vater vor, die Allguth Mineralöl und die Allguth Tankstellen GmbH zu fusionieren. Der Seniorchef stimmte dem Zusammenschluss zu und nahm sich anschließend selbst immer mehr aus dem Alltagsgeschäft heraus, um sich eigenen Projekten zu widmen.

Unterschiedliche Charaktere

Ob es da nie Streit gibt? Eigentlich nicht. „Wir verstehen uns gut und haben gelernt, zusammenzuarbeiten“, sagt Christian Amberger. Dass beide unterschiedliche Charakterzüge haben, sei dabei eher von Vorteil. Er beschreibt seinen jüngeren Bruder als kreativ, impulsiv, als „einen, der viele Ideen hat, aus sich herausgeht und Menschen begeistern kann“. Daher verantwortet der jüngere Chef vor allem Themen wie Marketing und Werbung, aber auch Architektur und Technik. Er selbst sei eher der Kopfmensch und kümmere sich beispielsweise ums Controlling und die Verträge. Und auch wenn jeder seinen eigenen Bereich hat: Mindestens einmal die Woche nehmen sie sich Zeit und besprechen in Ruhe die wichtigsten Themen.

„Wir versuchen, uns immer einig zu sein, sonst wird das Projekt nicht umgesetzt“, sagt Christian Amberger. Oder wie es sein Bruder formuliert: „Es gibt ein klares Commitment: keine Alleingänge. Man muss den anderen abholen können.“ Der Bruder sei dabei immer die Reflexionsfläche der eigenen Ideen. Könne man ihn nicht begeistern, sollte man sich selbst kritisch hinterfragen, ob die Idee tatsächlich gut genug war. Offensichtlich traf das ­immer zu, denn bisher habe es nur einen Vorfall gegeben, wo sich die Geschwister nicht einigen konnten.

Einig sind sich die Brüder etwa beim Thema Architektur: „Wir haben uns 1989 bewusst Gedanken über das Erscheinungsbild unserer Tankstellen gemacht, da wir uns als Bauherren von Anlagen quasi im öffentlichen Raum verpflichtet fühlen“, sagt Michael Amberger. Viele Stationen sähen eher nach der Arbeit eines Bauingenieurs aus denn aus der Feder eines Architekten stammend. Daher seien sie damals einen eigenen Weg gegangen, haben einen Wettbewerb ausgelobt und investieren seitdem bewusst in die Architektur.

Vor fünf Jahren haben die Firmenchefs in diesem Bereich abermals eine Weichenstellung vorgenommen. „So sehr wir mit der Architektur zufrieden sind, fanden wir den Innenraum noch nicht genügend gelungen. Viele Shops in unserer Branche sind austauschbar und stellen keinen Markenraum dar. Wir wollen aber nicht einfach nur chic sein, sondern einen Ladenbau, in dem unsere Markenwerte verankert sind“, beschreibt Michael Amberger das Ziel.

Dabei steht das Unternehmen vor der Herausforderung, dass die Warenvielfalt weiterhin gewährleistet sein soll, die jedoch gleichzeitig zu einer Sinnesüberreizung führt. „Wo wir früher Wände regelrecht zugeknallt haben, schaffen wir heute durch dunkle Wandflächen Beruhigungszonen. Bei Neubauten gehen der dunkle Boden, die Wand und die Regalfarbe ineinan­­der über, so dass die Ware – der Star des ­Shops – besser wahrgenommen wird“, erklärt er.

Ebenfalls Stars sind für die Ambergers die Pächter und Mitarbeiter. „Wir sind stolz darauf, dass wir unseren Leuten die Möglichkeit geben können, Karriere bei uns zu machen. Wir haben viele Mitarbeiter, die es dank Weiterbildungen zum Pächter geschafft haben“, berichtet Christian Amberger. Und sein Bruder ergänzt: „Wir suchen unser Seelenglück nicht in der Expansion. Bevor wir uns nur an Größe erlaben, muss jeder Standort noch besser dastehen und das Personal noch besser ausgebildet sein.“

Vor dieser Zielsetzung verwundert dann auch die Anekdote nicht, die eine Mitarbeiterin kürzlich erzählt hat: Ein Kunde fährt vor, macht den Kofferraum auf und holt einen Campingstuhl raus, um sich damit auf die Terrasse zu setzen. „Er ist mit dem Wissen zur Allguth gefahren, dass er dort Bekannte trifft. Das macht uns glücklich“, sagt Michael Amberger. Und so ist vielleicht das der Markenkern des Unternehmens: die Allguth-Tankstelle als Ort der Begegnung.

(Autorin: Annika Beyer; Der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 9/2018.)

Allguth in Zahlen
Gründung: 1958
Netzgröße: 42 Tankstellen, davon 28 selbst betrieben unter den Marken Allguth und Aral
Anzahl Waschanlagen: 18
Anzahl Getränkemärkte: 25
Region: München und Umkreis von circa 100 Kilometern
Zentrale: Gräfelfing, 44 Mitarbeiter (inklusive Technik, Außendienst und Teilzeit)

Aus dem Heizwerk der Deutschen Bahn in Aubing bei München soll in den kommenden drei Jahren das KunstKraftWerk, ein Ort der Begegnung, werden.
© Foto: Bernhard Rauscher

Das Herzensprojekt

Seit 30 Jahren ist das Heizwerk der Deutschen Bahn in Aubing bei München ungenutzt, bis vor 13 Jahren die Brüder Amberger das Anfang der 1940er Jahre errichtete Gebäude gekauft haben. Aus dem Ziegelbau im Stil der 20er Jahre soll bis 2021 unter der Regie des Architekturbüros Stenger2 ein Ort der Begegnung werden. Der Name: KunstKraftWerk. Die Geschossfläche beträgt 13.100 Quadratmeter, davon sollen mehr als ein Drittel zur Ausstellungsfläche umgestaltet werden. Für Events mit bis zu 600 Gästen stehen künftig rund 3.000 Quadratmeter zur Verfügung. Hinzu kommt ein Auditorium und ein Konzertsaal, die Raum für 200 Besucher bieten. Wer mit einem Kunst- oder Kulturerlebnis einfach nur ein bisschen Farbe in sein Leben bringen möchte, kann dies mit einem genüsslichen Restaurant- oder Bistrobesuch verbinden. „Wir schreiben mit dem Projekt die Allguth-Geschichte fort: Wir wollen einen Ort schaffen, der lebendig ist und an dem Menschen gerne sind. Es ist wie an unseren Tankstellen: Die Besucher sollen gerne kommen und freudvolle Begegnungen haben“, beschreibt Michael Amberger das Projektziel. (ab)

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