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Die nächste Generation: Ein ungleiches Duo

01.02.2019 11:00 Uhr
Die nächste Generation: Ein ungleiches Duo
Aus München über Wien und Innsbruck nach Waging am See: Fabian und Tobias Lanzerstorfer (v. l.).
© Foto: Julia Richthammer

Peter Lanzerstorfer, Geschäftsführer des Mittelständlers Vewag, machte seine beiden Söhne Fabian und Tobias im Juli 2017 zu seinen Nachfolgern. Die Zusammenarbeit der ungleichen Brüder hat Vorteile.

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Der eine studierte Architektur in Wien, der andere Betriebswirtschaftslehre in Innsbruck. Der eine arbeitete nach dem Studium vier Jahre in einer anderen Firma, der andere stieg direkt als Nachfolger im Training bei seinem Vater ein. Der eine lebt in Waging am See, wo sich sein Arbeitsplatz befindet, der andere pendelt ­jeden Tag von München, wo beide aufwuchsen, in das malerische Örtchen in Oberbayern.

Der eine, das ist Fabian Lanzerstorfer, 35 Jahre alt, der andere ist sein 33-jähriger Bruder Tobias. Und so sehr sich ihre ­Lebenswege unterscheiden, den Arbeitsmittelpunkt teilen sie inzwischen. Die ­Brüder sind neben ihrem Vater und Firmengründer Peter Lanzerstorfer, Geschäftsführer der Vewag, einem mittelständischen Mineralölhändler und Markenpartner von Aral mit 57 Tankstellen vor allem im ­Süden und Osten Deutschlands.

Entsprechend ihrer Ausbildung gliedern die Brüder die Aufgabengebiete auf. Tobias Lanzerstorfer, der Betriebswirt, ist für die kaufmännische Seite mit Buch­haltung und Vertrieb verantwortlich, der ­Architekt Fabian Lanzerstorfer für den technischen Bereich. So zumindest auf dem Papier, in der Realität verläuft die Trennung nicht immer so klar: „Jeder kümmert sich um alles, das ist bei kleinen Betrieben ja immer so", erzählt der Ältere.

In der Mitte treffen

Aus den unterschiedlichen Lebensläufen ergibt sich aber auch Konfliktpotenzial. So sieht Fabian Lanzerstorfer als Trend der kommenden Jahre, die Tankstelle zum baulichen und räumlichen Erlebnis für den Besucher zu machen. Ein Gedanke, dessen Kehrseite seinem Bruder dank seines betriebswirtschaftlichen Hintergrunds sofort auffällt, nämlich die Kosten: „Das ist der Zwiespalt, den wir mit unseren Hintergründen haben. Inwieweit tobt man sich da aus und stellt trotzdem noch die Wirtschaftlichkeit her?" Das sei immer eine Abwägung, bei der man sich in der Mitte treffen müsse. „Sonst geht es in die eine wie in die andere Richtung falsch", sagt der Jüngere.

Bei neuen Projekten haben beide ­eigene Vorlieben, dementsprechend sucht sich jeder seine Teilaufgaben aus. Für das Gesamtbild brauche man aber alle Einzelteile, beschreibt Tobias Lanzerstorfer die Zusammenarbeit zwischen den Brüdern: „Das setzt sich zusammen wie ein Puzzle. Da ist dann auch mal ein ungeliebtes Puzzle­teil dabei." „Das schieben wir uns dann gerne gegenseitig zu", sagt sein Bruder ­lachend und ergänzt: „Das ist in Ordnung, dafür sind wir zu zweit."

Die Vielseitigkeit der Tankstellenbranche mit ihren verschiedenen Puzzleteilen ist es, was den beiden besonders gut gefällt. Neue Mitarbeiter anzuwerben, die das Interessante an dieser Branche sehen, ist dagegen sehr schwierig, vor allem für die Zentrale im 7.000-Einwohner-Markt Waging am See. Die Mineralölbranche gilt nicht als „cool" bei den Nachwuchskräften, die würden sich nach dem Studium eher bei einem Start-up bewerben, vermutet Fabian Lanzerstorfer. Sein Bruder bricht dennoch eine Lanze für das Business: „Es wird einem nie langweilig. Die Geschäftsbereiche, die eine Tankstelle ­inzwischen abdeckt, das hat kein Ende mehr. Das ist das Spannende, was uns an der Branche interessiert. Welche Möglichkeiten noch ungenutzt sind oder wo wir einen Mehrwert sehen." Das beginne bei Bezahlsystemen und ende bei neuen Produkten im Shop.

Bisher noch wenig etablierte Geschäftsfelder wie Elektro- oder Wasserstoffsäulen sind bei Vewag vorerst aber kein Thema. Zum einen finden die Junior­chefs, dass sie als Mittelständler kein Vorreiter bei neuen Technologien sein ­müssen. Zum anderen sei es bisher noch eine ganz einfache wirtschaftliche Frage, erklärt ­Fabian Lanzerstorfer: „Zahlt es sich aus oder nicht?" Tankstellen werden gerade durch die Elektrosäulen in einen Wett­bewerb mit Friseursalons und Kinos getrieben, also Orten, an denen der Kunde ohnehin eine Weile steht, schätzt Tobias Lanzerstorfer die aktuelle Lage ein. Man müsse Parkplätze vorweisen, die man nicht hat oder irgendwo von vorhandenen Flächen abzwacken muss. Wasserstoff sei ­dagegen eine interessante Möglichkeit, die sie, wenn alle Begleitumstände wie Finanzen und Bedarf da sind, gerne umsetzen möchten.

Generationswechsel

Bei alten wie neuen Projekten ist der Vater derzeit noch „im Hintergrund allübergreifend tätig", wie es Tobias Lanzerstorfer ausdrückt. Das käme daher, dass er früher, als Umfang und Mitarbeiterzahl noch kleiner waren, alles in Personalunion gemacht habe. Inzwischen wäre das im operativen täglichen Geschäft aufgrund des Wachstums auf 57 Tankstellen gar nicht mehr möglich. Bei neuen Verträgen oder anderen in finanzieller Hinsicht großen Meilensteinen können die Söhne aber immer auf die Erfahrung des Seniors vertrauen und sind darüber auch froh. Doch über kurz oder lang möchte dieser sich in den wohlverdienten Ruhestand zurückziehen. „Vielleicht hat er sich Waging am See schon bei der Gründung als Ruhestandsdomizil ausgesucht", scherzt sein 33-jähriger Sohn.

Außerdem mussten die Brüder nicht von heute auf morgen als Neulinge in der Firma und in der Branche gleich die ganze Verantwortung alleine stemmen. Vater Peter Lanzerstorfer führte beide Söhne langsam heran, machte sie anfangs zu seinen Schatten, saß mit ihnen am Schreibtisch, zeigte ihnen die täglichen Abläufe. Nach und nach übernahmen sie mehr Verantwortung, bis sie im Juli 2017 zu zusätz­lichen Geschäftsführern ernannt wurden.

Dass sich mit dem Unternehmenswachstum auch die Verantwortung vergrößert, dessen sind sich die ­Lanzerstorfers bewusst: „Die Entscheidungen betreffen nicht nur uns, sondern da hängen in­zwischen 18 Mitarbeiter dran", gibt Fabian Lanzerstorfer zu bedenken. Und das sind nur die Mitarbeiter in der Zentrale in ­Waging, dazu kommen noch die Pächter an den Stationen. „Diese Verantwortung teilen wir uns gerne auf."

Für die Mitarbeiter fühlen sich die beiden nicht nur verantwortlich, sie ­wissen deren Einsatz zu schätzen. Mit ein paar Jahren Erfahrung in der Mineralöl­branche können sie noch gar nicht alles wissen, was ein Kollege mit 25 Jahren Erfahrung weiß, das geben sie offen zu. „Wir lernen jeden Tag dazu und das geht hoffentlich noch lange so weiter", erklärt der 35-Jährige. Auch von der Ortskenntnis der Mitarbeiter, die schon viele Jahre in Waging am See leben, profitieren die Juniorchefs. Es sei schwierig, Anschluss zu finden, wenn man nicht bei der freiwilligen ­Feuerwehr oder dort aufgewachsen sei. Deshalb würde Fabian Lanzerstorfer, könnte er erneut entscheiden, nicht nochmal dorthin ziehen.

Mit dem Ort an sich hat das freilich nichts zu tun. Wenn Tobias Lanzerstorfer erzähle, dass er in Waging am See arbeite, würden Gesprächspartner ab 45 Jahren stets mit Neid reagieren: „Sie arbeiten da, wo andere Ferien machen, das ist ja toll!", zitiert er. So sei es auch. Nur: Man habe nicht viel davon, wenn man den ganzen Tag im Büro sitze. „Dafür besucht uns ­jeder gerne. Lieferanten, Kunden, alle kommen gern nach Waging. Im Sommer werden die Termine immer mehr."

(Autorin: Julia Richthammer; der Artikel erschien in Sprit+ Ausgabe 1.2/2019)

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