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Tankstellenmarkt 2017: Die Branche in Zahlen

10.04.2017 13:19 Uhr
Tankstellenmarkt 2017: Die Branche in Zahlen
Die marktrelevanten Zahlen unterstreichen die Resümee der meisten MÖG, dass 2016 ein erfolgreiches Geschäftsjahr war.
© Foto: Denphumi/stock.adobe.com

2016 war das Geburtsjahr der Mittagsanhebung, 2017 beginnt mit fatalen Plänen gegen Autogas und einer Reformankündigung für 2018. Sprit+ bringt die Entwicklungen im Tankstellenmarkt auf den Punkt.

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Auf deutschen Straßen tummeln sich so viele Autos, LKW, Motorräder und Omnibusse wie noch nie. Mehr als 55 Millionen angemeldete Kraftfahrzeuge registrierte das Kraftfahrtbundesamt (KBA) zum 1. Januar 2017. Zum selben Stichtag zählte der Energie Informationsdienst (EID) 14.510 Tankstellen. Auch dies ist ein Rekord, jedoch ein Minusbestwert. So wenige Tankstellen hatte es zuletzt gegeben, als sich das Automobil zu einem revolutionären Fortbewegungsmittel des Durchschnittsbürgers aufschwang.

Das vermeintliche Paradoxon, immer mehr Fahrzeuge an immer weniger Tankstellen, ist nur ein scheinbares. In Wahrheit ist das die Strategie, mit der die großen Mineralölgesellschaften heute ihr Geschäft stärken wollen (mehr dazu ab Seite 8). Und um bei der Wahrheit zu bleiben, ist die Zahl der Tankstellen in Deutschland vielleicht sogar höher, schenkt man einer zweiten Zählung das Vertrauen: Das Bundeskartellamt hat unlängst seinen dritten Jahresbericht zur Markttransparenzstelle für Kraftstoffe (MTS-K) veröffentlicht, dem zufolge zum 1. Dezember 2016 nun14.750 Tankstellen Preise meldeten. Gegenüber dem Vorjahr kamen noch einige Registrierungsanträge hinzu, die von Betreibern eher „atypischer“ Tankstellen stammten wie Speditionen, Autohäusern und Baumärkten, die aber öffentlich zugänglich und insofern meldepflichtig sind.

Zusätzliche Mittagsanhebung

Diese atypischen Neuankömmlinge werden kaum dazu beigetragen haben, dass die Anzahl der Preiserhöhungen pro Tag an Tankstellen zugenommen hat. Im Durchschnitt wurden die Preise für Kraftstoffe zwischen 1,6- und 1,8-mal am Tag erhöht. 2015 waren es zwischen 0,8 und 1,1 Erhöhungen gewesen. Senkungen hingegen fanden an einer Tankstelle durchschnittlich zwischen 4,0- und 5,3-mal (2015: 2,9- und 4,2-mal) pro Tag statt. Als Grund für die häufigeren Preishebungen und -senkungen machte das Kartellamt die „seit Sommer 2015 zu beobachtende mittlerweile weit verbreitete Mittagsanhebung“ aus. Gegen 12 Uhr erhöhen viele Stationen die Preise an der Zapfsäule „geringfügig“, um von den hungrigen Kunden auch an der Zapfsäule zu profitieren.

Insgesamt, zeigte die Auswertung, fielen die Preisspannen pro Liter an einer Tankstelle niedriger aus als 2015, aber die Häufigkeit der Preisänderungen hat zugenommen. Für Jürgen Ziegner, Geschäftsführer des Zentralverbands des Tankstellengewerbes (ZTG), lässt das den Rückschluss zu, „dass die maßgeblichen Konzerne ihre auf die gemeldeten Wettbewerbspreise reagierenden Preissysteme verbessert haben. Diese arbeiten inzwischen schneller und angepasster.“

Die MTS-K registrierte weiterhin erhebliche Preisunterschiede im Tagesverlauf: Zwischen dem durchschnittlich höchsten (nachts) und niedrigsten Kraftstoffpreis (zwischen 18 und 20 Uhr) innerhalb einer Stadt können Unterschiede von bis zu 30 Cent pro Liter bestehen. Berücksichtigt man die Spitzenpreise in der Nacht nicht, kann der Unterschied immer noch um die 20 Cent pro Liter betragen. An ein und derselben Tankstelle schwanken die Preise um die zehn Cent am Tag.

Ansonsten enthält der Bericht des Bundeskartellamts keine neuen Erkenntnisse, dafür aber einen Appell an die Autofahrer. Kartellamtschef Mundt fordert: „Die hohen Preisunterschiede verdeutlichen, dass es sich lohnt, die Daten der Markttransparenzstelle zu nutzen. Auswählen und gezielt tanken spart Geld und erhöht den Wettbewerbsdruck auf die Mineralölunternehmen. Den Erfolg der Markttransparenzstelle haben die Verbraucher damit ein Stück weit selbst in der Hand.“

Ob die MTS-K wie politisch beabsichtigt dazu geführt hat, den Preiswettbewerb zu verschärfen, dazu wollte die Wettbewerbsbehörde nichts sagen und verwies auf die derzeit stattfindende Evaluierung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Auf Anfrage von Sprit+ erklärte das Ministerium, dass noch kein Termin zur Veröffentlichung der Ergebnisse feststehe.

Fest steht für ZTG-Geschäftsführer Ziegner hingegen, dass sich das Kraftstoffpreis-Paradoxon einmal mehr bestätigt hat. Weil die Durchschnittsverbraucherpreise von 107,2 Eurocent für Diesel und 129,6 Eurocent für Super E5 laut Angaben des Statistischen Bundesamts so günstig wie seit 2005 beziehungsweise 2009 nicht mehr waren, konnten „die großen Gesellschaften auch mit etwas weniger Tankstellen ihre Absatzanteile halten“, führte Ziegner aus und begründete: „Bei niedrigen Preisen sind die Verbraucher weniger preissensibel.“ Und das ironischerweise, obwohl die Preise in Relation gesehen teurer sind.

Mengen im grünen Bereich

Wegen der niedrigen Preise, aber auch wegen der guten Konjunktur dürften die Mengen bei den meisten MÖG 2016 gestimmt haben. Gegenüber dem Vorjahr legten die in Deutschland abgelieferten Ottokraftstoffe um 0,2 Prozent auf 18,255 Millionen Tonnen zu. Während der Rückgang in Höhe von 6,8 Prozent bei Super E10 belegt, dass der vor sechs Jahren eingeführte Kraftstoff immer mehr an Akzeptanz verliert, bestätigendie Zahlen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) Berichte der MÖG, die einen Anstieg ihrer hochwertigeren Premiumprodukte verzeichneten: Super Plus legte mit fünf Prozent deutlich zu und kommt bei den Ottokraftstoffen nun auf einen Anteil von 4,6 Prozent.

Deutlich stärker als die Benzinsorten gewann Diesel Absatzanteile. Mit einem Plus von 4,5 Prozent gegenüber 2015 legte die Inlandsablieferung insgesamt (an Betriebs- und öffentlichen Tankstellen) kräftig zu. Allein an öffentlichen Tankstellen wuchs der Dieselabsatz nach Angaben von Aral um 2,9 Prozent auf 18,1 Millionen Tonnen an, sodass in Deutschland 2016 erstmalig mehr Diesel als Benzin an den Zapfsäulen verkauft wurde.

Mit Mengen muss nicht Gewinn einhergehen. Die Beratungsgesellschaft Mackenzie errechnete im Auftrag des EID für die MÖG und den Dieselverkauf an Tankstellen im Jahr 2016 gerade einmal eine schwarze Null. Insbesondere im Dezember seien viele Gesellschaften in die Verlustzone geraten. Bei den Ottokraftstoffen waren die Margen deutlich besser, nach Biobeimischung wurde angeblich noch ein Netto-Ertrag von 1,5 Cent pro Liter erzielt.

Ähnlich ärgerlich wie die schwachen Dieselmargen dürfte insbesondere für den Mittelstand die Entscheidung der Bundesregierung Anfang dieses Jahres gewesen sein, den Steuervorteil für Autogas (LPG) nicht wie geplant zu verlängern, sondern ab 2019 nicht mehr zu fördern. Noch im Mai vergangenen Jahres (Sprit+ berichtete) sah der erste Gesetzesentwurf vor, den Steuervorteil für Gaskraftstoffe über 2018 hinaus zu verlängern. Dabei sollte die Steuerbegünstigung für LPG für drei Jahre bis 2021 verlängert werden, abschmelzend ab 2019. Weil sich die Bundesregierung im aktuellen Entwurf des Energiesteuergesetzes nun doch anders entschloss, dürfte die letztjährige Steigerung des Autogasnetzes auf 7.061 Stationen die letzte für lange Zeit gewesen sein, mutmaßt ZTG-Chef Ziegner.

Erdgas macht Rückschritte

Gesunken war hingegen die Zahl der Erdgastankstellen um 35 auf 882 Stationen. Ob die Verlängerung des Steuervorteils bis 2026 die Kehrtwende bedeutet, hängt von der Nachfrage von verflüssigtem Erdgas (LNG) ab. In diesem Kraftstoff sehen Experten die einzige Alternative zu Diesel für den Schwerlastverkehr. Mit CNG betriebene Erdgasautos sind am Markt noch Ladenhüter und das Angebot ist überschaubar. Die Entscheidung der Regierung pro Erdgas und contra Autogas kritisierte deshalb auch BFT-Geschäftsführer Stephan Zieger: „Wenn die Förderung für Autogas nach 2018 gestrichen werden sollte, ist das wie beim Biodiesel: Da verschwindet einfach ein alternativer Kraftstoff vom Markt, ohne an die positiven Aspekte zu denken.“

Auch von einer zweiten Neuerung in der Branche ist Zieger alles andere als angetan: Ab 2018 will die Raststättengesellschaft Tank & Rast ihre Regelungen für die Einlieferung und den Vertrieb von Kraftstoffen von Bundesautobahntankstellen ändern. Lediglich 49 Prozent laufen dann noch über die Quote gemäß dem Absatzanteil an der Straße, elf Prozent übernimmt Tank & Rast selbst. Die übrigen 40 Prozent sollen versteigert werden, jedoch „zählt da einzig und allein die Finanzkraft und da ist der Mittelstand raus“, kommentiert Zieger.

Die Senkung des Quotenanteils und die Erhöhung des Versteigerungsanteils sollten vor allem mittelständischen Mineralölunternehmen den Markteintritt an Bundesautobahntankstellen erleichtern, begründete das Kartellamt. Das Gegenteil sei der Fall, erklärt Zieger im Interview ab Seite 16. Die Zeiten werden also nicht nur an den Straßen-, sondern auch an den Autobahnstationen immer rauer.

(Autor: Michael Simon; der Text erschien im Sonderheft "Tankstellennetze", das Ausgabe 4.2017 von Sprit+ beilag.)

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