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Recht: Vorsicht bei Einstandszahlungen

04.08.2016 09:45 Uhr
Unterschrift unter Vertrag
Der BTG rät davon ab, einen Tankstellenvertrag mit Einstandszahlungsvereinbarung zu unterschreiben.
© Foto: pojoslaw/Fotolia

Manche Mineralölgesellschaften verlangen von neuen Betreibern bei Vertragsbeginn eine Einstandszahlung. Diese kann nach Vertragsende zu einem großen Problem werden.

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Im Rahmen der Übernahme eines Tankstellenvertrages war bei einem möglicherweise künftigen Betreiber die Frage aufgetaucht, was es denn mit der ihm überreichten Vereinbarung hinsichtlich einer Einstandszahlung auf sich hätte. Im Gespräch mit der Mineralölgesellschaft wurde dieser Teil nicht ausführlich besprochen, sondern lediglich als notwendige Vereinbarung bezeichnet. Eine Erläuterung fand nicht statt.

Dabei ist eine Einstandszahlungsvereinbarung ein ganz schwerwiegender Vertrag: Ein Tankstellenbetreiber (Handelsvertreter) erhält im Normalfall bei Beendigung des Tankstellenvertrages einen Handelsvertreterausgleichsanspruch gemäß § 89b Handelsgesetzbuch (HGB). Dabei handelt es sich um einen Ausgleich für die von ihm geworbenen Stammkunden beziehungsweise für die intensivierten Stammkundenkontakte.

Allerdings wollen die Mineralölgesellschaften seit einiger Zeit die Stammkunden, die bereits bei Übernahme des Vertrages an der Station vorhanden sind, an den neuen Übernehmer „verkaufen“. Klingt logisch und gerecht, hat aber erhebliche Nachteile. Faktisch wird der im Normallfall bei Vertragsende zu zahlende Handelsvertreterausgleichsanspruch dadurch ganz wesentlich minimiert, im ungünstigsten Fall auf null.

Schlimmstenfalls kann es sogar sein, dass zum Beispiel aufgrund von sinkenden Literzahlen oder einem geänderten Provisionssatz der Handelsvertreterausgleichsanspruch kleiner ist als die Einstandszahlung. Der Literabsatz kann schließlich auch ohne Verschulden des neuen Betreibers sinken etwa durch neu hinzukommenden Wettbewerb, aufgrund der allgemeinen Wirtschaftslage, einer Straßenumbaumaßnahme oder der Preispolitik der Mineralölgesellschaft. Die Provisionen können zudem erheblich abnehmen, weil die MÖG die Vertragsbedingungen ändert.

Risiko: Einstandszahlung ohne Ausgleichsanspruch

Eine Folge ist, dass der Anspruch der Mineralölgesellschaft auf die Zahlung der Einstandszahlung auch dann erhalten bleibt, wenn bei Vertragsende kein Handelsvertreterausgleichsanspruch anfällt. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Tankstelle endgültig geschlossen wird, sich in der Nähe keine andere Tankstelle der MÖG befindet oder weil der Handelsvertreter selbst kündigt. Wenn der Betreiber hierfür keinen Grund (Alter, Krankheit oder einen begründeten Anlass der Mineralölgesellschaft) hat, ist davon auszugehen, dass er keinen Handelsvertreterausgleichsanspruch erhält. Bei einer Eigenkündigung muss der Tankstellenbetreiber somit die vereinbarte Einstandszahlung erbringen, erhält jedoch keinen Ausgleichsanspruch.

Stellt sich also zum Beispiel im Laufe der ersten Vertragsjahre heraus, dass eine Tankstelle nicht mit Gewinn geführt werden kann, so muss einem betroffenen Tankstellenbetreiber möglicherweise empfohlen werden, das Vertragsverhältnis zu kündigen, bevor er eigenes Geld in das Unternehmen investiert, das er nie wieder sieht. Existiert jedoch eine Einstandszahlungsvereinbarung, so muss er diese Zahlung erbringen, ohne einen Handelsvertreterausgleichsanspruch zu erhalten. Das bedeutet, dass der Ausstieg aus dem Vertrag je nach Höhe der Einstandszahlungsvereinbarung mehrere 10.000 Euro kostet. In Einzelfällen kann dies dazu führen, dass der Betreiber bei Beendigung des Tankstellenverhältnisses in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten bis hin zur Insolvenz geraten kann.

Aus diesem Grund ist bei Einstandszahlungsvereinbarungen allergrößte Vorsicht geboten! Normalerweise kann nicht empfohlen werden, eine solche Vereinbarung zu unterschreiben. Anders mag es sein, wenn für die Einstandszahlungsvereinbarung ausschließlich eine GmbH des Betreibers haftet und eine Durchgriffshaftung oder Ähnliches nicht in Betracht kommt.

Einstandszahlung im Geschäftsplan berücksichtigen

Besonders schlimm sind die gestundeten Einstandszahlungsvereinbarungen. Diese scheinen auf den ersten Blick ein nettes Entgegenkommen der Mineralölgesellschaft zu sein. Sie sind aber mehr dazu geeignet, dem neuen Betreiber das Damoklesschwert der noch zu entrichtenden Einstandszahlung nicht bewusst werden zu lassen. Wer also überhaupt eine solche Einstandszahlungsvereinbarung abgeschlossen hat, ist gut beraten, diese innerhalb kürzester Zeit an die MÖG zu leisten und die hierfür nötigen Zahlungen auch in den Geschäftsplänen zu berücksichtigen. Denn letzten Endes handelt es sich hierbei um eine Forderung der Gesellschaft, die im Rahmen eines Geschäftsplanes sehr wohl berücksichtigt werden sollte.

(Thomas Drott, Leiter Rechtsabteilung beim Bundesverband Tankstellen und Gewerbliche Autowäsche Deutschland, BTG Minden)

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