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Neue Aral-Verträge: Die Rewe-to-go-Falle

06.06.2017 09:53 Uhr
Neue Aral-Verträge: Die Rewe-to-go-Falle
Günter Friedl (M.) vom Kfz-Gewerbe Bayern führte mit Thomas Drott (l.) vom BTG durch die Veranstaltung.
© Foto: Michael Simon

Mit dem neuen Shopkonzept können Aral-Pächter angeblich mehr verdienen. Ganz sicher begeben sie sich mit den neuen Verträgen aber in ein stärkeres Abhängigkeitsverhältnis, warnt das Tankstellengewerbe Bayern.

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Ein Kompliment gab es dann doch für Aral. Ein einziges auf der dreistündigen Veranstaltung. Er finde es gut, lobte Günter Friedl, dass sich die blau-weiße MÖG mit Rewe to go gute Gedanken um die Zukunft des Shopgeschäftes gemacht habe. Doch – und dabei wurde der Fachverbandsvorsitzende des Tankstellengewerbes Bayern gleich wieder ernst – könne es nicht sein, dass das Shopkonzept von den ohnehin ächzenden Rücken der Pächter zu tragen sei. Für diesen Appell erntete er Applaus von 15 Aral-Partern, die der Einladung in die Kfz-Innung in Nürnberg gefolgt waren, um sich über die Auswirkungen der neuen Verträge zu informieren.

Die Nachträge, die Aral ihren Pächtern in diesem Frühjahr rund um Rewe to go zur Unterzeichnung vorlegte, erwiesen sich nach Prüfung des Verbands in juristischer wie auch in kaufmännischer Hinsicht als problematisch. Im Kern geht es darum, dass die Nachträge und ihre Anlagen die Risikoverteilung des Tankstellengeschäfts zu Ungunsten des Pächters verändern und ihn erpressbar machen.

Zunächst einmal erhöht Aral die Pacht einseitig mit der Argumentation, dass der Partner durch das neue Shopkonzept höhere Verdienstmöglichkeiten habe. Dabei handelt es sich um eine einseitig verbriefte Schuld, die der Pächter in jedem Fall zu tragen hat. Im Gegenzug sinken laut Aral-Rechnung die Einkaufspreise, wie der Vergleich eines Musterwarenkorbs vom künftigen Lieferanten (Rewe) mit dem vormaligen (Lekkerland) ergeben habe.

Außerdem bietet Aral als Nachfolgelösung der Shoprückvergütung nun eine Tabakwarenrückvergütung in Höhe von zwei Prozent auf den jeweiligen Nettobetrag. „Während aber die Pachterhöhung rechtssicher ist, kann Aral die Rückvergütung mit einer Frist von sechs Monaten kündigen“, stellte ein Pächter konsterniert fest, „das folgt dem klassischen Konzernfaschismus, die Risikolast einseitig zu verteilen.“

Auf Nachfrage von Sprit+, warum die Rückvergütung kündbar ist, antwortete Aral: „Die Tabakrückvergütungsvereinbarung kann von beiden Seiten gekündigt werden. Jeder Tankstellenunternehmer kann selbst entscheiden, ob die Konditionen für Tabakwaren von Aral attraktiv genug sind und ob er sie über Aral beziehen will.“

Rückvergütung macht abhängig

Thomas Drott kommt das bekannt vor. Der Geschäftsführer vom Bundesverband Tankstellen und Gewerbliche Autowäsche (BTG) berichtete über frühere Praktiken der Zuflusspolitik bei BP. Als Ausgleich für hohe Pachten erhielt der Pächter einen Betriebskostenzuschuss. Setzte er dann aber die Vorgaben nicht um, hatte er die einseitige Kündigung für den Zuschuss auf dem Tisch. „Unterzeichnete man den Vertrag, machte man sich ein Stück weit erpressbar“, erinnerte Drott.

Das heißt übertragen: Aral müsste den Tankstellenvertrag gar nicht kündigen. „Es genügt, wenn Aral die zahlreichen Freizeichnungsklauseln im neuen Vetrag ‚nach billigem Ermessen‘ kündigt und die Rückvergütung streicht“, führte Friedl aus. „Gerät die Tankstelle dann in Unterdeckung, kann Aral fristlos wegen Vertragsbruch kündigen und der Handelsvertreterausgleich ist futsch.“ Und was geschieht, wenn sich ein Pächter traut, nicht zu unterschreiben? „Der Tankstellenunternehmer kann in diesem Fall die damit verbundenen Vorteile nicht nutzen“, heißt es nebulös von Aral.

Ebenfalls bitter stieß den anwesenden Teilnehmern auf, dass das bisherige Warenwirtschaftssystem, in dem jahrelange Arbeit in Form von Kalkulationen und Bilanzen steckte, einfach abgeschaltet wird. Durch die Neueinspielung, entgegnet Aral, würden veraltete Datensätze entfallen. Dies könne zu einer Beschleunigung des Kassensystems führen. Eine Datenmigration habe sich als zu aufwendig erwiesen.

Bei einer Telefonkonferenz habe das Tankstellengewerbe Bayern noch versucht, auf die MÖG einzuwirken, doch habe Aral klargemacht, nicht ein Komma von dem Vertragswortlaut abweichen zu wollen. „Wir haben uns auf den Verhaltenskodex berufen. Doch er wird von Aral nicht gelebt. So eine Geschichte ist eine Steilvorlage für die Evaluation mit dem Wirtschaftsministerium 2018“, schimpfte Friedl.

(Autor: Michael Simon; der Artikel erschien in Sprit+ 6.2017)

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