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Interview: OMV-Tankstellenchef Böhmisch fordert mehr Unternehmergeist

06.07.2018 12:14 Uhr
Interview: OMV-Tankstellenchef Böhmisch fordert mehr Unternehmergeist
OMV-Tankstellenchef Robert Böhmisch ist überzeugt, dass engagierte Partner mit den neuen Pachtverträgen bessere Ergebnisse erzielen können.
© Foto: Julia Richthammer

Mit den neuen Pachtverträgen will Robert Böhmisch die Partner wieder von ihrer Unternehmereigenschaft überzeugen. Wie das funktionieren soll, erklärt der OMV-Tankstellenchef im Interview.

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Herr Böhmisch, beim jüngsten Bieter- und Vergabeverfahren für die Belieferungsrechte der Standorte von Tank & Rast hat die OMV kräftig mitgeboten und hat statt sieben nun 15 Autobahntankstellen im Netz. Ist das ein Strategiewechsel?
Nein, der Autobahntender im vergangenen Jahr war für uns eine Gelegenheit, die bestehenden sieben Autobahntankstellen inklusive der Quotentankstellen zu sichern. Das war grundsätzlich das Ziel. Im Laufe der Ausschreibung hat sich dann die eine oder andere Gelegenheit ergeben, neue Stationen in Süddeutschland dazuzugewinnen. Das ist für uns also in dem Sinne kein Strategiewechsel, sondern eine sehr gute Gelegenheit, an hochfrequentierten Autobahnen in Süddeutschland „Stärke“ und unsere Marke zu zeigen und daraus resultierend entsprechendes Geschäft zu machen.

Die Total setzt künftig auf Autohöfe statt auf Auto­bahntankstellen, weil sie das Vergabesystem zu teuer findet und die Preise nicht an den Autofahrer weitergeben will. Offensichtlich sieht die OMV das anders …
Wir haben auf den bestehenden Preisniveaus vor dem Tender kalkuliert und gehen davon aus, dass wir die Volumina ganz gut einschätzen können. Wir haben mit spitzem Bleistift gerechnet und ja, es geht sich aus.

Das heißt, Sie müssen die Kraftstoffpreise an den Autobahntankstellen nicht erhöhen?
Wir optimieren unser Pricing. Aber wir sehen nicht die Notwendigkeit, die Preise extrem zu erhöhen. Wir schauen, was wir verlangen und was wir glauben, am Markt etablieren zu können.

Die Anzahl der OMV-Straßentankstellen ist dagegen in den letzten Jahren leicht auf aktuell rund 280 Stationen zurückgegangen. Welche Strategie verfolgen Sie hier künftig?
Für mich ist in diesem Zusammenhang das Stichwort qualitatives Wachstum ganz entscheidend. Auf der einen Seite wollen wir weiter in das bestehende Tankstellennetz investieren, weil wir glauben, dass es da noch sehr viel Potenzial gibt und wir durch das Investment zusätzliche Umsätze für die Partner und uns generieren können. Auf der anderen Seite wissen wir, dass wir in der Region Süddeutschland ein starker Partner und eine starke ­Marke sind. Wir wollen dabei allerdings nicht räumlich expandieren, sondern in unserem Kernmarkt Bayern und Baden-Württemberg bleiben und dort neue Standorte akquirieren.

Das heißt, wenn ein kleines Netz mit zehn Tankstellen zum Verkauf steht, wären Sie interessiert?
Eine solche Gelegenheit nehmen wir natürlich gerne mit!

Gerade in Süddeutschland werden Sie nicht der einzige Interessent sein …
Das ist natürlich richtig. Aber das ist Wettbewerb und da ­haben wir uns glaube ich gerade in den letzten Jahren gut etabliert. Da hat sich definitiv etwas verändert, auch von der inneren Einstellung und vom Selbstbewusstsein her. Die Branche weiß, dass mit uns zu rechnen ist.

Im Rahmen des gerade angesprochenen Investments wollen Sie in den ­kommenden Jahren 70 Tankstellen modernisieren. Um was für Stationen handelt es sich dabei?
Im Endeffekt sind das die Tankstellen, die wir 2003 aus den Tankstellenakquisitionen von BP/Aral übernommen haben. Das sind Standorte, die zwischen 1960 und 1980 gebaut wurden und bei denen wir definitiv noch Potenzial sehen. Dafür gibt es nun ein Projektteam, das Anfang Mai die Arbeit aufgenommen hat. Die Teammitglieder fahren an die einzelnen Tankstellen, machen eine Analyse und überlegen, was man aus dem jeweiligen Standort machen kann. Als Ergebnis dieses Investmentprogramms wollen wir bis 2023 unser Netz auf Vordermann bringen.

Was genau soll an den einzelnen Stationen passieren?
Wir beginnen bei dem OMV-Markenerscheinungsbild, das heißt, wir wollen auf dem Forecourt etwa beim Preismast die OMV-Marke stärker zeigen. Aber wir erneuern auch die Technik, zum Beispiel rüsten wir auf LED-Beleuchtung um. Das ist natürlich ein lohnenswertes Projekt, weil wir damit den Energieverbrauch und Kosten ganz entscheidend senken. Und dann geht es darum, unser Viva-Konzept, also unser Shop- und Gastrokonzept, dem Kunden als Erlebnis spürbar zu machen. ­Dieses Konzept haben wir derzeit an 110 Tankstellen und wollen es bis 2023 an insgesamt circa 150 Stationen etablieren. Vor zwei Jahren haben wir außerdem eine Initiative gestartet, bei der wir auch an kleineren Tankstellen Module des Viva-Konzepts einbauen, so dass auch dort unser Viva Café angeboten wird. Das haben wir bisher an 80 Tankstellen umgesetzt.

Investitionen in Tankstellen werden auch die OMV-Partner freuen. Worauf legt denn Ihr Unternehmen im Umgang mit den Partnern Wert? Wie wird zum Beispiel der Verhaltenskodex kommuniziert und gelebt?
Wir fragen in regelmäßigen Abständen unsere Partner, wie zufrieden sie mit uns sind. Bei der jüngsten Umfrage haben 70 Prozent ihre Zufriedenheit mit gut bis sehr gut bewertet. Auch die Teilnahmequote war mit knapp 60 Prozent ziemlich hoch. Wir wissen aber auch, dass nicht jeder mit unseren Leistungen zufrieden ist. Da gilt es, individuelle Lösungen zu suchen, den Dialog anzubieten und lösungsorientiert zu denken. Wir können alles besprechen, solange man sachlich und konstruktiv bleibt.

Seit Mitte 2017 hat die OMV allerdings neue Verträge mit den Partnern ­abgeschlossen, in denen zum Beispiel die Pacht auf Kaffee erhöht wurde. Das wirkt nicht sehr partnerschaftlich …
Man muss das Gesamtbild sehen. Der alte Vertrag ist jetzt acht Jahre alt und hat sich meiner Meinung nach überholt. Und ja, wir haben einzelne Positionen erhöht und verrechnen jetzt auch die Betriebs- und Umwelthaftpflichtver­sicherung sowie Stromkosten weiter. Dabei geht es uns aber letztendlich darum, alte Bewusstseinsstrukturen aufzubrechen und Partnerschaft neu zu definieren.

Was meinen Sie damit?
Wenn der Partner die Energiekosten an der Tankstelle nicht bezahlen muss, dann ist ihm das grundsätzlich egal, ob das Licht während des Tages brennt oder nicht. Das ist die Intention dahinter, dass wir die Stromkosten weiterberechnen. Außerdem hat ein Geschäftsplan immer mehrere Komponenten und wir hatten eine sehr große enthalten, eine sogenannte Potenzialpacht (Anm. d. Redaktion: vergleichbar mit der Fixpacht). Von der ständigen Potenzialpachtdiskussion möchten wir wegkommen. Für uns geht es um das Thema Pachtangebot, das heißt, jeder Standort hat ein unterschiedliches Pachtangebot und der Unternehmer muss für sich entscheiden, ob es für ihn interessant ist oder nicht. Das ist für mich viel offener, viel ehrlicher und viel transparenter. Und da glaube ich sind wir auf einem guten Weg, die Unternehmer wieder von ihrer Unternehmereigenschaft zu überzeugen. Es soll sich lohnen, Engagement und Einsatz zu zeigen. Das heißt, die guten Tankstellenpartner, die sich wirklich einsetzen, ­werden aus diesen neuen Pachtverträgen tatsächlich auch bessere Ergebnisse erzielen.

Wenn Sie aber zum Beispiel die Betriebs- und ­Umwelthaftpflichtversicherung auf den Partner umschlagen, fehlen ihm aufs Jahr gesehen rund 1.200 Euro. Kann der Partner so wirklich einen ­höheren Gewinn erzielen?
Das stimmt ja nicht, weil die Kostenweiterberechnung in den Geschäftsplan integriert wird. Und wenn wir Einzelpositionen erhöhen, sei es die Pacht beim Kaffee oder die Versicherungs- und Stromkostenweiterberechnung, dann wird das über andere Positionen kompensiert und in der Geschäftsplanung berücksichtigt. Das ist genau der Punkt bei dem Pachtangebot.

Sie sagen also, dass unterm Strich nicht weniger für den Partner bleibt?
Ganz genau.

Dann hätten Sie das System ja so sein lassen ­können, wie es war?
Nein, eben nicht. Wir wollen ja die Veränderung haben, indem wir von diesen Pauschalen wegkommen. Wir wollen weg von der Denkweise: Die OMV übernimmt alle Kosten und bitte lieber Tankstellenpartner lehn dich zurück und mach einfach so weiter wie bisher. Das ist eben diese Trendwende: Wir wollen die innere Einstellung hin zum ­Unternehmer verändern. Das stand glaub ich die letzten Jahre nicht so im ­Fokus. Aber ich will in den nächsten Jahren definitiv den Unterneh­mer an der Tankstelle sehen. Er soll sehen, dass sich Leitung lohnt, nicht nur für die OMV, sondern auch für ihn.

Manche Partner kritisieren, dass die Betriebs­kostenzuschüsse bei der OMV zu spät im Jahr ­gezahlt werden. Dabei wäre es leichter, wenn einfach monatlich mehr Gewinn für den Partner übrig bleiben würde …
Auch das ist ein Grund, warum wir das Pachtsystem geändert haben. Wir ­wollen nicht am Ende des Jahres irgendwelche Zuschüsse zahlen, sondern bei der Geschäftsplanung im Januar schon ein entsprechendes Pachtangebot machen, bei dem der Partner letztendlich auf einen entsprechenden Gewinn kommt, der für ihn attraktiv ist. Das heißt, ich möchte weg von den Zuschusszahlungen, also von der sozialen Hängematte nach dem Motto die Gesellschaft wird es schon richten, hin zu einem unternehmerischen Ansatz. Der Partner soll mit dem Pachtangebot auf den Unter­nehmergewinn kommen, den er sich vorstellt. Dann lohnt es sich auch, wieder Gas zu geben, um das zu erreichen und nicht auf irgendwelche Transferzahlungen und Unterstützungen im Nach­hinein zu warten.

Haben Sie auch die Kraftstoffprovisionen angepasst?
Wir haben die Kraftstoffprovision bei den Basiskraftstoffen gleich gelassen, aber die Provision beim Premiumkraftstoff Maxxmotion verdreifacht. Der Tankstellenpartner soll verstehen, wo unsere Fokusthemen liegen und dazu gehört neben dem Viva-Shop- und Gastrokonzept der Premiumkraftstoff. Da lohnt es sich für den Partner, beim Verkauf Gas zu geben.

Hat die OMV wie andere Gesellschaften Probleme, neue Partner zu finden?
Die OMV ist in der glücklichen Lage, in Süddeutschland genügend Initiativbewerbungen zu bekommen, sicherlich auch von den anderen Farben.

Gibt es bei der OMV ein Programm, bei dem Partner aus den internen Reihen gefördert werden?
Ich will bei uns noch nicht von einem Programm sprechen, aber natürlich wird bei uns bei der Nachfolgeplanung für unsere Unternehmer in den eigenen Reihen geschaut. Wir haben ja eine sehr logische Grundstruktur: Wir haben unsere Mit­arbeiter, den Schichtleiter, den Stationsleiter und den Unternehmer. 2017 haben wir drei neue Unternehmer aus den ­eigenen Reihen nachbesetzen können, die davor Stationsleiter waren und sich in den Abläufen etabliert haben.

Sie haben vorhin betont, dass Maxxmotion eines der Kernthemen bei der OMV ist und Sie den Verkauf mit einer höheren Provision fördern wollen. Wie entwickelt sich denn der Absatz dieses Premiumkraftstoffs?
Wenn wir uns die Volumen der Maxxmotion-Kraftstoffe Diesel und Super ansehen, sind wir in den letzten Jahren jeweils im zweistelligen Bereich gewachsen.

Welchen Prozentsatz macht das insgesamt beim Kraftstoffabsatz aus?
Das sind interne Angaben, die ich nicht mitteilen möchte. Ich sage mal so: Wir wissen, dass wir im Wettbewerbsvergleich ganz gut liegen und haben in den vergangenen fünf Jahren den Anschluss an die Marktführer in diesem Segment durchaus schon erreicht.

Wer tankt denn Maxxmotion?
Es sind sehr qualitätsbewusste Kunden, die ihrem Auto etwas Gutes tun wollen. Es geht ja nicht nur um die Kraftstoff­einsparung, sondern auch um das ­Thema Verbrennungsintensität. Da ist auch ein ­gewisser Umweltgedanke dabei, denn je besser verbrannt wird, desto ­weniger kommt hinten raus. Und der andere ­Aspekt ist dann tatsächlich auch die Laufruhe. Das ist der intensivste Nutzen, den ein Dieselfahrer bemerkt. Sein Fahrzeug läuft einfach viel ruhiger und der Fahrkomfort ist besser. Das will sich dann der ein oder andere gönnen.

Neben den klassischen Kraftstoffen setzt die OMV auf einen Energiemix und investiert beispielsweise deutlich in die Wasserstoffinfrastruktur. Warum?
Unsere Beteiligung bei H2 Mobility ist für uns eine Gelegenheit, das Thema Wasserstoff in Deutschland zu forcieren. Derzeit haben wir fünf Wasserstofftankstellen in Betrieb, eine befindet sich im Bau und eine in der Projektierungsphase. Das heißt, bis Ende 2018 sind es sieben Stationen. Aber grundsätzlich sehen wir in der Zukunft mehrere Alternativen und wollen deshalb nicht nur auf ein Pferd setzen. Wir glauben auch, dass es in die verschiedenen Gas-Richtungen gehen kann und unterstützen deshalb Autogas und Erdgas gleichermaßen.

Im Mai hat die OMV eine Kooperation mit dem Energieversorgungsunternehmen EnBW verkündet. Wie sieht die aus?
Wir haben einen relativ straffen Zeitplan: Bis Ende 2019 soll EnBW 100 OMV-Tankstellen mit Hochgeschwindigkeits-E-Ladesäulen ausstatten. In diesem Jahr starten wir mit den entsprechenden Machbarkeitsstudien und wollen schon die ersten 60 Standorte realisieren, 2019 sollen die restlichen folgen. EnBW wird dabei die Ladesäulen installieren, wir stellen den Platz zur Verfügung.

Eine letzte Frage: Welche Strategie fährt die OMV beim Thema Bezahlen an der Zapfsäule? Glauben Sie, dass das Thema im deutschen Markt schon ­relevant ist?
Wir sind im OMV-Konzern an dem Thema dran. In Österreich kann man an der Zapfsäule an jeder OMV-Tankstelle mit Smartphone per QR-Code zahlen. Wir schauen uns das in Deutschland an, ob der Markt irgendwann mal reif dafür ist, aber jetzt glauben wir, ist es noch zu früh.

(Das Gespräch führte Annika Beyer. Das Interview erschien in Sprit+ Ausgabe 7/2018.)

Vita:

Robert Böhmisch ist 2003 im Rahmen des Verkaufs von Aral an BP, bei dem die OMV aus kartellrechtlichen Gründen einen Teil des Aral-Netzes in Süd­deutschland übernommen hat, zur OMV gewechselt. Zwischen 2010 und 2016 bekleidete der 48-Jährige mehrere Positionen im österreichischen Mutter­konzern, zuletzt war er als Vertriebsleiter tätig. Seit Juni 2016 ist Böhmisch für das deutsche Tankstellengeschäft verantwortlich.

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